12.09.2020 21:18 - bearbeitet 12.09.2020 21:21
Hallo zusammen,
Meine Zwillinge schlafen nun, sodass ich endlich Mal dazu komme hier zu schreiben.
Ich habe Mal eine Verständnis Frage und hoffe, dass ich hier richtig bin und sie hier stellen kann - aber da es auch um jetzige Kurse geht, bin ich da guter Hoffnung 🙂 also los geht's:
Es wird ja empfohlen mit Hilfe der Stopkurse unterhalb des GD200 die Reißleine zu ziehen. Aber: Bei bestimmten Werten, wie z.b. Apple , Microsoft, Adobe, Sartorius, MasterCard (ich nenne diese exemplarisch, da ich sie besitze), ist der Trend über die letzten zehn Jahre stets positiv und man erhofft sich ja, dass dieser Trend weiterhin in Zukunft Bestand haben wird ( meine Gedanken dazu: "Zeitraum schlägt Zeitpunkt", "wieso sollte eine Aktie ihren Trend verlieren, nur weil ich sie jetzt gekauft habe" etc.).
Zieht man dann quasi die Reißleine, um wieder günstiger einzusteigen ? Oder geht man davon aus , dass dann irgendetwas fundamentales mit dem Wert nicht stimmen kann, sobald er diesen Punkt erreicht (das kann ich mir bei den oben genannten Werten/Unternehmen nicht wirklich (zurzeit) vorstellen). Denn an sich will ich diese Werte ja über mehrere Jahre halten ("wir sind keine daytrader sondern investieren langfristig" ). Die Zitate habe ich in etwa so bei @nmh und @Zilch aufgeschnappt, sodass mich insbesondere eure Meinung dazu interessieren würde.
Ich hoffe , ihr könnt meine (Anfänger)-Gedanken nachvollziehen und ein wenig Licht ins Dunkel bei mir bringen 🙂
Vielen Dank wie immer vorab allen für ihre Antworten
am 12.09.2020 21:48
Hey @Chris81 Ich bin am Tablet deshalb eher kurz: Stopkurse unterhalb der GD200 aus zwei Gründen: im Crash wie jetzt bei Corona geht es weit unter die GD200, das kommt aber zum Glück nicht gerade alle 2 Wochen vor, und der Stop schützt dich vor zu großen Verlusten und ermöglicht bei Erholung einen Einstieg. Ansonsten ist ein Trend meistens vorbei wenn die GD200 von oben nach unten durchbrochen wird. Das passiert in der Regel langsam, sodass du darauf vorbereitet bist. Und schützt dich davor zu lange an einer Aktie festzuhalten weil du denkst die kommt schon wieder. Der Abstand weil eine Aktie auch mal stärker korrigiert oder Stopkurse kurz über, an oder kurz unter der GD200 abgefischt werden und eine Kettenreaktion auslösen können. Deshalb, um sicher zu sein dass es wirklich der Trend ist der gebrochen ist und nicht ein Scharmützel, der Abstand.
Grüße!
13.09.2020 07:59 - bearbeitet 13.09.2020 08:57
Guten Morgen @Zilch & und wie immer vielen Dank für deine schnelle Antwort,
ich habe mir den 3 Jahres Chart von Apple angeschaut. Demnach wäre man bei Apple (abgesehen von der Corona Zeit) ein paar Mal ausgestoppt worden, da der Kurs unter dem GD 200 war (je nachdem wo man den SL gesetzt hätte). Oder?
Oder anders formuliert , es kann passieren, dass man sich von dem Wert / der Aktie , von der man überzeugt ist und die mehrere Jahre bereits einen positiven Trend hat, trennt, um (vielleicht) später wieder einzusteigen?
Ah und eine zweite Frage hätte ich noch:
Wie werden die Kurse gebildet/ wie entstehen diese (klar: Angebot und Nachfrage )? Ist es für einen Wert leichter sich im niedrigen Bereich zu verdoppelt , z.b. von 20euro auf 40euro als im oberen (z.b. von 200 auf 400).
Sorry , wenn meine Fragen vielleicht für einige/ für euch blöd klingen, aber ich versuche mir alles zu erklären bzw nachzuvollziehen.
Falls ihr gute Literatur dazu habt, so bin ich auch da für jeden Tipp dankbar.
Vielen Dank und schönen Sonntag euch allen
am 13.09.2020 08:36
Hey @Chris81
anbei der Chart:
Chart Apple 5 Jahre
Nehmen wir an du wärst Chartanalyst und wärst im September 2016 eingestiegen, nachdem die GD200 von unten nach oben durchbrochen wurde und dort eine bestimmte Zone verlassen hätte.
Einstiegskurs ca. 24,80€.
Das erkennst du daran, dass die GD200 von unten nach oben durchbrochen wurde. Dann beobachtest du und siehst dass es ansteigt, bis an etwas über 5% über die GD200. Das ist so in etwa die Zone in der du sagen kannst ob es nur ein aufbegehren ist oder nicht. Der Kurs drehte, du hältst die Füße still denn wenn ein aktiver Trend da ist kannst du auch noch warten bis weitere 2% oder 3% zugelegt werden. Irgendwo zwischen 5% und 10% (bzw. RSL von 105 - 110) ist in etwa die Zone in der man sich überlegen könne einzusteigen.
Niemals von FOMA leiten lassen (Fear Of Missing Out). Langfristig gedacht sind diese 2% wurscht. Also, es wäre noch mal runtergegangen, dann schön hoch, das Signal für dich zu kaufen.
Ausstieg wäre gewesen Februar 2018 bei ca. 33,50€. Das sind 35% Gewinn je Aktie.
Danach wird es, wie du richtig sagtest, holprig.
Rein theoretisch bei 36,15€ im Februar 2018, raus bei ungefähr 37,79€ - immerhin 4,5%.
Rein bei April 2019 bei ca. 42,50€ und dann hängt es von deinem Stopkurs ab. Ich hätte den Stopkurs wahrscheinlich etwas tiefer gelegt weil die GD200 relativ horizontal/seitwärts verläuft, aber der langfristige Trend aktiv ist. Ich hätte den bei meinem ursprünglichen EK im Februar 2018 angesiedelt, in etwa 36,08€. Wenn es darunter gegangen wäre, wäre kein Aufwärtstrend mehr da. Der Stop wäre nicht gerissen worden, und danach selbst im Crash nicht. Der Kurs ist komischerweise nicht gerade viel unter die GD200 gelaufen, das heißt man wäre jetzt immer noch in Apple investiert. Seit 2019 bei ca. 42,50€ und inzwischen bei 94,30€ - immer noch ein Plus von 122%. Dich würde die jetzige Korrektur auch nicht jucken, Stopkurs wäre ungefähr im Bereich 60,67€ - was für dich am Ende immer noch 43% Gewinn pro Aktie bedeuten würde.
Das ist alles langfristig gedacht, mit wenig Aufwand. Du könntest genausogut deine Gewinne mitnehmen, Korrektur abwarten, neu einsteigen. Geht auch. Das ist dann eben aktives eingreifen.
Zu deiner Frage bezüglich der Kurse: Ganz genau, Angebot und Nachfrage.
Hier oder hier oder hier eine Erklärung der Börse Stuttgart dazu.
Zur Verdoppelung: 100% Zunahme sind 100% Zunahme, egal ob von 1€ oder 1.000€ 😉 2% von einer NVidia mit 400€ sind eben 8€ Schwankung, während 2% von einer Nel Asa mit 2€ gerade mal 0,04€ ausmacht.
Investierst du 1.200€ hättest du bei NVidia bei 2% Steigerung 24€ mehr in der Tasche.
Bei Nel Asa wären es - 24€. Wenn die kleine Nel ASA Spielball von Spekulanten wird dann ist es natürlich wahrscheinlicher, dass du 50% oder 150% anstatt der 2% machst, aber ebenso ist es wahrscheinlicher dass du -50% machst und du sehr schnell mal eben dein Kapital halbierst.
Es ist abhängig vom Unternehmen, nicht vom Kurs des Unternehmens. Für dich als langfristiger Anleger ist es zudem völlig egal - du investierst, du spekulierst nicht. Du setzt darauf, dass dein Unternehmen seine 20+% p.a. macht und gut ist.
Gute Literatur gibt es zuhauf, ich glaube es gibt hier sogar einen Thread zu dem Thema.
Schönen Sonntag! 🙂
am 13.09.2020 10:48
Der gute @Zilch hat eigentlich schon alles erklärt, aber vielleicht noch eine kurze Ergänzung für dich @Chris81 : Gehe bitte nicht davon aus, dass Aktien immer steigen, wenn man nur lange genug wartet – das ist leider ein Trugschluss. Selbst dann, wenn Unternehmen wie Apple oder Microsoft momentan unverwundbar wirken.
Es kann durchaus sein, dass Apple in ein paar Jahren wieder genauso unsexy ist, wie sie es vor 20 Jahren waren. Damals war übrigens Cisco nach Börsenwert das teuerste Unternehmen der Welt und der absolute Kracher im Tech-Sektor. Heute ist vom damaligen Kurs nicht einmal mehr die Hälfte übrig...
Ein Stopkurs hilft dabei, sich emotional nicht allzu sehr eine Aktie zu binden. Für Gefühle ist am Markt leider nur sehr bedingt Platz ![]()
am 13.09.2020 11:00
@Chris81 :
Danke für Deine Frage. Der sehr guten Antwort von @Marin kann ich nicht viel hinzufügen. Außer: Wie ich schon sehr oft geschrieben habe, sollte man Stopkurse nicht stur unterhalb der 200-Tage-Linie installieren. Diese Linie ist eines von mehreren Kriterien für die Wahl der richtigen Stopkurse. Man braucht sehr viel Erfahrung dazu. Am besten orientierst Du Dich also zunächst an den Stopkursen, die ich in der Community vorschlage.
Weiterhin viel Erfolg!
Beste Grüße aus einem spätsommerlichen München
nmh
13.09.2020 11:28 - bearbeitet 13.09.2020 11:30
Sehr schönes Beispiel @Marin, genau das meinte ich in meinem Beitrag mit "schützt davor zulange an einer Aktie festzuhalten". Perfekt getroffen, wundervolles Beispiel genannt.
Wie @nmh Immer schön sagt: es wird viel Geld verloren weil man zu emotional an einer Aktie hängt, weil man sich verliebt, und weil man denkt "die kommt schon wieder, das Unternehmen ist doch gut!". Wenn der Markt das nicht so sieht kauft die keiner und der kurs stagniert. Sie entwickelt sich schlechter als der Markt - relative Schwäche, die nichts im Depot zu suchen hat. Denn man bedenke immer: mit Stop verkaufen schafft Kapital für bessere Aktien und wenn die eine Aktie wirklich irgendwann wieder kommt kann man wieder neu investieren - wenn man denn dann überhaupt noch möchte 😉
@Chris81 in den vielen Beiträgen von @nmh ist es sehr schön beschrieben und ausführlich erklärt. Lesen und bei Fragen diese stellen. Man verspricht dir nicht erfolgreich zu sein, aber ich würde behaupten die Wahrscheinlichkeit erfolgreich zu sein ist höher als auf eigene Faust zu versuchen. Beweisstück A) Meine Schwiegermutter 😄
13.09.2020 11:35 - bearbeitet 13.09.2020 12:01
13.09.2020 11:35 - bearbeitet 13.09.2020 12:01
...und zudem ist weniger Geld zu gewinnen immer noch besser als Geld zu verlieren ![]()
Gruß Crazyalex
Edit: Schei* Autokorrektur!
13.09.2020 11:51 - bearbeitet 13.09.2020 11:53
13.09.2020 11:51 - bearbeitet 13.09.2020 11:53
Hallo euch allen und vielen Dank für die Antworten,
Ich bin bloß ins Grübeln gekommen als ich mir den Chart von Apple angeschaut habe. Da dort ab und an der Wert knapp unterhalb des gd200 wieder nach oben korrigiert hat. Für mich als Anfänger ist es schwierig einzuschätzen, wann der Wert z.b. wieder nach oben korrigiert, wenn dieser durch den SL ausgestoppt wurde. Zumal das hier wirklich unmittelbar geschah. Es kann sein, dass der Stopkurs ausgelöst wird und kurz darauf dreht der Trend wieder nach oben. Wenn man dann wieder einsteigen will, dann steigt man zu einem höheren Kurs ein als man durch den SL verkauft hat (oder sehe ich das falsch?) Naja, Mal schauen ... Einfach Erfahrungen sammeln und zum Glück gibt es euch, welche ihren Erfahrungsschatz mit Anfängern wie mir teilen 🙂
Eine weitere Frage , die ich in dem Zusammenhang habe: Wonach entscheidet ihr, ob ihr bloß einen SL einrichtet oder "aggressiv" ein paar Prozentpunkte unterhalb eines Hohs den Wert verkauft. Gibt es da auch Kriterien nach denen man sich richten kann? Das wäre jetzt bei Apple auf den ersten Blick lukrativ gewesen, wenn man bei etwa 100 bis 105 euro verkauft hätte (also etwa 10 Punkte unter dem Hoch der Aktie) und gegebenenfalls später eingestiegen wäre. Wahrscheinlich ist das aber noch zu kompliziert für mich als Laie und es ist einfacher mich strikt an die SL zu halten und somit meinen Gewinn mit dem positiven Trend des gd200 wachsen zu lassen.
am 13.09.2020 12:10
@Chris81 schrieb:Hallo euch allen und vielen Dank für die Antworten,
Ich bin bloß ins Grübeln gekommen als ich mir den Chart von Apple angeschaut habe. Da dort ab und an der Wert knapp unterhalb des gd200 wieder nach oben korrigiert hat. Für mich als Anfänger ist es schwierig einzuschätzen, wann der Wert z.b. wieder nach oben korrigiert, wenn dieser durch den SL ausgestoppt wurde. Zumal das hier wirklich unmittelbar geschah. Es kann sein, dass der Stopkurs ausgelöst wird und kurz darauf dreht der Trend wieder nach oben. Wenn man dann wieder einsteigen will, dann steigt man zu einem höheren Kurs ein als man durch den SL verkauft hat (oder sehe ich das falsch?) Naja, Mal schauen ... Einfach Erfahrungen sammeln und zum Glück gibt es euch, welche ihren Erfahrungsschatz mit Anfängern wie mir teilen 🙂
Ja, es kann durchaus sein, dass der Wiedereinstiegskurs über dem SL liegt. Aber jetzt kommt der Clou an der Sache: Als dein SL gegriffen hat, bist du (hoffentlich) mit Gewinn ausgestiegen. Und wenn du wieder einsteigst, folgen (hoffentlich) wieder Gewinne, da du ja in einen positiven Trend investiert hast. Sprich: Du hättest keinen Verlust gemacht, dafür aber in beiden Investititionsphasen einen Gewinn.
Verluste zu begrenzen ist mindestens genauso wichtig wie Gewinne zu machen (eher noch wichtiger...). Oder um es mal an einem abstrakten Beispiel zu verdeutlichen: Eine Fußballmannschaft stellt auch nicht 11 Stürmer auf, obwohl dann die Chance am größten wäre, am meisten Tore zu erzielen ![]()
Ich würde auch nicht unbedingt Apple als Beispiel nehmen. Was da momentan abgeht, ist rational eigentlich nicht zu erklären und auch nicht wirklich repräsentativ dafür, wie sich der Markt normalerweise verhält.