zur Marktlage: Omikron treibt Börsianer vor sich her

[nmh]

Einige Zeilen aus aktuellem Anlass

Die Berichtssaison ist gelaufen, die Geldpolitik bleibt bei hohen Inflationsraten vorhersehbar, so dass die Aktienmärkte im Moment ausschließlich von der berechtigten Angst vor der neuen Variante umgetrieben werden: Auf Delta folgt nicht etwa Epsilon -- das Virus macht im Alphabet gleich den Sprung zu Omikron! Die zunehmenden Sorgen wirken sich belastend auf die Stimmungsindikatoren der Wirtschaft aus, und vor allem bei den Verbrauchern hat sich die Stimmung deutlicher verschlechtert.

Gestern ist der DAX (15 170 Punkte) bei dem Versuch gescheitert, seine 200-Tage-Linie (15 416 Punkte) zurückzuerobern. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass es zumindest in den nächsten Tagen weiter nach unten gehen wird.

Noch ungeklärte Fragen darüber, ob die vorhandenen Impfstoffe wirken, wie ansteckend Omikron ist und welche Krankheitsverläufe mit der neuen Virusvariante einhergehen, lassen die Anspannung an der Börse steigen. Die jüngste Korrektur ist bislang absolut gesund und nicht besorgniserregend. Doch die Stimmung an der Börse ist innerhalb weniger Tage von Euphorie in Angst umgeschlagen, abzulesen auch an Volatilitätsindizes wie dem VDAX (WKN A0DMX9). Wohl dem, der sein Depot mit Put-Optionen abgesichert hat.

Weiterhin tut sich die Politik mit harten Eingriffen schwer. Unterdessen veranstaltet man Fußballspiele mit 50 000 schreienden Fans, die Innenstädte sind voll, hier bei uns werden die eigentlich verbotenen Christkindlmärkte als Außengastronomie getarnt, und die Leute reisen weiterhin unbekümmert durch Deutschland und um die halbe Welt, so dass das Virus fröhliche Urständ feiern und neue Mutationen bilden kann. Man kann nur auf die Einsicht des Virus hoffen, dass es für die eigene Ausbreitung wohl vernünftiger ist, wenn der Wirt nicht zu schwer beschädigt oder gar getötet wird.

Ohne einen harten Lockdown wird es nicht gehen, solange die Impfquote nicht wesentlich höher ist. Doch je länger die Politik damit wartet, desto schlimmer wird diese Maßnahme für die Börsen, wenn sie dann doch kommt. Darin liegt aktuell das größte Risiko für die Kurse. Um es klar zu sagen:

Mit einem neuen Absturz um 40 Prozent, so wie in 2020, rechne ich in den nächsten Wochen nicht. Die Anleger haben die anschließende Erholung noch in Erinnerung und werden bei anhaltender Schwäche rechtzeitig wieder einsteigen und einen sehr starken Einbruch hoffentlich verhindern. Aber ein Rückgang im DAX auf 14 000 Punkte wäre völlig im Rahmen, auch wenn es weh täte.

Es gibt allerdings andere Risiken, die momentan noch niemand auf dem Zettel hat. Aus europäischer Perspektive dürfte 2022 die Präsidentschaftswahl in Frankreich und ein denkbarer Sieg Marine Le Pens im Fokus stehen. Ein solches Ergebnis würde den politischen Zusammenhalt in der EU erneut substanziell schwächen und zudem wichtige Projekte der EU existenziell gefährden. Der erste Wahlgang findet am 10. April 2022 statt. Am 24. April ist ein zweiter Wahlgang vorgesehen. Je nach Stand der Umfragen könnte der Markt das Risiko einpreisen, dass mit einem Sieg der Rechtsextremen die EU, so wie wir sie kennen, auseinanderbricht. Im Vergleich dazu würden wir über die Folgen des Brexits oder über das Glühbirnenverbot nur lachen, und der DAX dürfte sich halbieren.

Immerhin: Sollte sich dieses Szenario (hoffentlich nicht!) bewahrheiten, würde auch der Euro weiter abstürzen und in Richtung Parität (1 Euro = 1 USD) laufen. Das wäre gut für die amerikanischen Aktien in Eurem in Euro geführten Depot.

Und es gibt weitere geopolitische Risiken. Die Situation in der Ukraine (Russland), die Taiwan-Frage, oder auch Cyberangriffe in großem Stil, bei denen die Lahmlegung von kritischer Infrastruktur eines ganzen Landes oder einer Region gelingt. Die Folge könnten analog zur Finanzkrise im Jahr 2008/2009 massive Störungen im Welthandel oder im weltweiten Finanzsystem sein.

Aus diesen Gründen ist eine Absicherung, so wie ich sie hier empfohlen und im Detail erläutert habe, auch weiterhin wichtig. Nur Hellseher dürfen ohne Stoppkurse anlegen -- oder wenn Ihr eine Gelddruckmaschine habt. Ich gehe weiterhin davon aus, dass die meisten Stoppkurse, die ich für langfristige Trendaktien empfohlen habe, halten werden.

Beispielsweise ist gestern die Adobe-Aktie um fast zehn Prozent eingebrochen. Blickt man jedoch auf einen logarithmischen Chart, der die letzten zehn Jahre zeigt, fällt der Absturz nicht weiter auf. Der Stoppkurs lag bisher bei 490 Euro. Sicherheitshalber würde ich der Aktie etwas mehr Luft zum Atmen geben und den Stoppkurs ausnahmsweise leicht absenken auf 465 Euro, also unter die 200-Tage-Linie und unter den Tiefpunkt Anfang Oktober. Das Absenken von Stoppkursen ist eigentlich eine Todsünde, aber in diesem Fall durch die erhöhte Volatilität bei der Aktie gerechtfertigt.

Es bleibt holprig. Ich wünsche Euch trotzdem auch weiterhin viel Erfolg, und was noch wichtiger ist: viel Spaß an der Börse.

Einen schönen zweiten Advent

und beste Grüße aus einem schneematschigen München

nmh

[huhuhu]

---

@isi1969  schrieb:

....egal...

---

@isi1969 

ich glaube das war eine sehr gute Entscheidung !

Paß auf Dich auf.

P.hu

[isi1969]

🤗

Und du auf dich.

[dandelion]

---

@codiO  schrieb:

Die Omikron-Panik ist in gut ollt Dschörmeni natürlich hoch. Aber wir haben sowieso einen Angstfetisch. 

Sehen das denn die Amis genauso? Was ich da so an Nachrichtenlage mitbekomme, scheint man dort hinsichtlich Corona nicht ganz so panisch veranlagt zu sein, einige Bundesstaaten tun gleich so, als wäre schon alles vorbei.

---

@codiO ich kann die -8,X % bei Adobe und andere Korrekturen nicht mit German Angst in Verbindung bringen, so einflussreich sind die deutschen Anleger nicht und der DAX spielt weltweit auch keine Rolle.

Die neuste Variante wurde weltweit eingepreist und ich gehe davon aus, der Markt reagierte hochsensibel. Omikron "passt" einfach in die Zeit. Ich bin optimistisch, was Einkaufsmöglichkeiten angeht. Von daher werde ich ein paar langweilige Posten verkaufen und neue Werte günstig an Bord nehmen, ggf ETFs.

Meine Frage hier in die Runde ist, hat jemand News zur Börse in Israel? Seit Mitte letzten Jahres beobachte ich Israel in Bezug auf deren Covid-Maßnahmen, denn kein anderes Land muss so sehr aufpassen. 

*****************************

edit & Nachtrag: https://www.rwi-essen.de/unstatistik/121/

Lesenswert, faktenbasiert und jenseits von dubiosen Quellen. Der/m eiligen Leser/in empfehle ich die 6 Zeilen unten im Fazit. 

[Joerg78]

Danke an @nmh für diesen Beitrag - und v.a. auf das aufmerksam Machen auf die möglichen Risiken in 2022 (Frankreich-Wahl), die - wie du auch geschrieben hast - so kaum jemand auf dem Schirm hat.

Viele Grüße,

Jörg

[Zilch]

@nmh danke für den interessanten Beitrag. 

Ich gehe davon aus, dass Omikron weiterhin für Volatilität sorgen wird. Vorbörslich sind alle Indizes gerade grün. Wer weiß wie lange.

Ich bin überrascht, wie manche hier von freigewordenem Geld durch Stops sprechen. Bei mir ist noch keine einzige Sterneaktie ausgestoppt worden. Andere Aktien schon vor Wochen. Setzt ihr so eng?

Auch kann ich nicht behaupten, dass Deutschland oder Europa Negativtreiber und USA die "Coolen" sind. Wie letztes Jahr ärgere ich mich sobald die US-Börsen aufmachen, denn ein guter Tag an dem gute Aktien 3 oder 4% im Plus liegen sind um spätestens 17 Uhr mit 4 oder 5% im Minus. Vor allem wenn die USA dazukommt herrscht Weltuntergangsstimmung und Ausverkauf. Die sind diejenigen, die hauptsächlich die Kurse nach unten treiben. Kann man tagtäglich beobachten. 

[hvd]

Ja, in der letzten Woche ging es an den Börsen turbulent zu. Das runter - rauf- runter -rauf hat die Stimmung der Anleger verändert. 

War vorher die Stimmung bullish und auf Jahresendrallye ausgerichtet, macht sich jetzt Unsicherheit bemerkbar.

Einige haben Aktien durch Stops verloren. Warum sie sich freuen, weiß ich auch nicht.

Andere haben wieder schnell nachgekauft. 

Ob die Turbulenzen an den Märkten nur durch Omnikron ausgelöst wurden, kann sein, muss aber nicht und nicht ausschließlich.

Zum Ende des Jahres kommt es häufig zu größeren Kursveränderungen.

2020 war das  Anfang November und zu Anfang des Jahres. 

Da war von Omnikron noch nicht die Rede. 

Gründe für die aktuelle Situation können auch sein

window dressing - was Fondsmanager gerne betreiben

Depotstrukturbereinigung 

Massive Verkäufe durch Großanleger

In den letzten Tagen haben nämlich  Musk und Nadella große Aktienpakete von Tesla bzw. Microsoft  verkauft. Grund dafür ist wohl ein neues Gesetz, das eine Besteuerung auf den Bestand von Aktien vorsieht.

Keiner ist Hellseher , wie sich die Märkte kurzfristig entwickeln. In letzter Zeit haben sich die Märkte nach einem Kurseinbruch schnell wieder erholt und sind in diesem Jahr fulminant gestiegen. 

Profis und Privatanleger, die keine Stops setzen, sind weder Anfänger noch Hellseher. Sie  sind Langfristanleger, die kurzfristige Schwankungen einfach aussitzen. Das hat in den letzten Jahren bestens funktioniert. 

---

@Zilch  schrieb

Auch kann ich nicht behaupten, dass Deutschland oder Europa Negativtreiber und USA die "Coolen" sind. Wie letztes Jahr ärgere ich mich sobald die US-Börsen aufmachen, denn ein guter Tag an dem gute Aktien 3 oder 4% im Plus liegen sind um spätestens 17 Uhr mit 4 oder 5% im Minus. Vor allem wenn die USA dazukommt herrscht Weltuntergangsstimmung und Ausverkauf. Die sind diejenigen, die hauptsächlich die Kurse nach unten treiben. Kann man tagtäglich beobachten. 

---

@Zilch 

Deine Beobachtung stimmt für die letzte Woche.

Ansonsten haben Dow und Nasdaq besser performt , vor allem langfristig. 

Einfach mal nachschauen.

Zudem hat sich der Euro um 8%  gegenüber dem Dollar abgeschwächt, was Anleger freut, die in amerikanischen Dividendenaristokraten bzw. - königen investiert sind . Sie haben nämlich nicht nur eine gestiegene Dividende kassiert , sondern obendrauf 8% Devisenzuschlag. 

[TeePee]

---

@Zilch  schrieb:

Auch kann ich nicht behaupten, dass Deutschland oder Europa Negativtreiber und USA die "Coolen" sind. Wie letztes Jahr ärgere ich mich sobald die US-Börsen aufmachen, denn ein guter Tag an dem gute Aktien 3 oder 4% im Plus liegen sind um spätestens 17 Uhr mit 4 oder 5% im Minus. Vor allem wenn die USA dazukommt herrscht Weltuntergangsstimmung und Ausverkauf. Die sind diejenigen, die hauptsächlich die Kurse nach unten treiben. Kann man tagtäglich beobachten. 

---

Eine These hierzu:

https://www.lynxbroker.de/boerse/boerse-kurse/boerseninfo/boerse-aktuell/?a=3355991609&utm_medium=re...

[Zilch]

---

@hvd  schrieb:

---

---

@Zilch 

Deine Beobachtung stimmt für die letzte Woche.

Ansonsten haben Dow und Nasdaq besser performt , vor allem langfristig. 

Einfach mal nachschauen.

---

Die Beobachtung stimmt für die letzte Woche und für Phasen in 2020. Ich spreche nicht von Indizes, die durch Umschichtung und Co generell weniger schwanken, sondern von einzelnen Aktien. Und DAS kann ich tagtäglich im Depot beobachten. Gute Werte steigen über den Tag und am Abend sind die plötzlich im Minus. Diese Aktien hast du natürlich nicht im Depot oder auf der Watchlist, aber es ist eine reale Beobachtung tagtäglich im Depot. Völlig egal wie der übergeordnete Index performt, denn der interessiert mich nur wenn ich in diesem als Ganzes investiert bin. Ansonsten zählen für mich die einzelnen Aktien im Depot 😉

Und hier zeigt sich: Amerika ist nicht nur der Treiber, wenn alles auf Greed steht, sondern auch ganz oben, wenn alles auf Fear eingestellt ist. Und während Europäer noch Hoffnung haben, so sind Amerikaner in Panik und verkaufen schlichtweg alles.

Edit: Ich bin deswegen noch nicht besorgt. Keineswegs. Microsoft, Adobe, etc pp - alles super Unternehmen mit langfristigem Aufwärtstrend, der noch nicht gebrochen ist. Es ist nur eine Beobachtung, dass die Amis insgesamt eben Hauptverantwortlich für "Fear" sind. Aus welchen Gründen auch immer. Und das lies sich letztes Jahr schon beobachten, bzw. als Delta kam.

---

@hvd  schrieb:

Zum Ende des Jahres kommt es häufig zu größeren Kursveränderungen.

2020 war das  Anfang November und zu Anfang des Jahres. 

Da war von Omnikron noch nicht die Rede. 

---

Da habe ich übrigens ganz gut verdient, dafür kam eine andere Korrektur.

Es ist derzeit einfach viel los - das kann man aussitzen, wie du, oder eben nicht. Aber solange meine Stops sowieso noch weit entfernt sind mache ich mir über sowas keine Gedanken und schaue ganz simpel nicht stündlich ins Depot. Bring eh nichts 🙂

[KeepMoving]

---

@Zilch  schrieb:

Ich bin überrascht, wie manche hier von freigewordenem Geld durch Stops sprechen. Bei mir ist noch keine einzige Sterneaktie ausgestoppt worden. Andere Aktien schon vor Wochen. Setzt ihr so eng?

---

Hey @Zilch ,

nein, keine engen Stops.

Bei mir liegts bisher einzig an den Zahlungsdienstleistern, die kollektiv auf die Mütze bekommen haben.

Bis vor ~2 Wochen wurde bei mir in 1,5 Jahren noch gar kein Stop erreicht. Jetzt 3 Zahlungsdienstleister innerhalb 10 Tage oder so.

War nicht das Jahr dieser Branche.

Grüße

KM

[Zilch]

@KeepMoving wo du gerade Branche sagst...

Der Beitrag von @TeePee ist ganz gut geschrieben, bin mir aber nicht sicher ob das nun der Hauptgrund für die Volatilität ist.

Das kann ich auch nicht ohne Aufwand überprüfen, dafür müsste ich Shortquoten herausfinden etc.

Aber ich sehe auch heute, dass der DAX auf 15400 Punkte steigt und andere Indizes auch, und mein Depot federn lässt. Coronagewinner und Tech werden wieder abgestraft, dafür hat man bei Airbus und Banken und sowas große Zuwächse.

Mein Beileid übrigens für Biontech Aktionäre 😞

Wo ist der Beitrag von @nmh zur Sektorrotation? Mir kommt es nämlich so vor als würde gerade wieder massives umschichten stattfinden. Unsere Lieblinge korrigieren auch in Anbetracht von Corona und den Folgen wie Zinspolitik etc, könnten aber danach gemütlich ihren übergeordneten Trend fortsetzen. Sicher ist nur das Amen in der Kirche, klar. 

Was denkst du @nmh?