am 17.11.2019 14:16
Hallo liebe Community,
kurz zu mir: ich bin 28 Jahre alt und befasse mich seit diesem Jahr tiefergehend mit meinen persönlichen Finanzen.
Nun geht es mir darum, einen möglichst sinnvolle Altersvorsorge aufzubauen. Der Anlagehorizont ist also durchaus längerfristig.
Durch Euch und zahlreiche Blogs konnte ich über die letzten Monate sehr viel dazu lernen und habe seit August einen kleinen Sparplan über 100,- Euro / Monat auf den A0HGV0 laufen. Mehr für die ersten Schritte und Erfahrungen als für eine ernste Anlage.
Aktuell läuft noch eine viel zu teure Riesterrente die ich mir habe verkaufen lassen. Bei dieser nehme ich dieses Jahr noch die staatliche Förderung mit, ab Januar wird er stillgelegt.
Dazu nutze ich noch die betriebliche Altersvorsorge/Entgeldumwandlung über die maximale Förderhöhe von aktuell 268,- Euro.
Monatlich habe ich ca. 1.100,- Euro zum Sparen zur Verfügung. Davon sollen 800,- Euro in ETFs, die restlichen (schwankenden) 300,- in eine tagesgeldähnliche Anlageform.
Ein Notgroschen über ca. 10.000,- Euro ist vorhanden. Es sind weder Kinder, noch Heirat, noch (mittelfristig) Wohneigentum geplant.
Was ich nun vorhabe: Sparer-Freibetrag ausnutzen und auf ausschüttende ETFs setzen.
Mir gefällt gefühlsmäßig die Kombination MSCI World/Emerging Markets zu 70/30% besser, als ein All World. Konkret würde das folgendes für meinen Sparplan bedeuten:
560,- Euro pro Monat in A0HGV0 iShares MSCI World UCITS
240,- Euro pro Monat in MSCI Emerging Markets (UB42AA?)
Beim Emerging Markets habe ich mir vorgenommen, die Top Preis-ETFs für nächstes Jahr abzuwarten und die Vergünstigung im ersten Jahr mitzunehmen. Sympathisch wäre mir ein physischer ETF wie beispielsweise der UB42AA. Hat dieser Nachteile gegenüber dem hier so häufig empfohlenen ETF127? Ich kann erstmal nur Vorteile erkennen.
Ist diesem Vorhaben bis hierher etwas einzuwenden?
Die letzte Frage betrifft das Geld, welches am Monatsletzten übrig bleibt und wie oben erwähnt bei ca. 300,- Euro liegen sollte.
Dieses Geld möchte ich schnell verfügbar haben für größere Rechnungen, Urlaub, etc.
Muss ich hier in den sauren Apfel beißen und das Geld für 0,00 % p. a. liegen lassen?
Besten Dank schonmal für Eure Hilfe!
Liebe Grüße und schönen Sonntag,
Sebastian
am 17.11.2019 21:35
@Koyot schrieb:Absolut verständlicher Einwand Deinerseits. Jedoch steht aktuell kein relevantes Eigenkapital zur Verfügung. Noch dazu gibt der Markt in meiner Region aktuell wenig her und die Preise sind sehr hoch.
Außerdem bleibe ich gedanklich aktuell Mieter - zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Frau und ich unseren Wohnort bis zum Alter noch mehrfach ändern.
Was? Kein Eigenkapital bei €1100 im Monat zum Sparen?
Ich erzähle mal die Geschichte: ich wohne ja - wie schon öfters geschrieben - neben dem BND. Echt nett hier, das habe ich 2007 gekauft und einen Preis gezahlt, wo ich damals dachte, ich bin verrückt. Aber mir gefällts hier einfach.
EIn Freund von mir hat dann 2012 - ein wenig weiter weg vom BND und neben der Kirche, wo Dich jeden Tag, auch am Wochenende die Glocken um 7:00 aufwecken - ein etwas kleineres Grundstück mit einem maroden Haus drauf gekauft. Das war teuer das niederzureißen. In der Summe ca. das Doppelte von dem, was ich gezahlt hatte. Und dann hatte der erst keine Lust, dann keine Zeit und dann keinen Bauträger, um da ine neue Hütte draufzustellen. Dann hat er - noch weiter weg vom BND aber in der gleichen Gemeinde - was fertiges gekauft. Keine Kirchtumglocken mehr, aber auch weniger Grundstück. Hat er nur bekommen, weil er das andere Grunstück dem Bauträger verkauft hat. Willst nicht wissen, zu welchem Preis.
Unterm Strich: in den Top 5 reden wir seit 30 Jahren von der Blase, die platzen wird, aber, sie platzt nicht.
Klar, wenn Du nicht weisst, wo Du in Zukunft leben wirst, schwierig. Aber in den TOP 5 was kaufen wo man wohnen wollen würde und zur Not vermieten ist immer Plan A. Und wenn Du das mit Fremdkapital hebelst, kommst Du sehr weit.
17.11.2019 22:05 - bearbeitet 17.11.2019 22:06
17.11.2019 22:05 - bearbeitet 17.11.2019 22:06
@A_J_L schrieb:Was? Kein Eigenkapital bei €1100 im Monat zum Sparen?
Naja, wie auch? Ich bin mit meinen 28 Jahren erst seit zwei Jahren am Arbeiten. Erstes Auto, Wohnungseinrichtung, Puffer ansparen...all das verschlingt so einiges.
Nun bin ich in der glücklichen Lage, dass ich für mein Empfinden monatlich sehr viel sparen kann, weil erstmal alle größeren Anschaffungen getätigt sind. Und dies möchte ich möglichst von Anfang an vernünftig anstellen, darum suche ich den Diskurs mit Euch.
Beispiele wie Deines kenne ich aus dem Bekannten- und Familienkreis ganz ähnlich, und ich bin froh um jeden Beitrag, der ein Denken in andere Richtungen anstößt. Dennoch glaube ich, dass für mich persönlich das Mieter-Dasein der wahrscheinlichere Weg sein wird.
am 17.11.2019 23:02
@A_J_L schrieb:Unterm Strich: in den Top 5 reden wir seit 30 Jahren von der Blase, die platzen wird, aber, sie platzt nicht.
Nicht unbedingt platzen, aber ab und zu lässt der Druck schon dramatisch nach.
Echtes Beispiel: 4-Zimmer-Wohnung in Schwabing, 4.Stock direkt am Englischen Garten ging anno 2000 für 200000 DM weg (leider nicht an mich)
am 17.11.2019 23:28
Wir reden von unterschiedlichen Dingen.
Ein Eigenheim ist grundsätzlich keine Geldanlage im eigentlichen Sinne.
Ein vermietetes Objekt wäre dafür durchaus eine Möglichkeit. Dann aber aufgrund (hoffentlich) stetiger Mieteinnahmen und nicht mit dem Ziel, die Hütte in 10 Jahren besser wieder verkaufen zu können. Kann man machen, ist aber eher Spekulation und aus meiner Sicht keine adäquate Antwort auf die Frage nach einer langfristigen Altersvorsorge.
am 18.11.2019 18:36
@GetBetter schrieb:Ein Eigenheim ist grundsätzlich keine Geldanlage im eigentlichen Sinne.
Ne, das sehe ich schon anders: Wenn Du an einem Ort gesettelt bist und da bleiben wirst - oder dahin zurück willst, wenn Du mal versetzt wirst - ist das die beste Geldanlage aller Zeiten.
Ein abgezahltes Eigenheim erwirtschaftet jeden Monat die Miete, die Du nicht zahlst, und das noch mit dem Hebel der Steuerfreiheit.
Überleg mal: Du zahlst zB im Alter €1500 Miete (nur als Beispiel). Da brauchst Du dann schon (ohne Soli und Kirchensteuer) €2000 Einkünte aus Kapitalvermögen, um Dir das leisten zu können.
Wenn man mal - wie in heutigen Zeiten - von 2,5% Rendite einer Immobilie ausgeht, dann kostet Dich die, die Du zu €1500 mietest ca. €720.000. Wenn Du diese €720.000 am Kapitalmarkt anlegst, brauchst Du 3.33% pA Rendite Deiner Anlage, um nach Steuern die Miete zu zahlen.
Und, das mit der nicht zu zahlenden Miete hat 0.0% Risiko.
Deswegen empfehle ich immer - wenn die persönliche Situation passt - erst das EIgenheim, dann die ETFs/Aktien etc.
am 18.11.2019 21:52
@Koyot schrieb:Hallo liebe Community,
kurz zu mir: ich bin 28 Jahre alt und befasse mich seit diesem Jahr tiefergehend mit meinen persönlichen Finanzen.
Nun geht es mir darum, einen möglichst sinnvolle Altersvorsorge aufzubauen.
Mal eine Frage, wieso kaufst du NUR Aktien? Mit beide ETFs kaufst du im Prinzip nur Aktien. Ist dir bewusst, dass die Aktien und die Börse ein bestimmtes Risiko bergen? In der Börse, egal ob du Fonds oder ETFs wie z.B. den MSCI World kaufst, da gibt es keine 100 prozentige Sicherheit. Wenn der Aktienmarkt steil nach unten geht, dann gibt es keine Art chinesische Mauer oder Burg, um dein Kapital zu beschützen oder zu retten. Stell dir vor, du besparst beide ETFs konstant für sagen wir mal 7 Jahre lang und dann bricht der Aktienmarkt um 70%. und damit stehst du wieder da, wo du heute bist.
Wenn du 28 Jahre alt bist und oben drauf noch unverheiratet, es gibt schönere Sachen zu machen, als alles an der Aktienmarkt zu investieren. Glaub mir.
am 18.11.2019 23:43
Eins vorab: Du musst mich nicht überzeugen, ich lebe selber im eigenen Haus.
Meine Aussage, ein Eigenheim sei keine Geldanlage im eigentlichen Sinne, stammt daher auch nicht von mir sondern von Wirtschaftsexperten, u.a. auch Gerd Kommer. Ihm würde ich durchaus attestieren mehr Fachwissen zu haben als ich, auch wenn es mir selber schwerfällt, seine Meinung zu akzeptieren.
Wie kontrovers man das Thema diskutieren kann sieht man beispielsweise hier (Kommentare beachten!), beim Finanzwesir oder nochmal Zendepot.
Übrigens ist Deine Rechnung etwas geschönt (beispielsweise hast Du keine Rücklagen berücksichtigt), trotzdem kommst Du auf eine benötigte Vergleichsrendite von nur 3,3%. Bei einem langfristigen ETF-Sparplan (und von einem solchen können wir als Vergleichsmaßstab ausgehen), ist das ebenfalls relativ risikolos erreichbar. Und das bei höherer Flexibililität und besserer Liquidität.
am 19.11.2019 00:02
Hier nochmal die Anforderung:
@Koyot schrieb:kurz zu mir: ich bin 28 Jahre alt und befasse mich seit diesem Jahr tiefergehend mit meinen persönlichen Finanzen.
Nun geht es mir darum, einen möglichst sinnvolle Altersvorsorge aufzubauen.
Wir reden somit von einem 40-Jahres-Plan. Was soll uns in dem Zusammenhang also Dein Betrachtungszeitraum von 7 Jahren sagen?
Im Gegenteil: Für den langfristigen Erfolg des Sparplans könnte eigentlich nichts besseres passieren als ein 70%-Crash nach 7 Jahren.
19.11.2019 09:16 - bearbeitet 19.11.2019 09:16
19.11.2019 09:16 - bearbeitet 19.11.2019 09:16
@A_J_LJa genau, und dann ist pünktlich mit Rentenbeginn die Heizung kaputt und dann das Dach. Dann reißt die Stadt die Gehwege auf und will dafür auch Geld. Dann braucht unser Finanzsystem vielleicht mal wieder eine Finanzspritze und es gibt Zwangshypotheken. Das hat es in der Vergangenheit gegeben, ist also keineswegs ein Hirngespinst. Und dass die Regierungen da vor wirksamen Maßnahmen nicht zurückschrecken, wurde erst in jüngster Zeit bewiesen, ich sag nur Zypern.
Weißt Du, es soll jeder so machen wie er will und ich gönne auch jedem sein Eigenheim. Aber da gibt es nun mal zwei Lager, und einige Eigenheimbesitzer neigen dazu gegenüber überzeugten Mietern so quasi-religiös zu tun, das ist echt nervig. Auch eigene Immobilien verursachen Kosten, und zwar nicht zu knapp. Für eine differenzierte Betrachtung empfehle ich hier das Buch "Kaufen oder Mieten" von Gerd Kommer. Ansonsten halte ich persönlich es gerne mit dem Spruch "Immobilie macht immobil".
Sollten meine ETFs bis zu meinem Rentenbeginn in 30 Jahren gewaltige Vermögen erschaffen haben, gönne ich mir dann vielleicht - im Zuge einer freiwillig gewählten Immobilität - eine nette kleine Eigentumswohnung/Apartment in der Sonne 😉 Auf den Kanaren ist es eh schöner als in Deutschland 😉 Die Preise sind erschwinglich, die Lebenshaltungskosten auch, und ein später Kauf ermöglicht mir in jungen Jahren Flexibilität und erspart hohe Instandhaltungskosten im Alter - auch ne überdenkenswerte Alternative 😉
am 19.11.2019 18:51
Wow, hier wird ja rege diskutiert. Finde ich klasse! Ich versuche mal, auf ein paar Punkte einzugehen.
@A_J_L schrieb:Deswegen empfehle ich immer - wenn die persönliche Situation passt - erst das EIgenheim, dann die ETFs/Aktien etc.
Das ist aus meiner (sehr unerfahrenen) Sicht ein absolut solides Statement, aber für eben meine persönliche Situation nicht passend.
Warum? Als Eckdaten: aktuell hervorragende Mietsituation, in den nächsten 10 Jahren vermutlich noch 1-2 Standortwechsel und dazu kein wirklich relevantes Eigenkapital.
@Global Elite schrieb:Wenn du 28 Jahre alt bist und oben drauf noch unverheiratet, es gibt schönere Sachen zu machen, als alles an der Aktienmarkt zu investieren. Glaub mir.
Dir ein besonderes Dankeschön. Zwischen hauptsächlich Zustimmung eine sehr kritische Stimme zu lesen, lässt wach werden und aufhorchen.
Schön, dass Du mir als Anfänger nochmal ganz deutlich sagst, dass ich das Verlustrisiko nicht aus den Augen verlieren darf und mir dessen bewusst sein muss. Das Danke ist ironiefrei und ehrlich gemeint.
Ich investiere keinesfalls nur in Aktien. Neben BAV und privater Rentenversicherung habe ich die Themen BU und andere Versicherungen bereits geklärt.
Insbesondere bei dem zitierten Satz wüsste ich aber gerne, was Du damit meinst. Sofern es Dir darum geht, dass ich nicht jeden Euro sparen soll, sondern auch das Leben genießen: keine Bange, das mache ich. Mit meiner Freundin zusammen erlebe ich tolle Urlaube, gehe unseren Hobbys nach und habe viel Freude. Das Sparen soll die Lebensqualität nicht schmälern.
@Infinity schrieb:Sollten meine ETFs bis zu meinem Rentenbeginn in 30 Jahren gewaltige Vermögen erschaffen haben, gönne ich mir dann vielleicht - im Zuge einer freiwillig gewählten Immobilität - eine nette kleine Eigentumswohnung/Apartment in der Sonne 😉
In diese Richtung geht auch unser/mein Plan. Zwar nicht Sonne und Süden sondern Alpenraum, aber prinzipiell der selbe Gedankengang.
@GetBetter : auch Dir ein Dankeschön für die fundierten Einwürfe und spannenden Links!