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krisensichere Aktien für Euer Depot: sommerliche Sterneliste

nmh
Legende
9.962 Beiträge

Liebe Börsenfreunde,


da müssen wir jetzt durch! Im Hochsommer herrscht traditionell schlechte Stimmung an der Börse. Also, im Grunde genommen gibt es im Sommer überhaupt keine Stimmung, weder gute noch schlechte, weil die meisten Anleger schlicht im Urlaub sind* und sich nicht um ihre Aktien kümmern. Dann gurken die Kurse im August und im September so vor sich hin. Diese beiden sind in den meisten Jahren die schlechtesten Börsenmonate, und auch diesmal sieht es so aus, als ob die Regel gilt. Die Aktienmärkte stecken in der Korrektur, die ich Euch seit April angekündigt habe. Angesichts der eher durchwachsenen Inflationsdaten aus den USA sind die Anleger einfach etwas vorsichtiger geworden.


Auch wenn in der Presse manchmal schlechte Laune verbreitet wird:** Die meisten Unternehmen stehen gut da, die Zahlen der letzten Berichtssaison waren im großen Ganzen robust. Fast alle haben beim Gewinn positiv überrascht, etwas mehr als die Hälfte erfreulicherweise auch beim Umsatz.***  Bis auf die bekannten Tech-Titel sind viele Aktien inzwischen auch moderat bewertet. Andererseits geht der Entzug der Liquidität an den Märkten weiter: Neben der bekannten Geldmengenkontraktion durch das Quantitative Tightening in Amerika kommt aus einer anderen Ecke Gegenwind: Die Amerikaner planen bis Ende des Jahres die Emission von Staatsanleihen bis zu 1 Bio. Dollar. Da geht ordentlich Geld verloren, das sonst in Aktien investiert worden wäre oder das sogar aus Aktien abgezogen wird. Am Geldmarkt (kurz laufende Anleihen) sind bereits wieder Renditen um 5 Prozent drin, und sogar Deep-Discount-Zertifikate wie PD7296 (Rendite: 5,2% p.a.) oder PD729U (Rendite: 4,8% p.a.; beide sind im August bei comdirect gebührenfrei handelbar) eignen sich wunderbar als Geldparkplatz über den Sommer!****


Anleihen werden attraktiver


Die Realrendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen erreicht knapp 2 Prozent, der höchste Stand seit 2009. Das treibt die Investoren jetzt in den Dollar. Die Zinsstrukturkurve ist also invers, lang laufende Anleihen bringen weniger Rendite als Anleihen mit kurzer Restlaufzeit; das ist typisch für rezessive Wirtschaftsphasen. Auch Warren Buffett kauft im Moment nur Kurzläufer am Geldmarkt: Er befürchtet steigende Zinsen am langen Ende, die hohe Kursverluste für lang laufende Anleihen bringen würden. Hedgefondsmanager wie Bill Ackman gehen noch weiter und shorten den Future für 30-jährige Anleihen. Meine Leserinnen und Leser können dafür Zertifikate wie beispielsweise das schon öfters empfohlene SF575U nutzen, das auf fallende Kurse bei den US-Staatsanleihen***** setzt und ein klarer Kauf ist (Stopkurs für das Zertifikat: 31 Euro). Das entsprechende Produkt für deutsche Staatanleihen (der FGBL****** mit der WKN 965264) kennt Ihr ebenfalls schon: Die WKN SF5USV bewegt sich allerdings seit November seitwärts, weil der Bund-Future nur ganz sanft von 140 auf 130 Prozent gefallen ist und der Gewinn von den Finanzierungskosten des Zertifikates aufgefressen wurde (Stopkurs 61 Euro). Kein zwingender Kauf also.


Spannend an der aktuellen Korrektur ist die Entwicklung der Nasdaq. Bei den Tech-Aktien sind die Kurse zwei Wochen in Folge gefallen, das gab es zuletzt im Februar. Möglicherweise läuft die Euphorie rund um das Thema KI aus: Microsoft, Super Micro Computer, Splunk, Broadcom, Palantir schwächeln deutlich. Nur Nvidia und Adobe steigen einstweilen noch weiter. Wie lange noch? Wer hier investiert ist, hat definitiv alles richtig gemacht und zieht jetzt bitte seine Stopkurse nach.


Blutbad bei Nebenwerten


Noch sind die Korrekturansätze bei den ganz großen Blue Chips zaghaft. Doch viele Nebenwerte erleben ein wahres Blutbad. Schaut Euch mal Krones, Sixt, Deutz oder die Baywa an! Im Gegensatz zu den großen global agierenden Konzernen ist der Mittelstand auf Gedeih und Verderb den Standortbedingungen im Heimatland ausgesetzt. Oft sind die Absatzmärkte auch weniger international. Investoren meiden diese illiquiden Sektoren. Der MDAX bewegt sich auf dem Niveau von Ende 2019 und bis zum Top fehlen noch 31 Prozent. Dem SDAX fehlt sogar ein Drittel. Das geht seit Jahren so, und Besserung ist nicht absehbar. Wer sich im Bereich der Nebenwerte bewegt, hat somit aktuell nur zwei Optionen: Kauf in speziellen Sondersituationen (potenzielle Übernahme, operative Beschleunigung etc.), oder Kauf nach starken Kurseinbrüchen, die fundamental völlig überzogen sind. Beides sind meiner Meinung nach keine Strategien, die aktuell nachhaltig Erfolg versprechen. Es ist eher ein Glückspiel. Indes:


Hier zeigt sich wieder etwas, was mir schon seit längerem große Sorgen bereitet: Die Rally seit September 2022 wurde zuletzt nur noch von sehr wenigen, großen Titeln getragen. Im Grund genommen haben wir den Anstieg des S&P 500 nur den üblichen Verdächtigen zu verdanken: Apple, Alphabet, Adobe, Amazon, Meta, Microsoft und Nvidia haben den Index getrieben. Alle anderen Aktien haben sich im Durchschnitt nicht bewegt. Das erkennt man, wenn man sich die Kurse ansieht, man erkennt es aber auch ganz deutlich an den Indikatoren für die schwache Marktbreite: Die Advance-Decline-Linie fällt -- unter Schwankungen -- bereits seit dem Jahreswechsel 2021/22, und die Anzahl der Aktien weltweit, die noch über ihrer 200-Tage-Linie notieren, ist am Freitag auf 41 Prozent gefallen -- so tief wie seit Januar nicht mehr. Passend dazu ist auch das Weltmomentum abgestürzt auf 97 Prozent, ebenfalls so tief wie Anfang Januar. All das sind klare Signale, dass die Aktienmärkte innerlich nicht mehr "gesund" sind. Diese Signale gibt es seit Monaten; meine Vorhersage einer Korrektur war jetzt wirklich nicht besonders schwierig.


Wie geht es weiter?


Der Abwärtsdruck dürfte sich bis in den Herbst hinein verstärken. Eine solide Cashquote von vielleicht 30 Prozent hat oberste Priorität; nur so seid Ihr handlungsfähig auf der Kaufseite, wenn sich neue Aufwärtstrends herausbilden. Ende September/Anfang Oktober darf man dann wieder voll investiert sein. Ich habe Euch in den letzten Monaten diverse Produkte an die Hand gegeben, mit denen Ihr von fallenden oder zumindest nicht stark steigenden Kursen profitieren könnt. Mit allen meinen Empfehlungen liegen meine Leserinnen und Leser dick im Plus. Sogar die beiden Produkte mit der 16500-Schwelle (WKN PD2K3C und PE5YF5), die Ende Juli intraday gerissen wurde*******, werden voraussichtlich zum Höchstkurs eingelöst werden, weil der DAX unter dem Floor von 16000 Punkten liegt. So geht professionelles Portfoliomanagement; man kann auch Geld verdienen, wenn die Kurse fallen oder rumgurken. Das Fachbegriff lautet "Seitwärtsrendite". Kürzlich habe ich weitere Empfehlungen dazu gegeben. Auch die bekannten, aber extrem riskanten Inline-Optionen auf den DAX können in dieser Situation für Anleger interessant sein, die genau wissen, was sie tun.


So eine Korrektur hat natürlich immer auch positive Seiten. Für langfristige Anleger ergeben sich Chancen, gute Aktien zu tieferen Kursen einzusammeln. Wichtig dabei ist, dass Ihr keine Tiefflieger aufsammelt (klicki-di-klick), sondern fundamental gesunde Aktien in einem schönen Aufwärtstrend. Denn Aktien mit sehr niedrigen Kursen sind nur deswegen so billig, weil niemand Interesse am Kauf hat. Aktienkurse bilden sich ja immer nur nach Angebot und Nachfrage und niemals wegen einer vermeintlichen Über- oder Unterbewertung. Wenn aber außer Euch niemand Interesse daran hat, die Aktie zu kaufen, warum sollte sie dann nach Eurem Kauf steigen? Natürlich mag es im Einzelfall einen Katalysator für steigende Kurse geben, aber wenn Ihr die einzigen seid, die ihn sehen, dann sind die Chancen auf Kursgewinne schlecht. Solche Titel sind in der Regel totes Kapital, das in anderen Aktien viel besser aufgehoben ist. Aus diesem sehr einfachen Grund funktionieren Trendfolgestrategien so gut, und sie sind nicht mit großem Rechercheaufwand verbunden. Technisch orientierte Anleger achten darauf, Aktien zu kaufen, die oberhalb ihrer 200-Tage-Linie notieren.


Krisenfeste Aktien für Euer Depot


Ich habe für Euch heute Aktien herausgesucht, die in fast allen Krisen und auch jetzt im Kurs steigen. Die Idee dabei ist folgende: Eure Performance entscheidet sich vor allem in Krisenzeiten. Schönwetterbörse kann jeder, doch intelligente Anleger begrenzen ihre Verluste, wenn es mal nicht in die richtige Richtung geht! Am besten ist es natürlich, wenn man Aktien hat, die auch in schlechten Börsenphasen weiter steigen oder zumindest nicht stark fallen. Daher habe ich meine umfassende Datenbank nach Aktien durchsucht, die auch in Krisenphasen eine gute Figur gemacht haben. Konkret habe ich die folgenden sieben Zeiträume als "Krisen" definiert -- für Euch gleichzeitig ein Rückblick auf über 20 bewegte Jahre an der Börse:

  • Februar 2000 bis Februar 2003 (Platzen der Dotcom-Blase, Jahrhundertbaisse)
  • Dezember 2007 bis Februar 2009 (Subprime-, Finanz- und Bankenkrise)
  • April 2011 bis November 2011 (Fukushima, Zinswende, Griechenland)
  • Januar 2015 bis Februar 2016 (Ölpreis, Petrodollars, Konjunktureinbruch)
  • Januar 2018 bis Januar 2019 (Handelsstreit USA-China, Zinssteigerungen)
  • Januar 2020 bis Januar 2021 (Covid 19-Pandemie, Lieferketten)
  • Januar 2022 bis Oktober 2022 (Krieg in der Ukraine, Rezession, Inflation, Deglobalisierung)


Basis meiner Auswertung waren rund 20.000 Titel aus aller Welt, in einer gigantischen Datenbank mit 120 Millionen Einzelkursen. Zunächst habe ich alle Instrumente gestrichen, die keine ausreichend lange Kurshistorie haben. Übrig geblieben sind 5900 Titel mit Kursen von mindestens 2007 bis 2023, für die ich die Entwicklung während der genannten sieben Krisen untersucht habe. Bedingung war, dass die Aktien nur in maximal einer der sieben Krisen, die sie miterlebt haben, eine negative Performance hatten. Dieser Filter beschränkt die Liste auf nur noch etwa 100 Aktien. Dummerweise sind aber noch Titel dabei, die nur in den Krisen eine gute Performance hatten, sonst aber im wesentlichen im Kurs gefallen sind. Aus diesem Grund war das nächste Kriterium, dass die Kursperformance pro Jahr insgesamt mindestens 5 Prozent p.a. beträgt (zuzüglich Dividende) -- denn sonst kann man sein Geld gleich in Geldmarktfonds parken, siehe oben! Noch etwa 40 Titel erfüllen auch diese Bedingung. Als letzter Schritt wollen wir ja nur Aktien im Aufwärtstrend kaufen, also habe ich solche Aktien herausgesucht, die über ihrer 200-Tage-Linie liegen (also RSL = relative Stärke nach Levy = aktueller Kurs geteilt durch Wert der 200-Tage-Linie = über 100 Prozent). Jetzt gibt es nur noch 16 Treffer. Die findet Ihr in der folgenden Tabelle, und zwar sortiert nach der durchschnittlichen Performance in den sieben Problemphasen. Diese 16 Aktien sind nicht unbedingt meine langfristigen Favoriten, aber zumindest ein guter Kauf und ideal für die aktuelle Lage.

 

                                                max.
WKN    Name                  Perf.pa.    Krise Drawd.  RSL   Stopkurs
---------------------------------------------------------------------
886135 Capcom Co. Ltd.           5.6%    36.8%    88% 110,16     30
A1H5JY O'Reilly Automotive      19.8%    35.9%    58% 105,39    700
870053 Ross Stores Inc.         15.8%    31.3%    55% 107,66     90 !
859002 Rollins Inc.             14.3%    22.3%    60% 102,54     32
891638 Fast Retailing Co. L      8.1%    20.0%    86% 100,97    175 !
885039 Caseys General Store     13.7%    16.7%    46% 106,36    192
A2QFAQ Seagen Inc.              14.1%    15.8%    83% 111,56    142
917099 Tyler Technologies I     24.2%    11.5%    55% 103,67    300
864371 Church & Dwight Co.      15.1%    11.3%    33% 102,53     75
905650 Balchem Corp.            16.2%     8.8%    41% 104,03    108
895738 Darden Restaurants I     10.0%     8.6%    74% 102,87    124 !
873369 Fair Isaac & Co. Inc     19.0%     8.1%    81% 118,08    530 !
867900 Amgen Inc.               14.5%     7.2%   100% 105,36    215     siehe unten
880205 Cintas Corp.             11.6%     5.8%    77% 103,56    385
901638 Check Point Software     13.6%    -1.1%    91% 102,25    108
A0JEJF London Stock Exchang     13.1%    -7.7%    86% 101,54     78
---------------------------------------------------------------------
Rechentag: 19.08.2023                               Alle Stopkurse in Euro    
Ausrufezeichen "!": Stopkurs gegenüber der letzten Empfehlung erhöht
Die Spalte "Krise" gibt die durchschnittliche Kursperformance in den Krisen an.
Der "maximale Drawdown" und die Spalte "Performance" beziehen sich auf den gesamten Zeitraum, also auch außerhalb der Krisen.
 

Wie gewohnt versorge ich Euch gleich mit den passenden Stopkursen. Denn ich kann mich irren (tatsächlich passiert das sogar sehr häufig), und dann sichern die Stopkurse Euch ab, falls meine Empfehlungen Mist sind.


Siehe da: ganz an der Spitze taucht ein Name auf, den vielleicht noch nicht jeder von Euch kennt. Capcom aus Japan ist ein Videospiel-Hersteller. Neben Flippern und Arcade-Automaten stammt beispielsweise Resident Evil von Capcom. Die Abkürzung steht übrigens für Capsule Computers.

 

Antworten auf Eure Fragen


Ich möchte abschließend noch paar Leserfragen beantworten, die von allgemeinem Interesse sind. Einige von Euch haben mich um eine Einschätzung von K+S, BAT, Verizon und Telefonica Deutschland gebeten und gefragt, wie man Stopkurse vorgibt. Die vier Aktien haben die Leser wegen der hohen Dividendenrendite gekauft, die bei Telefonica Deutschland ja scheinbar sogar steuerfrei gezahlt wird; sollte man hier nachkaufen und "verbilligen"? Hier ist meine klare Antwort dazu:


British American Tobacco (WKN 916018): Wirklich schade. Bis 2016 ein Wert wie aus dem Bilderbuch, seitdem geht es nur noch abwärts. Unterhalb von ungefähr 26 Euro brennt der Baum. Die Leute rauchen immer weniger. Gibt es einen Katalysator, warum die Aktie bald wieder steigen sollte? Bin ich der einzige, der diesen Katalysator kennt (denn sonst würden Profis die Aktie kaufen und der Kurs würde steigen)? Man bedenke auch: Bei einer Dividendenkürzung würde der Titel abstürzen. Da sollte man jetzt die Notbremse ziehen und verkaufen. Ihr könnt der Aktie eine letzte Chance geben und bei etwa 28 Euro einen Stop Loss installieren: Wenn die Aktie unter 28 Euro fällt, wird sie vollautomatisch verkauft.


Ähnliches gilt für Verizon (WKN 868402). Seit über einem Jahr geht es abwärts. Einzige Hoffnung ist die Dividende. Das Problem ist, dass solche Aktien als Anleihe-Ersatz gekauft werden, solange die Zinsen niedrig waren. In Zeiten steigender Zinsen kaufen die Leute lieber wieder echte Anleihen, und dann leiden Aktien mit hoher Dividende (Telekommunikation, Versorger). Bitte verkaufen oder -- als letzte Chance -- einen Stop Loss bei ca. 27 Euro vormerken. Ich will nicht verschweigen, dass ich im Juli in Verizon eingestiegen bin, das würde ich Euch aber nicht empfehlen. Es ist eher eine Kamikaze-Aktion von mir.


Telefonica Deutschland (WKN A1J5RX): Bloß die Finger weg! Verluste zu reduzieren, indem man nachkauft und "verbilligt", ist einer der größten Fehler, den man an der Börse machen kann. Ihr werft gutes Geld schlechtem Geld hinterher. Die Aktie fällt seit zehn Jahren (!!!) -- mit extrem großen Schwankungen, bei denen nur kurzfristige Trader Geld verdient haben. Warum sollte sie jetzt auf einmal langfristig steigen? Wenn Ihr einen Grund für Kurssteigerungen kennt, seid Ihr offenbar die einzigen, denn die Profis kaufen die Aktie im Moment (und schon seit zehn Jahren) nicht -- sonst würde der Kurs steigen. Die Aktie ist bitte ein sofortiger Verkauf ohne Stopkurs. Übrigens ist die Dividende bei Telefonica Deutschland nicht steuerfrei. Das ist eine optische Täuschung. Die Auszahlung reduziert die steuerlichen Anschaffungskosten, so dass man die Dividende beim Verkauf der Aktie nachversteuert.

 

K+S (WKN KSAG88) ist seit 2008 (!!!!) ebenfalls ein Trauerspiel. Im Zuge des Ukraine-Kriegs ging es in 2022 mal nach oben, aber das war nur eine Zwischenerholung im Abwärtstrend. Die Aktie sieht nicht gut aus. Bitte Stopkurs bei ungefähr 14,20 Euro (unter dem Tief im Mai/Juni 2023). Wer mehr als ca. 200 K+S-Aktien hat, darf für die Hälfte einen trailing-Stop-Loss bei 16,50 Euro (unter dem Tief im August 2023) installieren mit trailing-Abstand 10 Prozent. Auf diese Weise wird der Stopkurs automatisch nachgezogen, wenn die Aktie über den Hochpunkt im August 2023 steigt.


Konservative Anleger sollten alle vier Aktien verkaufen oder zumindest mit einem Stopkurs absichern. Faustregel: von Aktien, die ein Neun-Monats-Tief erreichen, sollte man sich verabschieden. Geld, das in solchen Aktien steckt, ist totes Kapital. Nehmt die Kohle und kauft davon lieber Aktien, die im Kurs steigen. Denn schließlich wollt Ihr an der Börse ja Geld verdienen! Das führt natürlich zu der berechtigten Frage:

 

Wie setzt man Stopkurse?

 

Welche Schwankungen erlauben wir der Aktie? Ich habe ja schon öfters gesagt, dass ich mehrere Bücher darüber schreiben könnte. Stopkurse sind im Wesentlichen eine Frage der Erfahrung. Man erkennt die Unterstützungen, Trends und auch die typischen "Atembewegungen" einer Aktie in einem 2-Jahre-Diagramm ganz gut. Viele Anleger machen den Fehler und achten zu sehr auf kurzfristige Tagesschwankungen. Ihr seid aber keine Daytrader! Das predige ich immer und immer wieder, und doch lese ich regelmäßig in der Community Fragen wie "warum ist der Kurs heute um 5 Prozent abgestürzt", freilich nachdem er sich vorher innerhalb einiger Jahre verdreifacht hat.


Ein Profi schaut sich zum Beispiel einen logarithmischen Zwei-Jahres-Chart der Aktie an und sieht auf Anhieb, wo man sinnvolle Stopkurse setzen kann. Für Anfänger ist es etwas schwieriger. Wichtig ist aber: Stopkurse sind eine Heuristik und keine Wissenschaft! Es ist besser, einen etwas ungünstigen Stopkurs zu setzen als Aktien völlig ohne Absicherung zu halten. Kleine "Unfälle" passieren auch mir immer wieder. Ganz oft werde ich ungewollt ausgestoppt, aber dann verbietet mir ja niemand, wieder einzusteigen, wenn die Aktie nach oben dreht.


Aber ich investiere doch in Konzerne und Firmen und will nicht kurzfristig an der Börse spekulieren! So wie Warren Buffett! Brauche ich da trotzdem Stopkurse? Auch so eine Frage, die regelmäßig kommt. Die Aussage "ich investiere in Firmen" belegt ein großes Missverständnis: Was uns alle eint, ist dass wir an der Börse Geld verdienen wollen. Vermessen ist allerdings der Vergleich: Natürlich braucht Warren Buffett keine Stopkurse, denn wenn in einem Laden, den er übernommen hat, die Zahlen nicht passen, dann wird er irgendwann das Management austauschen, bis die Ergebnisse wieder stimmen. Im übrigen hat er durch die direkten Kontakte in die Unternehmen auch einen großen Informationsvorsprung gegenüber dem normalen Anleger. Ein Amateur mit ein paar tausend Euro hat nicht diese Möglichkeiten! Das Management spricht im Zweifel ja noch nicht mal mit mir. Wenn sich mein Investment nicht gut entwickelt und ich entschuldige das damit, dass ich ja "in Konzerne investiere", dann ist das nichts anderes als eine Entschuldigung für einen Fehler, den ich gemacht habe und mir aber nicht eingestehen will. Denn im Zweifel liege ich freilich richtig und alle anderen haben unrecht. Fehlende Demut vor dem Markt, der immer recht hat, ist aber eine der Grundschwierigkeiten vieler Hobbyanleger und führt dazu, dass sie langfristig schlechter abschneiden als die Profis. Die konsequente Begrenzung von Verlusten ist eine Grundvoraussetzung, damit man dauerhaft erfolgreich ist. Ob man das automatisiert mit Stopkursen macht oder ob man ein Investment, das gegen einen läuft, irgendwann aktiv verkauft, ist dabei Geschmacksache. Ein gutes Beispiel, warum Stopkurse besser sind als abzuwarten, habe ich allerdings gerade letzte Woche wieder schmerzhaft selbst erlebt:

 

Ich mache die gleichen Fehler wie alle anderen


Nur damit niemand denkt, dass ich mich immer selbst an meine eigenen Regeln halte: Die Aktie von Adyen (WKN A2JNF4) hatte dummerweise keinen aktiven Stop Loss an der Börse, nur einen "vorgemerkten" ICO-Stopkurs im Computer. Das Papier hatte seit September 2022 einen recht stabilen Verlauf; da hat mein Computer keine Notwendigkeit gesehen, die Aktie wirklich abzusichern. Und dann kam mit den grottenschlechten Zahlen am Donnerstag letzter Woche der Absturz um über 40 Prozent. Ein Clusterfuck! Bei 880 Euro habe ich das Papier dann am Freitag manuell verkauft. Wenn die Aktie jetzt wieder steigt, kennt Ihr den Grund. Übrigens auch den Grund für meinen heutigen Beitrag, denn zur Strafe musste der Großrechner die oben erwähnten 120 Millionen Einzelkurse durcharbeiten. Das soll ihm eine Lehre sein, meinem Computer. Tatsächlich ist es in der Theorie ganz einfach:


Verluste zu begrenzen und ansonsten Gewinne laufen zu lassen ist wirklich das (gar nicht so geheime) Geheimrezept für Erfolg an der Börse. Und zwar, das ist ganz wichtig zu verstehen, völlig unabhängig von Eurer Strategie (fundamental, Trend, Trading, Dividenden, Turnaround, News-Trading, Dartpfeile, Spielcasino, was auch immer). Die Strategie entscheidet vor allem über den Einstieg in Aktien. Die Verlustbegrenzung dagegen hat mit dem Ausstieg zu tun. Beides wird, auch in unserer Community, sehr oft verwechselt! Übrigens:


Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wachsen nicht auf Bäumen. comdirect leidet genauso unter dem Fachkräftemangel wie fast alle anderen Unternehmen. Mitunter zeigt sich das, wenn man als Kunde am Telefon warten muss und sich verständlicherweise darüber ärgert. Aus diesem Grund geht heute ein ganz besonders herzlicher Gruß nach Leipzig und nach Halle. Dort sitzen Leute, die hervorragende professionelle Arbeit leisten und die Kundenbetreuung in Quickborn entlasten, damit die Wartezeiten am Telefon für uns Kunden wenigstens ein bisschen reduziert werden können. Wie ich höre, liest man auch dort meine Beiträge; das freut mich sehr.


Damit wünsche ich Euch allen einen schönen Sonntag und viel Spaß an der Börse
herzliche Grüße aus einem hochsommerlichen München
an alle, die hier noch lesen und nicht bereits eingeschlafen sind


nmh-Team

 

___________________________________

*) Einige berichten ja sogar hier in der Community gerne von ihrem Urlaub

**) Das liegt auch daran, dass Verlage unter steigenden Kosten, vor allem für Papier, leiden und sparen. Mit künstlicher Intelligenz generierte Billigtexte brauchen keinen sauberen Journalismus, so richtig mit Recherche und so. Das bekommen die Redakteure und Autoren zu spüren, und dann ist natürlich immer die Bundesregierung schuld. Außerdem lesen die Leute sowas gern.

***) Fundamentaldaten-Fans achten eher auf die Umsätze als auf die Gewinne. Denn durch Sparmaßnahmen bis zum Gehtnichtmehr kann man den Gewinn schönrechnen. Die Umsätze sind weniger leicht zu manipulieren.

****) Der DAX darf bei Fälligkeit nicht unter 10.000 bzw. 8.000 Punkten stehen; der einzige "Haken" bei dieser Konstruktion ist, dass man mit einer entsprechenden Anleihe von BNP mit dem gleichen Emittentenriskio vermutlich noch mehr Rendite erhalten würde

*****) zur Erinnerung: steigende Zinsen bedeuten fallende Anleihenkurse, und umgekehrt

******) die Bedeutung der Abkürzung ist umstritten: "future german bunds long", oder auch "federal government bond liability"

*******) Wenn Euch mal jemand fragt, was an der Börse ein Fehlsignal ist, könnt Ihr auf jenen 28. Juli 2023 verweisen!


Hinweis auf Interessenkonflikte: Selbstverständlich halte ich alle genannten Wertpapiere und noch zahlreiche weitere in meinen Depots. Von einigen viel, von anderen weniger. Eine Kursbeeinflussung durch den vorliegenden Text ist aufgrund der hohen Marktkapitalisierung nahezu ausgeschlossen. Ich halte es nur für fair, Titel vorzustellen, von denen ich auch selbst überzeugt bin, so dass ich mit den Lesern im selben Boot sitze.

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
167 ANTWORTEN

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

@Marin 
das gleiche ging mir beim lesen des Beitrags auch durch den Kopf!
Es beruhigt mich etwas, dass ich hier nicht der einzige bin, dem das so aufgefallen ist 🤓

Bergjung
Experte
91 Beiträge

Auch von mir noch mal vielen Dank an @nmh für die Informationen und Einschätzungen die Du hier mit uns teilst. 
Besonders deine Einschätzungen zur Marktlage helfen mir immer sehr. Auch die vielen Vorschläge zu Produkten wie DPP usw. sind sehr hilfreich. 

Was indes den erneuten breiten Einstieg in Trendaktien angeht, tue ich mich immer noch etwas schwer nachdem ich im ersten Quartal 2022 alle 12 Trendaktien durch Stopp Loss verloren habe.  Ich konnte dann 2022 trotzdem noch mit einem Gewinn abschließen, aber das lag dann an erfolgreichen Trades mit Turnaround Aktien und DPPs.  

Aktuell habe ich als Trendaktie nur Novo Nordisk die immerhin viel Freude macht. Der Rest ist Big Tech und ein paar wenige eingesammelte Tiefflieger, natürlich mit Stopp Loss gesichert. Nachdem ich damit letztes Jahr Erfolg hatte handele ich da hin und wieder gegen deine Ratschläge. Aber das machst du selber ja auch schon mal 😀

Im Herbst wollte ich mal wieder die eine oder andere Trendaktie in das Depot nehmen. Da es immer wieder neue Sternelisten gibt ist es gar nicht so einfach mit der Auswahl. 




Erica
Autor ★★★
38 Beiträge

Lieber @FakeAccount, vielen Dank für deine Antwort!

 

mich noch weiter über Geldmarktfonds zu informieren viel mir nicht schwer, mit den gestiegenen Zinsen herrscht hier ja eine gewisse Trendfolge und es gibt viele Informationen.

 

Bezüglich der Discount Zertifikate musste ich schon gründlicher stöbern und bin letztlich in diesem Thread hängen geblieben:

Gelöst: Discount-Zertifikate: Alleskönner für schlaue Anle... – Seite 15 - comdirect

Auch wenn es hier maßgeblich um den diskontierten Einstieg in Aktien geht konnte ich Infos zum "Tagesgeld Ersatz" Deep-Discounter ausfindig machen. Das von nmh genannten Beispielprodukt (PE5KQ4) habe ich mir wie empfohlen auf der Emittenten Seite angeschaut.

 

Cap: 8.000 Dax, Bezug 1:100 (0,01), Barausgleich

Am Zahltag den 30.12.2024 würde ich pro Zertifikat 80€ erhalten sofern der Dax am Bewertungstag den 20.12.2024 bei über 8.000 Punkten notiert. Das Zertifikat kann ich theoretisch Börsentäglich handeln und muss nicht gezwungenermaßen auf den Zahltag warten (Wie z.B. bei Festgeld). Denn durch die überschaubare Restlaufzeit und den recht konservativen Cap sind die Schwankungen überschaubar; die Wahrscheinlichkeit oberhalb der 8.000 zu liegen ist hoch.

Da im Börsenhandel oftmals einige Wochen vor Fälligkeit ein Kurs sehr nahe dem Cap erreicht wird, rät nmh zum vorzeitigen Verkauf bzw. Umschichten in andere Zertifikate (sog. rollieren).

Maximalrendite und Seitwärtsrendite sind identisch da die Bewegungen des Dax nicht maßgeblich sind, sondern den Cap nicht zu unterschreiten.

Sollte der Cap doch unterschritten werden kriege ich Anteile an einem Indexpapier Dax?

 

Da ich von Natur aus neugierig bin und die Dinge die ich in den Fingern habe gerne verstehe: Wer und wie verdient denn daran jemand? Ich wette nicht gegen den Emittenten hat nmh mehrfach betont, dieser sichert sich an den Terminbörsen wie z.B. Eurex ab. Aber es schafft doch niemand zu zehntausenden so ein Produkt mit dem Gedanken: "Mensch die armen Privatanleger die sollten doch auch etwas Rendite erwirtschaften!". Ich befürchte schon die Frage führt zu tief in die Matrix. Aber wie gesagt ich bin sehr neugierig 😄

 

Toll übrigens wie offen Du mit dir als Fake umgehst, dass ist Transparenz wie sie sich für das 21. Jahrhundert gehört!

 

Die anderen Alternativen aus dem Sammelsurium schaue ich mir als nächstes an.

Vielen Dank und Grüße!

FakeAccount
Mentor
934 Beiträge

@Erica 

 

Fast alles, was Du schreibst, ist korrekt. Nur eine kleine Verbesserung: Falls der DAX am Bewertungstag unter dem Cap notiert, gibt es nicht die volle Rückzahlung. Es gab früher einige wenige DAX-Discount-Zertifikate, die dann stattdessen in DAX-Indexzertifikate umgetauscht wurden (sog. "physische Abwicklung"). Aber heute gibt es jedenfalls bei allen DAX-Discountern, die nmh empfiehlt, einen Barausgleich. Falls der DAX bei 7500 Euro steht, zahlen die Zertfikate 75 Euro zurück.

 

Wer verdient daran? Nun, der erste Haken ist, dass Du mit einem Zertifikat dem Emittenten (z.B. BNP oder Societe Generale) Geld leihst. Der scheinbar risikolose Gewinn im Zertifikat entspricht den Zinsen auf diese Leihe. Und mit einer entsprechenden Anleihe einer der Banken bekommst Du mehr als 3 oder 4 Prozent. Allerdings sind solche Anleihen schwieriger handelbar und insbesondere nicht gebührenfrei handelbar. In beiden Fällen (Anleihen und Zertifikate) gilt jedoch: geht die Emittentin (z.B. BNP) pleite, ist das Geld weg.

 

Für den Emittenten der Zertifikate ist es also eine (im Vergleich zu Anleihen) billige Möglichkeit, an Geld zu kommen.

 

BNP geht aber nicht pleite. Sollte das passieren, gibt es in Paris einen Knall, den man hier in München noch hören kann. Dann sind Zertifikate unser kleinstes Problem als Börsianer. Aus diesem Grund hat nmh auch wirklich gewaltige Summen in DAX-Discounter investiert. Über mein fest installiertes, auf das Nachbarsgrundstück gerichtetes Fernrohr sehe ich, welche Summen. Und glaube mir: mir wird Angst dabei. Ich sehe über das Fernrohr übrigens auch die WKN. Ich präsentiere Dir einfach mal eine Mischung, eine Auswahl aus den unzähligen Papieren dieser Art, in die mein Nachbar investiert ist. Eine Mischung mit unterschiedlichen Laufzeiten und unterschiedlichen Caps:

 

Cap zwischen 10000 und 11000: z.B. PD5ZWA, PD728J, SN7K5X

Cap unter 10000: z.B. MD2RKG, PD48NY, SN0S80, PD7276, PD48NX, SN810R, SN810S, PE746E, PD91M9

 

.... und zahlreiche weitere. Ich glaube, ohne Rechenzentrum könnte das kein Schwein mehr überblicken. Oder sollte etwa auch nmh allmählich den Überblick über seine Investments verloren haben? Manchmal bezweifle ich, dass mein Nachbar genau weiß, was er tut. Auch wenn er von sich selbst sicher genau das Gegenteil sagen würde.

 

Interessant: nmh hat derzeit keine DAX-Discounter mit Cap über 11000. Ich vermute, das ist ihm als reiner Geldparkplatz zu riskant.

 

Die Papiere von BNP sind noch im August bei comdirect gebührenfrei handelbar.

 

Wer verstehen will, wie sich Deep-Discount-Zertifikate während der Laufzeit verhalten, wirft einen Blick auf folgendes Foto, das ich durch das Fernrohr vom Bildschirm von nmh und sein altmodisches EDV-System gemacht habe. Es zeigt die WKN SN0S80 auf den DAX, CAP 9000, Laufzeit Dezember 2023.

 

SN0S80.png

 

 

 

 

 

 

 

Bitte auf das Bild klicken, um es zu vergrößern. Wichtig festzuhalten ist, dass das Marktrisiko (wird der DAX unter 9000 fallen?) bei diesem Papier während der Laufzeit sinkenden Einfluss hat. Das Risiko wird bei der Preisstellung inzwischen mit nahe Null bewertet. Deswegen hat der DAX im Moment praktische keinen Einfluss mehr auf den Preis der Zertifikate. Die Kursschwankungen etwa bis zum Jahreswechsel 2022/23 erklären sich aus den Schwankungen im DAX, vor allem aber auch damit, dass die EZB die Zinsen angehoben hat. Durch diese Zinserhöhungen steigt der "risikolose Zins", und das bewirkt den Abwärtstrend im Zertifikat im Jahr 2022. Seit dem Jahreswechsel gibt es praktisch überhaupt keine Kursschwankungen mehr, und das Papier läuft mit einer Steigung, die dem heutigen risikolosen Zins entspricht, auf die Obergrenze bei 90 Euro zu. Man kann jederzeit ein- und aussteigen.

 

Um nochmal auf Deine Frage "cui bono" zurückzukommen, wer verdient daran: Die Emittentin sichert die Discount-Zertifikate, die sie an nmh verkauft, an der Terminbörse ab. Ein DAX-Discount-Zertifikat besteht ja aus dem DAX (Future) und einer verkauften Call-Option. Der zweite Haken ist, dass solche Optionen an der Terminbörse teurer gehandelt werden als die Emittentin es in die Preise für Zertifikate einrechnet. Das ist so wie wenn Du ein Auto kaufst: Die Einzelteile sind in Summe viel billiger als der Preis, den Du für das fertige Auto bezahlst. Übrigens verkauft die Emittentin auch Call-Optionsscheine, und sie verlangt ebenfalls höhere Preise dafür als sie in das Discountzertifikat einrechnet. Auch daran verdient die Emittentin.

 

Und zuletzt gibt es den Spread, also die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis für Zertifikate. Das ist der dritte Haken und ebenfalls eine Geldquelle für die Emittentin, die aber gegenüber den oben dargestellten Möglichkeiten in den Hintergrund tritt.

 

Deine Frage führt also keineswegs "zu tief in die Matrix", sondern ist ganz leicht zu beantworten. Und mein Nachbar nmh legt großen Wert darauf, dass Ihr alle auch versteht, warum die Emittenten Euch solche Zertifikate verkaufen! Denn auch hier in der Community verbreiten sogar einige "Vielschreiber" immer wieder Verschwörungstheorien. Wenn man aber Ahnung von der Sache hat, versteht man ohne weiteres, dass Zertifikate ein ganz normales Geschäft wie viele andere sind. Unter den Emittenten herrscht in Deutschland großer Wettbewerb. Es gibt kaum Produkte, die so einfach nachzuahmen sind als ein simpler DAX-Discounter. Wenn Emittenten hier unfaire Preise stellen würden, würden Profis wie nmh das sofort merken, und die Emittenten wären aus dem Geschäft.

 

An anderer Stelle liest man in dieser Community wilde Theorien über absichtlich herbeigeführte Handelsunterbrechungen, zum Beispiel vor wenigen Tagen mehrere Stunden lang bei BNP. Wer sowas schreibt, beweist ganz klar, dass er keine Ahnung hat, wie das Zertifikategeschäft funktioniert. Da die Emittentin durch ihr Hedging marktneutral aufgestellt ist, ist ihr völlig egal, wann Ihr Zertifikate handelt. Wichtig für die Emittentin ist nur, dass Ihr möglichst häufig und vor allem mit hohem Volumen handelt. Warum sollte sie da absichtlich mehrere Stunden lang keine handelbaren Kurse stellen? Ob freilich eine Technik, bei der ein Ausfall solche Störungen produziert, vertrauenswürdig ist, oder ob da an der falschen Stelle gespart wurde, steht auf einem anderen Blatt.

 

Viel Erfolg und ein schönes Wocheneende an alle, die das hier lesen

 

hochachtungsvoll

der Nachbar von nmh

 

Erica
Autor ★★★
38 Beiträge

Vielen, vielen Dank für die ausführliche Antwort!

 


 Aber heute gibt es jedenfalls bei allen DAX-Discountern, die nmh empfiehlt, einen Barausgleich. Falls der DAX bei 7500 Euro steht, zahlen die Zertfikate 75 Euro zurück.

 

Herrje steht ja auch im Datenblatt! 😅

 

Ich habe heute einfach mal gestöbert was es an Zertifikaten so zur Auswahl gibt, aufgrund der "Partner" meines Brokers auch bei anderen Emittenten wie Morgan Stanley oder UBS. Die von Euch empfohlenen Franzosen hatten bzgl. des DAX allerdings eine unschlagbare Produktpalette.

 

 


Bitte auf das Bild klicken, um es zu vergrößern. Wichtig festzuhalten ist, dass das Marktrisiko (wird der DAX unter 9000 fallen?) bei diesem Papier während der Laufzeit sinkenden Einfluss hat. Das Risiko wird bei der Preisstellung inzwischen mit nahe Null bewertet. Deswegen hat der DAX im Moment praktische keinen Einfluss mehr auf den Preis der Zertifikate. Die Kursschwankungen etwa bis zum Jahreswechsel 2022/23 erklären sich aus den Schwankungen im DAX, vor allem aber auch damit, dass die EZB die Zinsen angehoben hat. Durch diese Zinserhöhungen steigt der "risikolose Zins", und das bewirkt den Abwärtstrend im Zertifikat im Jahr 2022. Seit dem Jahreswechsel gibt es praktisch überhaupt keine Kursschwankungen mehr, und das Papier läuft mit einer Steigung, die dem heutigen risikolosen Zins entspricht, auf die Obergrenze bei 90 Euro zu. Man kann jederzeit ein- und aussteigen.

 


--> "risikoloser Zins" ist verfügbar, Aktien werden eher verkauft, DAX fällt und mit ihm das vorgestellte Zertifikat weil das Risiko unter dem Cap zu liegen steigt. Richtig?

 

Es scheint wirklich kein Hexenwerk (aka Investmentbanking Studium) nötig zu sein wenn man sich mal mit ein paar Produkten neben der Aktie beschäftigt. Vielen Dank noch einmal,

 

Grüße, Erica.

 

FakeAccount
Mentor
934 Beiträge

@Erica 

 

Danke für Dein tolles Feedback!

Dein Erklärung ist zwar richtig, betrifft aber eher einen Nebenschauplatz. Der Hauptgrund, warum ein Deep-Zertifikat fällt, wenn die Zinsen steigen, ist dass auch die in das Zertifikat eingepreisten Zinsen steigen. Vor allem dadurch sinkt der Kurs von Deep-Zertifikaten. Ganz handfest gesprochen: Wer neu in das Zertifikat einsteigt, muss einen höheren Zinssatz erhalten. Das gelingt, indem man ihm (oder ihr) das Zertifikat billiger gibt. Das Zertifikat gleicht in dieser Hinsicht einer Anleihe. Auch eine Anleihe fällt im Kurs, wenn die Zinsen steigen. Dadurch steigt die Rendite der Anleihe für Neuanleger.

 

Discount-Zertifikate sind tatsächlich nicht allzu komplex. Mein Nachbar nmh handelt sie sehr intensiv, mehrmals pro Woche, seit über 20 Jahren (mein Blick durch das Fernrohr verrät mir, dass nmh bereits 2216 unterschiedliche Discounter im Depot hatte -- was für ein Spinner!) und hat durchwegs gute Erfahrung gemacht.

 

Achtung: Du solltest nicht am Wochenende auf die Suche nach attraktiven Zertifikaten gehen, sondern während gehandelt wird, damit Dir im Informer realistische (nämliche aktuelle) Kurse angezeigt werden. Bei der UBS als Emittentin wäre ich im Zweifel eher vorsichtig. MS ist in Ordnung, aber bei BNP und Societe Generale passen i.d.R. sowohl Kursqualität als auch Servicequalität, wenn mal was schiefgeht.

 

Viel Erfolg mit Discount-Zertifikaten!

 

Schönen Start in die Woche an alle, die das hier lesen müssen

 

hochachtungsvoll

der Nachbar von nmh

 

FakeAccount
Mentor
934 Beiträge

@Erica  und alle anderen, die sich für Geldmarktfonds interessieren:

 

Ich habe auch gute Erfahrungen mit dem Evli Short-Term Corp. Bonds gemacht, WKN A0ND83. Der ist ohne Ausgabeaufschlag problemlos handelbar und bringt eine Rendite von über 4 Prozent, Tendenz steigend.

 

In Ausgabe 33/2023 von "Börse online" wurde der Fonds auch nochmal näher vorgestellt.

 

Meiner Meinung nach ein idealer Geldparkplatz.

 

Der Nachbar von nmh

 

Erica
Autor ★★★
38 Beiträge
 

Das Zertifikat gleicht in dieser Hinsicht einer Anleihe. Auch eine Anleihe fällt im Kurs, wenn die Zinsen steigen. Dadurch steigt die Rendite der Anleihe für Neuanleger.

 

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CurtisNewton
Legende
4.886 Beiträge

@FakeAccount  schrieb:

@Erica  und alle anderen, die sich für Geldmarktfonds interessieren:

 

Ich habe auch gute Erfahrungen mit dem Evli Short-Term Corp. Bonds gemacht, WKN A0ND83. Der ist ohne Ausgabeaufschlag problemlos handelbar und bringt eine Rendite von über 4 Prozent, Tendenz steigend.

 

In Ausgabe 33/2023 von "Börse online" wurde der Fonds auch nochmal näher vorgestellt.

 

Meiner Meinung nach ein idealer Geldparkplatz.

 

Der Nachbar von nmh

 


@FakeAccount 

Was hältst du denn von der WKN 973723 als Parkplatz? Der scheint mit einfach nur den €STR abzubilden, dürfte daher (natürlich nur solange die Zinsen entsprechend bleiben) doch auch geeignet sein. Im Vergleich mit dem Evli scheint insbesondere das Zinsänderungsrisiko wie bei Anleihen so nicht vorhanden zu sein (zumindest wenn ich die Charts zum Beginn der Zinskurve vergleiche) und auch der Dip bei Corona war wesentlich zahmer (damals hätte man den natürlich bei negativem €STR nicht gekauft) 

 

Gruss

Curtis

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"I am a dwarf and I'm digging a hole. Diggy diggy hole, diggy diggy hole. I am a dwarf and I′m digging a hole. Diggy diggy hole, digging a hole" - Wind Rose

FakeAccount

@CurtisNewton 

 

Vielen Dank für Dein Feedback. Die WKN 973723 habe ich bereits weiter oben in meinem Beitrag vom 23.08.2023 um 09:54  kommentiert - bitte dort nachlesen!

 

Welcher von beiden besser ist ... schwierig zu sagen. Da alle drei genannten Geldmarktfonds völlig gebührenfrei handelbar sind (Achtung: nur beim Direkthandel mit der Fondsgesellschaft, nicht an der Börse), sollte man einfach alle drei mischen. Mein Nachbar macht das auch so. Wenn einer dann enttäuscht, kann man sich diskret davon trennen.

 

Weitere passende WKN sind A0JEL6 oder 531770, die sind bzgl. ihrer Performance aber etwas "wackeliger". nmh hat alle diese Fonds in den 2000er-Jahren wirklich exzessiv gehandelt (es gab noch mehr, die inzwischen liquidiert sind), und dann kam die Finanz- und Bankenkrise. Nach zehn Jahren Pause sind Geldmarktfonds wieder zurück.

 

Hochachtungsvoll

der Nachbar von nmh