Diskussion zu Trendaktien: Aktien die schon immer gestiegen sind, werden auch weiterhin steigen

[RPR]

Guten Abend Zusammen,

ich würde gerne durch die ein oder andere kritische Frage eine Diskussion über die allgemeine Strategie der Trendaktien anstoßen , die ja hier im Forum (& bei mir ebenfalls) stark vertreten ist. 🙂

Oft hier im Forum erwähnt ist einer der Gründe in Trend- & Sterneaktien zu investieren, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass eine Aktie, die schon immer gestiegen ist auch weiter steigt.

Das mag bei gleich gebliebenen Randbedingungen auch der Fall sein.

Der Preis einer Aktie wird allein durch Angebot & Nachfrage bestimmt (bitte korrigieren, wenn hier ich falsch liege).
Folgende Themen haben in den letzten Jahren die Nachfrage an Aktien allgemein in die Höhe getrieben:

- Aufgrund niedrigem Zins kaum Alternativen für die Geldanlage
- Notenbanken, die jeden Monat einiges an Geld in den Markt gepumpt haben.

- Es kamen viele "neuen Investoren" dazu (Kids, die vielleicht davor jedes Wochenende im Club ihr erspartes versoffen haben und durch Corona gelernt haben, dass man auch sinnvollere Dinge mit ihrem Geld machen kann ;))
--> Durch die hohe Nachfrage wurden die Aktienkurse in die Höhe getrieben.

Wenn jedoch mittelfristig das Gelddrucken verringert wird, wegen höherer Zinsen sich mehr für Anlagemöglichkeiten für sicherheitsorientierte Anleger auftun, sollten nach dem Prinzip von Angebot & Nachfrage Aktien mittelfristig auch wieder günstiger Werden bzw. die Kurse würden fallen. 

Was passiert jetzt mit unseren geliebten Trendaktien?

Es würde mich wundern, wenn Trendaktien davon nicht betroffen wären.

- Ist hier vielleicht die Philosophie, dass Kurse von Trendaktien ebenfalls fallen, jedoch weiterhin den sich negativ entwickelnden Markt outperformen? 

- Oder fallen die Kurse stärker, weil Trendaktien relativ gesehen oft schon hoch bewertet sind?

--> Meiner Meinung nach ist es nicht garantiert, dass dass Aktien, die schon immer gestiegen sind auch weiterhin steigen werden. Vielleicht entwickeln Diese sich weiterhin besser als der Markt, also: wenn der Markt mittelfristig stärker fällt, diese Aktien einfach nur weniger stark fallen.

Ich bin ebenfalls groß in Trend- & Sterneaktien investiert. Was ich jedoch öfter hier im Forum lese erinnert mich manchmal an Szenen von "The Big Short", wo vor Allem große Banken aufgrund bisheriger Entwicklungen ("Immobilienpreise sind die letzten Jahre doch konstant gestiegen") eine weitere Preissteigerung vorhergesagt haben und ein Crash / eine Korrektur als sehr unwahrscheinlich bewertet worden ist. Aber auch hier haben sich durch die zunehmende Kreditvergabe an Personen mit schlechtem Rating die Randbedingungen stark geändert.

Ich freue mich auf eine Diskussion! Falls schwerwiegende Denkfehler in meinem Post vorhanden sind oder hier falsche Schlüsse gezogen werden freue ich mich umso mehr, wenn diese berichtigt werden! 🙂

Schönen Abend!
RPR

[NR]

@RPR: Die Antwort zu Deiner Überlegung ist Nein, Ja, und außerdem vermischt Du zwei Ansätze 🙂

Zuerst das Grundsätzliche:  "Trendaktien" sind nicht (nur) solche, die seit 2018 oder 2008 steigen, sondern solche, die dies seit 30, 50 oder 100 Jahren tun. Ein Beispiel aus der letzten Liste könnte Hermes/886670 sein (der Luxuskonzern, nicht der Paketquäler), es geht aber auch noch deutlich(!) länger:

Kannst Du auf Anhieb die Dotcom-Blase oder die Finanzkrise sehen? Da Du ja auf die neue Geldpolitik zu sprechen kamst: Insbesondere gibt es keinen wirklich sichtbaren Unterschied vor 2008 und nach 2008. Und genau das sind dann "Trendaktion" -- Aktien im langfristigen Trend, die ganz grundsätzlich steigen, eben gerade unabhängig von der Rahmenbedingungen. Solche Aktien will ich haben.

Und dann versuchst Du, einen mikroskopischen, sozusagen Unter-die-Haube-gucken Ansatz zur Erklärung, warum die Aktien steigen, heranzuziehen. Aber im Trendansatz-Bild ist das unzulässig bzw. ergibt keinen Sinn: Der Ansatz fragt ja gerade nicht nach einem mikroskopischen Warum, es ist stattdessen eine statistische Aussage: Aktien, die (lange) steigen, steigen mit mit größerer Wahrscheinlicheit als andere weiter.

Die "Erklärung" warum diese Aktien steigen ist also, dass sie bereits gestiegen sind. Alles andere steht außerhalb der Theorie. (Für die Physik-Fans: Ist so ein bisschen wie wenn ich thermodynamische Überlegungen anstelle, wo ich mit makroskopischen Größen wie Druck und Temperatur arbeite, und plötzlich mikroskopisch mit einzelnen Molekülen argumentiere.)

Von daher: Garantiert sind nur Steuern und Tod, aber im Sinne eines systematischen Investment-Ansatzes ist die Trendfolge das Beste, was (wenigstens wir einfachen Leute) kriegen können. Es gibt bei strikter Anwendung der Regeln einen klaren Gewinnvorteil, langfristig eine Outperformance des übergeordneten Indexes. Gibt jede Menge Untersuchungen und Veröffentlichungen dazu, über alle möglichen Zeiträume, mit jeden erdenklichen Krisen, immer mit dem selben Ergebnis.

Die mMn beste Erklärung warum das übrigens weiterhin funktioniert, obwohl man das alles wissen kann, ist dass es pychologisch einfach komplett konträr zur Intuition läuft. Ich bin hier vermutlich nicht allein wenn es mich -- trotz des ganzen theoretische Wissens -- jedes Mal unbehaglich macht, am Hoch zu kaufen.

Was natürlich (auch trivialerweise) stimmt ist, dass auch die beste Aktie der Welt (hab grad vergessen, Mastercard ja nicht mehr, wahrscheinlich irgendeine Softwarebude, Adobe oder so?) nicht immer nur steigt. Aber auch hier hilft ja die Langfristigkeit: Wenn Du wissen möchtest, wie Deine Wunschaktie in der Krise (Euro-, Finanz-, Dotcom-, Öl- ...) performt, kannst Du ja einfach am Chart nachgucken.

[ae]

Besser als @NR kann man es nicht ausdrücken!

Diesen Beitrag kann man, gedanklich, ausdrucken und einrahmen, ab an die Pinnwand damit er leicht zu finden ist. 

Die Börse hat viel mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. 
Eine Aktie die stetig steigt hat eine höhere Wahrscheinlichkeit weiter zu steigen, da es diese Aktie kaum interessieren dürfte ob Du oder ich jetzt in dem Moment einsteigen. 
Gefühlt fällt jede Aktie sobald man den Kaufknopf betätigte, ist aber nur, um beim Beispiel zu bleiben, das Zucken auf atomarer Ebene.

Die Wahrscheinlichkeit dass ein Wert steigt, welcher schon Jahre dümpelnd Richtung Süden unterwegs ist, ist relativ gering.
Auch hier gilt, der Einfluss des persönlichen Einstiegs gleich Null.

Als Kleinanleger mit wenig Möglichkeiten sämtliche Informationen und Nachrichten im komplexen Welt/ Wirtschaftsgeschehen zu bekommen und entsprechend zu verarbeiten, bietet uns der Kursverlauf im Chart eine gute Möglichkeit zu reagieren wenn die großen institutionellen und Profi Investoren die Nachrichtenlage verarbeiten, welche die Kurse beeinflussen.

gruss ae 

[PoliniMaster]

... und die beste Aktie der Welt heißt natürlich Esker (WKN 907928). Herzliche Grüße gehen raus nach München! 🙂 

[huhuhu]

@PoliniMaster 

Da muss ich leider widersprechen,

Es ist Alphabet  😊

[RPR]

Zum aktuellen Anlass krame ich hier nochmal meinen Beitrag vom September raus. 🙂

"Der Markt" hat wohl meine Frage beantwortet.

Hier ein Auszug aus den 20 Aktien mit der höchsten Performance der letzten 5 Jahre aus dem S&P500 Index:

Man beachte: Bis auf Tesla sind alle Aktien im letzten Monat vom Wert gesunken.

Bei den 20 Aktien, die die letzten 5 Jahre am schlechtesten performt haben sind in letzten Monat 16 davon im Wert gestiegen:

Grüße

RPR

[Thorsten_]

Die Performance von einem Monat ist im Bezug auf langfristige Trends ziemlich egal. Schau dir die selben Aktien nochmal in einem halben Jahr an...