am 26.01.2022 16:51
Worauf ich schaue, ist nicht, was über bestimmte Entwicklungen gesagt wird, sondern wer und wie es gesagt wird. Das hängt von meinem Hintergrund ab, bin Geisteswissenschaftler und habe die Diskursanalyse intensiv kennengelernt. Das hilft mir dahingehend, dass hinter jeder Entscheidung / Empfehlung Menschen stehen. Mir ist es nicht so wichtig, was jemand sagt, sondern wie er über eine Sache spricht und in welchem Kontext diese Aussage steht. Auch bei Zielgruppen ist es so. Das hat einen relativ simplen Grund: Das, was ein Mensch sagt, ist nur die Folge bestimmter Dispositionen und situationsbezogener Faktoren. Ich versuche also immer, einen Schritt "nach hinten" zu blicken, was steht hinter bestimmten Äußerungen.
Das hat mir bisher geholfen, auch weil ich keine Lust habe, mich mathematisch auseinanderzusetzen oder die Technische Analyse zu vertiefen - die langweilt mich völlig und jeder kann da sonstwas hineininterpretieren, daher ist es für mich spannender, zu gucken, "wer" interpretiert.
Interessanter Ansatz, über den ich gerne mehr erfahren würde. Kannst du es an einem Aktienbeispiel aufzeigen?
Hab 3 Beispiele, die vielleicht dazu passen.
Varta: Hier frage ich mich, warum die schon so lange im Aktionär, u.a. von Alfred Maydorn so gepusht wird. Es gibt, dann immer mal Gerüchte, aber ob das wirklich so ist, oder einfach eine große Überzeugung vorliegt, konnte ich für mich nicht beantworten. Er macht sich selbst viel in seinem Brief kaputt, durch dieses Pushen von immer wieder dieser Aktie; vielleicht ist es einfach ein Rechthabenwollen - keine Ahnung.
Biontech: Im letzten Jahr sind zahlreiche Bekannte hier eingestiegen. Hier habe ich, dann Eckdaten bis 2018 gesammelt, und dann war für mich die Entscheidung für eine Investition nicht gegeben. Meine Entscheidung war dann nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern eher aus Interpretation, wie ich glaube dein Vorgehen zu verstehen.
Proffe Börsenbriefe: Im Jahr 2021 wurde alles immer noch teurer, und insbesondere im Trader-Brief immer noch riskanter. Aber auch in Trend oder Newcomer, keine Rücklagen, selbst wenn Scheine schon so lange gestiegen sind oder sehr schnell gestiegen sind, wo es zu erwarten war, dass es auch mal deutlich runter gehen muss. Auch hier Frage ich mich was dahinter steht, welche Gründe dies sein könnten. Ist das persönlicher Ehrgeiz, noch schneller Erfolge; geht man davon aus, dass es doch mal zu längeren Seitwärtsphasen kommen könnte und will es vorher nochmal wissen, möglichst viel rausholen; keine Ahnung.
am 26.01.2022 17:19
Wenn ich mit meiner eigenen Strategie nicht wenigstens einmal durch Dick und Dünn gehen wollte sondern bloß Nutzen, Aufwand und Risiko abwägen würde, dann könnte ich durchaus auch auf eine passive Anlagestrategie verfallen und damit in Frieden leben, obwohl die aktive bei mir bisher insgesamt funktioniert hat.
Gruß: KWie2
Danke dir für die Informationen zu deinem Vorgehen.
26.01.2022 17:25 - bearbeitet 26.01.2022 17:28
26.01.2022 17:25 - bearbeitet 26.01.2022 17:28
Ich gehe für eigene Aktivitäten so vor, dass ich mir eine These für die nächsten Monate aufstelle, nach der ich dann agiere.
Das hat schon gut geklappt, diesmal leider lag ich voll daneben.
Hintergrund
Dez 20- zirka 18. Feb 2021 (bin nicht mehr ganz sicher, ob ich richtiges Datum), lief es super für Wachstumsaktien und China; dann kamen große Umschichtungen; danach liefen Trendfolger.
Nach dem Fall Ende Sept 2021-Anfang Okt 21 sind die Trendfolger hoch geschossen und bis dann der miese Omnikon-Freitag Ende Nov kam. Ich hatte mir dann die These gestellt, dass es vielleicht keine große Weihnachtsrallye geben würde, aber zumindest bis 03. Januar das Windows-Dressing mit Zukauf der Topwerte 21 von den Fonds. Danach wieder etwas Abverkauf, aber im Januar würde es anziehen (saisonal zirka 50:2 Chance) und in der ersten Februar wollte ich aus allem an Kos und einigen OS raus - Windows-Dressing traf zwar ein, das andere war mal eine vollkommene Fehleinschätzung, für die ich bluten durfte.
2022
Um mein Börsenjahr 2022 zu retten, habe ich mir eine neue These aufgestellt:
Ich gehe davon aus, dass das Tief bald erreicht ist. Vorausgesetzt, die Fed nervt heute Abend nicht. Es könnten aber kurzfristig extreme Ausschläge nach unten kommen, z. B. Cyber-Sec, Blackout, polit. Konflikt.
Ich bin davon überzeugt dass Tec sich erholt. Zumindest Tec, bei denen es gut läuft und KGV nicht zu hoch ist. Ich glaube, dass auch hier einige neue Höchststände erreichen werden. Das kann in 2-4 Monaten so sein, oder aber erst eine Rallye am Ende des Jahres.
Ich werde dementsprechend mein Grundsatz brechen und auch in mein Aktiendepot einige KOs holen, allerdings mir großem Abstand 2-2,5 Faktor (damit mir zumindest in dem Depot nicht wieder vieles ausgeknockt wird), und die dann lange liegen lassen, vielleicht bis Ende 22.
Auswertung muss ich noch machen, Watchlist für 2-2,5 Faktor wären u.a. Alphabet, Accenture, Intuit, Adobe, Microsoft, auch Nvidia, AMD, Netflix (bei denen 3 eher Erholungspotential, als baldige Höchststände)...
Aber erstmal heute Abend abwarten...
Wer Lust hat, gerne eigene Thesen oder meine verwerfen.
am 02.02.2022 12:14
Hi,
ich weiß gar nicht, ob ich dazu so viel sagen kann. Was eine Diskursanalyse ist, findet man ganz gut im Internet.
Es gibt mehrere Methoden, so eine Analyse durchzuführen. Im Kern geht es aber immer um die Erfassung von Handlungsmustern und Deutungskategorien.
Wenn ich z. B. eine Empfehlung von DER AKTIONÄR bekomme für eine Aktie (ddie teilen ja ziemlich viel auf FAcebook), dann gucke ich mir erstmal die Mitteilung an. Klar. Dann suche ich nach weiterführenden Infos zu dem empfohlenen Unternehmen. Dann gucke ich aber weniger auf fundamentale Werte, sondern vielmehr darauf, welche Leute über die Aktie sprechen, welche Motive herauszulesen sind, wie die Produkte oder Leistungen des Unternehmens in gesellschaftliche Entwicklungen einzuordnen sind, wo sie anknüpfen, wo es vielleicht Bewusstseinsprobleme von möglichen Zielgruppen gibt usw.
Bei der Diskursanalyse geht man auf eine Metaebene und schaut AUF die Dinge, man bewegt sich nicht zwischen ihnen hin und her. Es gibt ja kollektive Bewusstseinsinhalte. Die kann man so ganz gut erfassen. Auch Vorstellungen von Zukunft etc. Da kann man sich dann ja mögliche Tendenzen ableiten und entsprechend das Potential des Unternehmens einschätzen.
Ich glaube, Kostolany soll gesagt haben, man solle, wenn man investieren will, Psychologie studieren, nicht Wirtschaft. Da bin ich mir aber nicht sicher. Finde die Aussage aber treffend, weil hinter allen Berechnungen, Analysen und Entscheidungen Menschen stehen mit einem von der Gesellschaft geprägten Bewusstsein. Kenne ich also Kultur / Gesellschaft, kenne ich den Menschen, der sich eben nicht auf seine Einzigartigkeit zurückziehen kann.
Und jede mathematische Berechnung von möglichen Risiken ist auch nur die Folge eines entsprechenden Risiko-Bewusstseins.
In der Empehlung von DER AKTIONÄR kann ich dann ja z. B. auch schauen, wovor der Tippgeber warnt. Vielleicht sagt er, dass das Marktumfeld noch wackelig ist. Dann schaue ich mir die Entwicklungen des Marktes an, aber v. a. die Meinungen darüber, und diese in Relation zu gesellschaftlichen Werten und Normen.
Naja, vielleicht hilft dir das ein wenig.