11.07.2017 19:48 - bearbeitet 26.04.2025 11:19
Küss die Haaaand, schöne Frau, verehrte Leserin (jaaaaa, die Leser dürfen sich auch angesprochen fühlen),
wir hatten ja hier in der Community schon einige Tips & Tricks zur Rückforderung ausländischer Quellensteuer. Fehlt noch das Lieblingsland von uns allen: Die Alpenrepublik Österreich. Tu felix Austria! (gemeint ist Herr Baumgartner, 2012 wars...)
Bekannte und beliebte Aktien kommen aus Österreich. Kräne von Palfinger (deutsche WKN: 919964), Catering u.a. in der Allianz-Arena von Do&Co (915210), Logistik und großzügige Dividenden von der Ösi-Post (A0JML5), Fasern von Lenzing (852927), Ziegel von Wienerberger (852894), Benzin von OMV (874341), Feuerwehrautos von Rosenbauer (892502), Kartonagen-Verpackungen von Mayr-Melnhof (890447), Maschinen von Andritz (632305), feuerfestes Baumaterial von RHI (874182), Versicherungen und großzügige Dividenden von uniqa (928900), Dividenden von Buwog (A1XDYU) ... all das sind attraktive Aktien.
Aber der Österreicher, wie er so ist (oh ja, @Pramax!), zwackt von den teilweise sehr hohen Dividenden erst mal 25 Prozent Quellensteuer ab. Die "hebt er ein". Davon werden wie üblich in Deutschland nur 15 Prozentpunkte angerechnet. Die restlichen 10 Prozent holen wir uns in Österreich zurück: genauer gesagt, im Burgenland.
Und das geht sogar relativ einfach.
Ihr benötigt zunächst ein Formular, das man unter seiner Bezeichnung "ZS-RD1-PDF" im Internet findet, beispielsweise hier. Nachtrag April 2025: seit einigen Jahren gilt ein anderes Formular, siehe unten.
Pro Kalenderjahr füllt Ihr ein solches Formular aus. Tragt das betreffende Kalenderjahr ein. Ansässigkeitsstaat ist Deutschland (Feld 1), dann im Feld 2 Eure persönlichen Daten mit der deutschen Steuernummer (und Bezeichnung des deutschen Finanzamts), Euer Name, Geburtsdatum, Anschrift, zur Sicherheit Eure E-Mail-Adresse. Allfälliger Vertreter: "keiner" (sprich: "käna").
Die eigentlichen Dividenden führt Ihr auf dem "Beiblatt A" auf (Formularnummer ZS-RD1A-PDF), das es hier zum Download gibt. Pro Kalenderjahr ein eigenes "Beiblatt A". Die beiden österreichischen Formulare sind automatisch rechnende PDF-Vordrucke, die Summen werden also automatisch ermittelt.
Da sind zunächst einmal sechs Fragen im Feld "A" wie folgt zu beantworten:
1. Wohnung in Österreich (nein, sprich: "nähn")
2. Betriebsstätte (nein)
3. berechtigt und eigene Rechnung (ja, sprich: "oh ja!")
4. Verkauf, Verleihung (nein)
5. Optionen (nein)
6. Gewinnausschüttung (ja)
Das Feld "B" für juristische Personen bitte durchstreichen.
Auf der Rückseite des Beiblatts berechnet Ihr den Rückzahlungsanspruch. Hier ein fiktives Beispiel:
Bezeichnung: Palfinger AG, Anzahl Aktien: 1860, Erwerb am 01.01.2009, Dividendenausschüttung am 30.03.2011, Zufluss am 5.04.2011, Ex-Tag 01.04.2011, Bruttobetrag EUR 409,20, Rückzahlungsanspruch 10 Prozent, Rückzahlungsbetrag 40,92 EUR. Diese Daten findet Ihr auf der Dividendenabrechnung Eurer Bank, die Ihr ohnehin als Fotokopie mitschicken solltet (siehe unten).
Summiert die Bruttobeträge und die Rückzahlungsbeträge auf und tragt die Summen in die unterste Zeile ein. Der Rückzahlungsanspruch in der letzten Zeile rechts unten muß also genau 10 Prozent von der Summe der Bruttobeträge sein.
Dann auf dem Beiblatt A unten das Datum und den Ort eintragen und unterschreiben.
Jetzt geht es zurück zum Hauptformular. Übertragt den Rückzahlungsanspruch (also die 10%) in das Feld 3 in der obersten Zeile bei "Rückzahlung aufgrund von DBA" (= Doppelbesteuerungsabkommen), und auch in die unterste Zeile "Rückzahlungsbetrag".
Im Feld Nummer 5 tragt Ihr die Daten Eurer Bankverbindung ein, damit der Rückzahlungsbetrag überwiesen werden kann. Wichtig: tragt bitte IBAN und auch die BIC hier ein. Die BIC von comdirect lautet in Kurzform COBADEHD, das "HD" am Ende steht übrigens - kein Scherz! - für "Hamburg Direkt". Im Feld Nummer 6 bitte unterschreiben. Das Feld 7 lasst Ihr frei.
Jetzt fehlt noch die übliche Ansässigkeitsbestätigung der ausländischen Steuerverwaltung, also halt von Eurem deutschen Wohnsitzfinanzamt. Bitte schickt das Deckblatt und das Beiblatt A in zwei Kopien an Euer geliebtes persönliches Finanzamt, mit der freundlichen Bitte im Anschreiben, eine Wohnsitzbestätigung auszustellen. Beim Finanzamt München beispielsweise kann man die Formulare einfach in den Nachtbriefkasten werfen, nach etwa zwei Wochen kommt per Post die Bestätigung zurück. Die zweite Kopie behält Euer deutsches Finanzamt.
Und dann der letzte Schritt: Schickt alle Hauptformulare, alle Beiblätter A (je nach Abzahl der Jahre, für die Ihr den Antrag stellt), und - wichtig! - Fotokopien aller Dividendenabrechnungen an das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart, Neusiedlerstraße 46, AT-7001 Eisenstadt (Nachtrag April 2025: seit 2019 ist ein Finanzamt in Wien zuständig, siehe unten). Denkt dran: das Briefporto nach Österreich ist höher als innerhalb von Deutschland. Willkommen im geeinten Europa.
Da ich recht intensiv trade (suchtkrank!), habe ich noch eine von meinem Computer generierte Auflistung aller Geschäfte (Käufe und Verkäufe) in österreichischen Aktien beigelegt, also jeweils Datum, Stückzahl, Kauf/Verkauf, Kurs usw. Aber das ist vermutlich nicht unbedingt erforderlich. Ihr müßt nur jeweils im Beiblatt das Datum des Kaufs eintragen. Bei mir haben die meisten Aktien mehrere Kaufdaten, daher die Aufstellung.
Wichtig: Natürlich solltet Ihr vorher Fotokopien von allen Belegen anfertigen und aufbewahren.
Es dauerte bei mir ungefähr drei Monate, dann kam die Überweisung zuzüglich Zinsen. Und zwar nur die Überweisung! Es gibt im Gegensatz zu anderen Ländern keinerlei schriftliche Korrespondenz, keinen Bescheid. Das hätte ich eigentlich bei Österreich nicht gedacht, aber was soll's. Immerhin: einen "Erlagschein" benötigen wir nicht.
Der Vollständigkeit halber: Folgende Auskunft habe ich von der Österreichischen Finanzverwaltung im September 2015 per E-Mail erhalten: "Hinsichtlich der Rückerstattung von in Österreich zu Unrecht einbehaltenen Steuern sieht § 240 Absatz 3 Bundesabgabenordnung eine Frist von 5 Jahren vor. Der Antrag auf Rückerstattung kann danach bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung der Steuer folgt, gestellt werden. Der Antrag bezieht sich auf ein bestimmtes Jahr und kann daher nach Ablauf des Jahres, in dem die Steuer einbehalten wurde, gestellt werden."
Ich hoffe, Ihr könnt auf diese Weise bequem Eure zu viel bezahlten Steuern in der Alpenrepublik zurückfordern. Vom gesparten Geld geht sich mindestens ein Einspänner mit Schlagobers, ein Fiaker oder ein Almdudler aus (sprich: "os"). Bitte bei der Gelegenheit auch mal "schwedischer Kaffee" googeln!
Nachtrag April 2025:
Seit 2019 ist nicht mehr das Finanzamt in Eisenstadt zuständig, sondern das Finanzamt für Großbetriebe, Postfach 251, 1000 Wien.
Möglicherweise hat sich das Formular geändert. Derzeit (April 2025) sollte man das Formular mit dem Namen "DIAG", das man auf der Website www.bmf.gv.at findet.
Viele Grüße aus einem hochsommerlichen München
baba und servus
nmh
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 01.07.2025 11:11
Mein Nachbar nmh lässt schön grüßen. Er ist mit seinem hoffnungslos überteuerten, arroganten nmh-Newsletter beschäftigt (nächste Ausgabe erscheint Ende der Woche) und kann daher leider nicht selbst antworten. Daher übernehme ausnahmsweise ich das.
Schlechte Nachrichten für Quellensteuer-Fans, die Aktien aus Österreich haben. Aufgrund einer Änderung des "Abgabenänderungsgesetzes 2023" (das heißt wirklich so!) braucht die Steuerbehörde aus Österreich für alle österreichischen Dividenden ab Record-Day 1. Juli 2023 eine "Bewegungsaufstellung" (Transaktionsliste) mit allen Bewegungen der betroffenen Aktien im Zeitraum 50 Tage vor bis 50 Tage nach dem Record-Day. Diese Aufstellung muss von der Depotbank unterschrieben und gestempelt sein. Falls es keine solchen Bewegungen gab, muss eben das von der Depotbank bescheinigt sein.
Da man eine solche Aufstellung vermutlich nur zu horrenden Gebühren bekommt (klar, macht der Bank viel Arbeit), kann man die Quellensteuererstattung aus Österreich nun wohl leider vergessen. Also wie in Frankreich, Italien, Belgien oder Kanada. Willkommen im Club.
Hochachtungsvoll
der Nachbar von nmh
am 01.07.2025 14:11
@FakeAccount schrieb:Mein Nachbar nmh lässt schön grüßen. Er ist mit seinem hoffnungslos überteuerten, arroganten nmh-Newsletter beschäftigt (nächste Ausgabe erscheint Ende der Woche) und kann daher leider nicht selbst antworten. Daher übernehme ausnahmsweise ich das.
Schlechte Nachrichten für Quellensteuer-Fans, die Aktien aus Österreich haben. Aufgrund einer Änderung des "Abgabenänderungsgesetzes 2023" (das heißt wirklich so!) braucht die Steuerbehörde aus Österreich für alle österreichischen Dividenden ab Record-Day 1. Juli 2023 eine "Bewegungsaufstellung" (Transaktionsliste) mit allen Bewegungen der betroffenen Aktien im Zeitraum 50 Tage vor bis 50 Tage nach dem Record-Day. Diese Aufstellung muss von der Depotbank unterschrieben und gestempelt sein. Falls es keine solchen Bewegungen gab, muss eben das von der Depotbank bescheinigt sein.
Da man eine solche Aufstellung vermutlich nur zu horrenden Gebühren bekommt (klar, macht der Bank viel Arbeit), kann man die Quellensteuererstattung aus Österreich nun wohl leider vergessen. Also wie in Frankreich, Italien, Belgien oder Kanada. Willkommen im Club.
Hochachtungsvoll
der Nachbar von nmh
Wo kann man dies nachlesen? Unter dem Begriff "Bewegungsaufstellung" wirft Google bei mir Sporttipps aus.
am 02.07.2025 09:38
@Thomas1968 schrieb:
@FakeAccount schrieb:
Wo kann man dies nachlesen? Unter dem Begriff "Bewegungsaufstellung" wirft Google bei mir Sporttipps aus.
Abgabenänderungsgesetz 2023
am 02.07.2025 15:04
@Kritikerin66 schrieb:
@Thomas1968 schrieb:
@FakeAccount schrieb:
Wo kann man dies nachlesen? Unter dem Begriff "Bewegungsaufstellung" wirft Google bei mir Sporttipps aus.
Abgabenänderungsgesetz 2023
Ich habe mal ein wenig recherchiert, was genau in dem Abgabenänderungsgesetz 2023 drinsteht. Ich denke um diesen Abschnitt geht es:
"Artikel 1
Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988...
18. In § 32 werden nach Abs. 2 folgende Abs. 3 und 4 angefügt:
...
(4) Für Einkünfte im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, die über das Wertpapierliefer- und
Wertpapierabrechnungssystem eines Zentralverwahrers ausbezahlt werden, gilt Folgendes:
1. Die Zurechnung der Einkünfte setzt wirtschaftliches Eigentum an den zugrundeliegenden
Anteilen am Ende des Record-Tages voraus. Record-Tag ist der erste Handelstag nach dem Tag,
an dem die Anteile erstmals ohne Auszahlungsanspruch gehandelt werden. Wirtschaftliches
Eigentum liegt ab dem Zeitpunkt vor, zu dem die Anteile tatsächlich geliefert worden sind.
2. Die volle Anrechnung oder Rückerstattung der für die Einkünfte einbehaltenen
Kapitalertragsteuer setzt bei zeitnahen Übertragungen zum Record-Tag voraus, dass der
Steuerpflichtige ein angemessenes wirtschaftliches Risiko (lit. a) trägt und während der
Mindesthaltedauer (lit. b) ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der zugrundeliegenden
Anteile ist. Ansonsten kann die Kapitalertragsteuer nur insoweit angerechnet oder rückerstattet
werden, als die Übertragung zu keinem Steuervorteil führt. Dabei gilt:
a) Ein angemessenes wirtschaftliches Risiko setzt voraus, dass der Steuerpflichtige das Risiko
aus einem sinkenden Wert der Anteile im Umfang von mindestens 70 Prozent wirtschaftlich
selbst trägt. Dabei sind Ansprüche des Steuerpflichtigen und ihm nahestehender Personen aus
Kurssicherungsgeschäften zu berücksichtigen.
b) Die Mindesthaltedauer umfasst 45 Tage und muss innerhalb eines Zeitraumes von 45 Tagen
vor und 45 Tagen nach dem Record-Tag erreicht werden.
c) Die vorstehenden Bestimmungen sind nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte im Sinne des
§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, für die die Anrechnung oder Rückerstattung der Kapitalertragsteuer
erfolgen soll, im Veranlagungszeitraum nicht mehr als 20 000 Euro betragen..."
Bei einer Grenze von 20.000,- Euro Kapitaleinkünften im Jahr, betrifft es wohl nur sehr wenige. Für alle anderen bleibt alles beim Alten.
Oder geht es um einen anderen Abschnitt?
am 21.07.2025 19:56
Hallo Community,
gibt es hierzu schon gesicherte Erkenntnisse? Ich frage, da ich gerade Post aus Österreich bekommen habe, in der eine solche "Bewegungsaufstellung" angefordert wird, und das auch für Dividenden aus den Jahr 2021 und 2022.
am 21.07.2025 20:29
@althiof schrieb:Hallo Community,
gibt es hierzu schon gesicherte Erkenntnisse? Ich frage, da ich gerade Post aus Österreich bekommen habe, in der eine solche "Bewegungsaufstellung" angefordert wird, und das auch für Dividenden aus den Jahr 2021 und 2022.
Um das Thema einzugrenzen, geht es bei Dir um Kapitaleinkünfte über 20.000,- Euro pro Jahr?
am 21.07.2025 21:00
Nein
am 24.07.2025 19:15
Ich habe mal bei der Sachbearbeiterin nachgefragt und (inhaltlich) folgende Auskunft erhalten:
Es gibt eine Veränderung: Für Ausschüttungen vor dem 01.07.2023 gibt es die beschriebene Nachweispflicht (ohne dass mir die rechtliche Quelle benannt ist, aber in den neuen Formularen stand das tatsächlich auch als angeforderter Beleg mit drin).
Zitat (aus dem Formular):
"Nachweis aus dem hervorgeht wer am letzten Tag vor dem HV-Tag (Tag der Hauptversammlung) Depotinhaber
war;
Nachweis der Depotumsätze in Zusammenhang mit den betroffenen Aktien für den Zeitraum von einen Monat
vor dem HV-Tag bis einen Monat nach dem Ex-Tag."
Dafür sind auf Nachfrage weder die Dividendenabrechung noch ein Nachweis des Anschaffungsdatums der Aktien (der mir mit späterem Datum vorliegt).
Für Ausschüttungen ab dem 01.07.2023 gibt es die von Dir zitierte Verordnung die dann eine Bagatellklausel enthält.
Schade...bzw. schön das das jetzt etwas kleinanlegerfreundlicher gestaltet wird.
am 24.07.2025 21:50
@althiof schrieb:Dafür sind auf Nachfrage weder die Dividendenabrechung noch ein Nachweis des Anschaffungsdatums der Aktien (der mir mit späterem Datum vorliegt).
Vielen Dank für Deine Mühe. Doch bei dem Satz fehlt irgendetwas.
am 24.07.2025 22:03
Ja... im Schachtelsatz gestolpert 😜
"[...] ausreichend."
Ich hatte versucht zu argumentieren, dass das Anschaffungsdatum auf einem neuen Dokument doch zeigen sollte, dass es keine Käufe oder Verkäufe gab. Aber es scheint nicht um Besitz, sondern um "Einlagerung im Depot" zu gehen. Ich habe mich nicht bemüht das weiter zu verstehen, vermute aber es geht um Wertpapierleihe und ähnliche Dinge.