am 11.10.2019 10:36
Ich habe heute per Zufall davon gelesen (vorletzter Punkt), dass es wohl jemand geschafft hat sich mTAN patentieren zu lassen (ein Hoch auf Trivialpatente und wohl unfähige Patentbeamte) und es momentan danach aussieht, als würde das Patent durchsetzbar sein. Da kommt wohl noch einiges an Kosten auf die Banken zu, wenn sie nicht vllt eh schon Lizenzgebühren zahlen.
Unter dem Blickwinkel versteh ich gleich nochmal mehr, warum man versucht das loszuwerden und/oder den Kunden an den Kosten zu beteiligen.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 11.10.2019 11:46
Da müsste sich mal ein Fachmann/-frau/-mensch aus dem Patentwesen damit auseinandersetzen ob so was überhaupt patentfähig ist...
trivial?
Neuartigkeit?
etc.
Gruß Crazyalex
am 11.10.2019 12:09
Hier übrigens die entsprechende Seite beim Europäischen Patentamt: https://register.epo.org/application?number=EP02450095&tab=main&lng=de
am 11.10.2019 12:13
Leider gibt es hier in der Community weder Patentfachleute noch unfähige Patentbeamte.
nmh
am 11.10.2019 12:19
Eine ausführliche Begründung, warum das patentierte Verfahren neu und erfinderisch (und eben nicht trivial) ist liest man hier:
https://www.epo.org/law-practice/case-law-appeals/recent/t090375du1.html
nmh
11.10.2019 12:56 - bearbeitet 11.10.2019 13:00
@nmh schrieb:Eine ausführliche Begründung, warum das patentierte Verfahren neu und erfinderisch (und eben nicht trivial) ist liest man hier:
https://www.epo.org/law-practice/case-law-appeals/recent/t090375du1.html
nmh
Lässt sich das irgendwie zusammenfassen? Ich habe versucht das zu lesen, werde aber nicht wirklich schlau daraus. Irgendwie versuchen sie "Zusatzcode" zu definieren und ob jetzt Hashes oder Session-Keys oder was weiß ich nun "Zusatzcodes" sind. Das rührt daher, weil das Patent halt was von "Zusatzcodes" schwurbelt die ausgetauscht werden. Die Kammer argumentiert bei allen Technologien jetzt, dass dort ja nur "hin" aber nicht "hin und her" geschickt würde, und dass das daher jetzt neu ist?
Ist das ernsthaft das Argumentieren dort?
Das Senden von Geheimnissen über einen zweiten Kanal ist jetzt übrigens nicht neu zum Zwecke der Authentifizierung -- das haben schon schon die alten Römer gemacht (s.a. "Codewort").
/edit: Und ich seh gerade noch: Kerberos sehen sie auch als not-prior-art an, weil dort wird ja nicht "hin und her", sondern "hin und weiter und her" gesendet. Alter, ich dreh ab.
am 11.10.2019 13:08
Vorab: ich bin kein Experte für Telekommunikation oder IP-Protokolle. Aber ich habe die Entscheidung der Kammer folgendermaßen verstanden.
Bekannt ist (z.B. bei mTAN), ein "Geheimnis" (mTAN) über das "sekundäre Netz" (GSM) an das Empfangsgerät (Mobiltelefon) zu schicken und dann auf dem Terminal (Homebanking-PC) einzugeben. Dies ist zutreffend im sogenannten "Oberbegriff" des Patentanspruchs definiert und zwischen den Parteien unstreitig.
Nicht bekannt ist, ein weiteres Geheimnis über das "primäre Netz" (Internet) zu senden, dieses auf dem Terminal anzuzeigen, dann erneut einzugeben und schließlich in der Auswertungseinheit (das wäre bei mTAN die Bank, nicht der Browser!) für die Autorisierung der Transaktion zu verwenden. Cookies und ähnliche Codes werden weder angezeigt noch vom Benutzer eingegeben. Beides wird jedoch vom Streitpatent, genauer gesagt vom sog. "kennzeichnenden Teil" des Anspruchs, verlangt.
Aus diesem Grund fällt meiner Meinung nach das mTAN-Verfahren nicht unter das Patent. Meine Meinung wird von den Prüfern (erste Instanz) und von den Richtern ("Beschwerdekammer", zweite Instanz) des Europäischen Patentamts in München und auch vom Bundespatentgericht in München (oberstes Bundesgericht) geteilt. Möglicherweise ist es also unangemessen, von "unfähigen Patentbeamten" zu sprechen.
Ich habe gelesen, dass der Patentinhaber eine Bank in Österreich wegen Verletzung durch mTAN "klagt". Nach meiner Rechtsauffassung wird diese Klage nicht erfolgreich sein, weil mTAN nicht vom Patent geschützt sind.
Beste Grüße aus einem sonnigen München
nmh
am 11.10.2019 13:16
Vielen Dank für diese verständliche Erklärung. Deine anschauliche Beschreibung macht das Ganze doch viel klarer!
Gruß Crazyalex
11.10.2019 13:19 - bearbeitet 11.10.2019 13:25
Danke @nmh für die Ausführungen. Damit macht das alles mehr Sinn und ich nehme meine Kritik an den Patentprüfern und -richtern zurück.
Bleibt die Frage, warum dann trotzdem die Banken so allergisch waren, gleich gegen das Patent Einspruch zu erheben, ein solcher Weg wird doch mE nirgendwo benutzt, oder? Oder würden die Banken gerne Captchas oder so verwenden, dürfen das aber nicht?
/edit: Gerade auf der Patentanmeldung auf der letzten Seite ein Ablaufdiagramm gefunden, das das auch noch einmal deutlich vor Augen führt.
am 11.10.2019 13:33
Danke, das ist nett.
Du hast - völlig zu Recht - durchaus den Finger in eine Wunde gelegt. Man könnte jetzt eine Diskussion über Sinn und Unsinn von Patenten führen. Lieber nicht.
Tatsache ist, dass es bei Patentämtern (wie überall sonst auch) Produktionsdruck gibt, und die Mitarbeiter (beim Europäischen Patentamt EPA gibt es übrigens keine Beamte, weil es keine staatliche Behörde ist) aus Zeitdruck durchaus hin und wieder Patente durchwinken, die es nicht geben darf. Aktuelles Beispiel ist das Patent auf einen "Friseursalon", das das EPA vor einigen Jahren erteilt hat. Uiuiui ...
Tatsache ist auch, dass es eine Menge völlig wertlose Patente gibt. Ich würde das Patent, über das wir hier sprechen, dazu zählen. Das Patent ist mit unsinngen Merkmalen derart stark eingeschränkt, dass fraglich ist, ob der Patentinhaber eine Verletzungsklage damit gewinnen kann. Aber:
Eine weitere Tatsache ist, dass auch solche unsinnige Patente für die Öffentlichkeit eine Gefahr darstellen können. Stell Dir vor, Du bist eine Bank und jemand verklagt (oder in Österreich "klagt") Dich auf Verletzung. Nimmst Du einen jahrelangen Rechtstreit mit ungewissem Ausgang in Kauf, oder denkst Du über eine Einigung nach? Das könnte der Grund sein, warum Banken so nervös reagieren. Es ist nicht Aufgabe der Patentämter, sowas zu prüfen. Ein Patent wird auf alles erteilt, was neu und erfinderisch ist.
So kommt es, dass viele Patente gar nicht mehr gelesen, sondern zwischen Streitparteien außergerichtlich einfach nach Kilogramm oder Zentimeter Papier abgerechnet werden.
An der "schwurbeligen" Formulierung der Beschwerdekammerentscheidung siehst Du, dass das Patentrecht ein kompliziertes Rechtsgebiet ist. Alle Beteiligten geben ihr bestes.
Tja. Ein schwieriges Thema.
nmh