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Gedanken zur Asset Allocation

Billaluna
Autor ★★
41 Beiträge

Guten Abend liebe Community,

 

zunächst mal Danke für die Aktiven hier, denn beim Lesen hier wird vieles verständlicher und klarer. Heute etwas, was mich schon länger beschäftigt - Asset Allocation. Entschuldigt bitte, wenn der Beitrag ggf. etwas lang wird, aber ich versuche meine Gehirnkapriolen zu sortieren und in Worte zu fassen.

 

Ich verstehe Sinn und Begriff der Diversifikation (Vielfalt) und bzgl. Geldanlage die Risikostreuung durch Vielfalt innerhalb einer Anlageklasse (z. B. Vielfalt an Aktien bzgl. Branchen, Länder, Unternehmen) als auch über mehrere Anlageklassen (Aktien, Anleihen/Renten, Rohstoffe, Immobilien, Geldmarkt) hinweg. Auch klar ist mir, dass z. B. ETF-Anlagen auf MSCI World/EM durch die Anzahl der Unternehmen, Länder und Branchen eine breite Diversifizierung ergeben. Allerdings eben nur in einer Anlageklasse, nämlich Aktien. Ich bin mir aber nicht sicher, welche Bandbreite der Asset Allokation unter welchen Umständen und Ausgangssituationen nötig sind bzw. wie diese insgesamt umgesetzt wird oder werden kann. Folgende Gedanken dazu kreisen in mir:

 

Immer lese ich, bei kleinen Sparraten oder Einmalanlagen bis max. 50k Euro auf max. 2 ETFs zu setzen, es wird  oft auf einen Artikel von Morningstar verwiesen. Dort wird allerdings als einfache Portfolio-Strategie die Verteilung auf die Anlageklassen Aktien und Anleihen/Rente mit 60/40 im Beispiel für den "kleinen Geldbeutel" und für „Risikoscheue“ genannt. Während andererseits u. a. vom Finanzwesir und in einigen Foren dagegen die Klassiker MSCI World/EM mit der Gewichtung 70/30 benannt werden. Als Neuling könnte jetzt daraus verstanden werden, dass es ausreicht, neben den 3-Monatsgehälter-Notgroschen-Tagesgeldkonto nur noch das ETF-Portfolio mit World/EM zu haben. Diversifikation genug quasi. Aber ist das so? Was ist dann mit den vielen Ratgebern usw.?

 

 Selten geht hervor, auf welche Ausgangslage sich die jeweiligen Empfehlungen oder Meinungen beziehen. Ob also andere Anlageklassen bereits bestehen und ggf. auch in welcher Höhe oder ob evtl. mehrere Anlagen mit verschiedenen  Anlagehorizonten gegeben sind. Nimmt man die üblichen Artikel und Strategieplaner her (auch bei JustETF, Comdirect und Co.), ergibt sich anhand der abgefragten persönl. Risikobereitschaft eine entsprechende Asset Allocation, meist über mehrere Klassen und dies selbst bei 100-Euro-Sparplänen und Einmalbeiträgen unter 5k Euro. Auf den langen Anlagehorizont wird im Allgemeinen hingewiesen, weil ja meist von der Altersvorsorge ausgegangen wird. Aber es gibt keine Abfragen hinsichtlich bestehender Anlagen.

 

Die meisten Artikel und Empfehlungen lesen sich also so, als müsste beschriebene/empfohlene Asset Allocation in jeder Art von Anlage-Portfolio sein, so dass man als Neuling mehr oder weniger davon ausgeht „aha, ich muss mein ETF-Portfolio also auf verschiedene Anlageklassen aufteilen, um in Krisen evtl. Verluste auszugleichen“. Dies ist bekanntlich bei Sparplänen mit kleinen Beträgen rechnerisch und gewinntechnisch wenig effektiv.

 

 Mir ist bewusst, dass alles relativ ist und eigene Ausgangssituation und Möglichkeiten abgewogen werden muss. Auch das Setzen auf World/EM als Einstieg für den Bereich Aktien hat ich seit diesem Artikel vom Finanzwesir überzeugt. Mittlerweile sehe ich es so, dass die Asset Allocation sich gar nicht unbedingt auf ein einziges Portfolio beziehen muss, sondern auf mehrere, soz. ein Gesamtportfolio mit mehreren einzelnen Portfolien, z. B.

 

Portfolio 1: Anlage-Summen auf Tagesgeldkonto, evtl. auch Festgeld,

Portfolio 2: einen Vorsorgevertrag mit Anleihen und Aktien (z. B. Riester, Vermögenssparplan oder fondsgebundene Lebensversicherungen) kann ich im Grund als die Allokation „Anleihen/Rente“ ansehen

Portfolio 3: ein  reines ETF-Aktiendepot (World/EM)

Portfolio 4: der eine oder andere hat vielleicht eine eigene Immobilie

 

So ist auch eine Diversifikation über mehrere Anlageklassen gegeben, aber eben nicht in einem Topf. In diesem Fall kann – wenn z. B. Portfolio 3 (ETF-Anlage) noch nicht existieren würde vollständig in Aktien angelegt sein. Hat jemand dagegen schon ein reines ETF-Aktienportfolio und die Anlage wie o. g. Portfolio 1, könnte er sich überlegen, ein weiteres ETF-Portfolio aus Immo-ETF, weltweit gestreute Branchen-ETF (z. B. MSCI Word Health-Care), Rohstoffe usw. mixen, um so auch die anderen Anlageklassen einzubinden. Bzw. ein einziges ETF-Portfolio in einem Depot mit allen Klassen.

 

Kann es also sein, dass die ganzen Strategieplaner und Empfehlungen für das über mehrere Anlageklassen diversifizierte ETF-Portfolio darauf basieren, dass noch keine anderen Portfolien existieren? Oder reicht es tatsächlich aus, bei Anlagehorizonten von mind. 10 J. auf rein ETF World/EM zu setzen und die damit verbundene Diversifikation als genügend anzusehen? Wie seht ihr das? Mir fällt es im Moment schwer, das alles vernünftig einzuordnen und hoffe hier auf hilfreiche Meinungen oder Denkanstöße.

 

 

 

 

 

8 ANTWORTEN

t.w.
Legende
5.119 Beiträge

Hallo @Billaluna,

 

eigentlich fühle ich mich kaum befähigt, hier gut genug antworten zu können, so vielschichtig und umfangreich Dein Beitrag ist. Aus Respekt vor Deiner Mühe will ich allerdings trotzdem auch meine Gedanken formulieren, wenn auch voraussichtlich nicht so umfassen wie Du es getan hast. 

 

Ich glaube auch, die gängigen Tools bieten nur einen ersten Anhaltspunkt und sind dahingehend irreführend, da selten definiert wird, ob es um ein Gesamtvermögen oder nur einen bestimmten Teil geht. An Deinem justetf-Beispiel kann man das gut erkennen, hier geht es eben nur um genau diesen Teil der Vermögensplanung. Auch werden, wie Du bereits geschildert hast, bestehende Vermögensteile (fast?) nie berücksichtigt. 

 

Andererseits: Wie weit soll ein solches Tool eigentlich gehen? Ich täte mich schwer mit Ratschlägen, die vorschlagen, wie viel Cash, wie viel Aktien, wie viel Festgeld usw. jemand haben sollte. 

 

Auch ist ja die Bereitschaft der Leserschaft sehr sehr unterschiedlich, sich um eine Asset-Allokation zu kümmern. Ich ganz persönlich beschränke mich nur auf Cash und ETFs und bin somit in der Gesamtbetrachtung sehr einfach gestrickt. Und obwohl ich es (einfach aus Spaß) nicht so halte, glaube ich auch, dass ein einziger ETF auf den MSCI ACWI völlig ausreichend ist.

 

Die Frage ist: Fühle ich mich damit am Ende auch wohl? Der eine hat ein ungutes Gefühl, nur auf zwei "Positionen" zu setzen, der nächste (ich) hat Spaß am Spiel mit Anlagen in Aktien und Fonds und kauft deshalb mehr davon. Der eine setzt auf Versicherungsgesellschaften und staatliche Anreize, der nächste misstraut solchen Anlagevehikeln (z.B. private Renten- und Lebensversicherungen).  

 

Ich finde es schön, dass es solche automatisierten Berater gibt, glaube aber auch, dass kein solches Werkzeug den eigenen Kopf ersetzen kann. Und für alles dazwischen gibt es ja diese Community 😉

 

Ich hoffe, ich bin nicht völlig am Thema vorbeigeraten und wünsche Dir und euch einen schönen Abend.

t.w.
Legende
5.119 Beiträge

Ein weiterer wichtiger Gedanke wird mir gerade noch bewusst: Es wird selten berücksichtigt, welchen Anlagehorizont man verfolgt. Meist wird davon ausgegangen, dass der Anlager bereit und sich bewusst ist, dass es sich um Empfehlungen für eine lange Zeit handelt. Will ich in fünf Jahren in Rente gehen oder in drei Jahren ein Haus kaufen, sieht die Welt aber natürlich anders aus, als wenn ich gerade 30 bin und keine größeren Ausgaben anstehen, dann kann ich mich auch mal über einen Crash/eine intensive Korrektur freuen. Steht aber gerade mein anstehendes Projekt Hausbau dadurch auf der Kippe, werde ich mich eventuell etwas ärgern... 

swolpoll
Experte ★★★
730 Beiträge

@Billaluna: Danke für deinen Beitrag!

 

Ich persönlich finde schon, man sollte sich gedanklich mit mindestens fünf "Schubladen" beschäftigen:

 

- Aktien

- Renten

- Rohstoffe

- Immobilien

- Cash

 

Das einfachste ist Cash: Im Allgemeinen drei Gehälter aufs Tagesgeldkonto und fertig ist die Laube. Dann wird es etwas komplizierter und die Aufteilung des Rests hängt von vielen Faktoren ab: Anlagehorizont, persönliche Risikoneigung, Überzeugungen, kurzfristige Bedarfe etc. Das kann man natürlich nicht pauschal sagen.

 

Ich persönlich habe den hier schon vielfach diskutierten ARERO-Fonds (DWS0R4) als Ausgangspunkt und Basisinvestment genommen, der hat auf Basis wissenschaftlicher Auswertungen/Überlegungen folgende Anteile abgeleitet:

 

- 60% Aktien breit gestreut

- 25% Anleihen breit gestreut

- 15% Rohstoffe breit gestreut

 

Daran habe ich folgende, auch sehr persönlichen Überlegungen angeschlossen:

 

1.  Ich glaube nicht so sehr an Rohstoffe (es gibt unzählige Argumente für und wieder), daher habe ich den Anteil für mich auf 5% reduziert;

2. Ich bin eher risikofreudig, temporäre Buchverluste sind mir relativ egal und habe viel Zeit bis zur Rente, daher habe ich meine persönliche Aktienquote auf 70% erhöht

3. Ich will aber durchaus in Immobilien investieren und habe meinen persönlichen Anteil auf 10% gesetzt;

4. Bleiben 15% für Anleihen.

 

Dann erst habe ich über ein mögliches Produktuniversum nachgedacht:

1. ARERO, Rohstoff-ETF etc.

2. ARERO, ETF auf MSCI World/ EM/ ACWI, Einzelwerte nach Gusto.

3. ETF auf REIT, offener Immo-Fonds

4. ARERO, ETF auf Anleihen

 

Ich brauche für meine Strategie eigentlich nur drei Produkte: ARERO, einen ETF ACWI, um die Aktienquote auf 70% zu erhöhen und einen offenen Immobilienfonds für die Immobilienquote von 10%.

 

Du kannst das alles recht einfach z.B. mit der Open Source Software Portfolio Performance beobachten und rebalancen. Ich habe mich einmal für die genante Aufteilung entschieden und bastel daran nicht groß rum. Erst wenn es Richtung Rente geht, werde ich voraussichtlich die Aktienquote runterfahren und die Anleihen hochfahren.

 

Hoffe, dies hilft ein wenig beim sortieren deiner Gedanken. Das Prinzip ist eigentlich immer das Gleiche, aber Risikoneigung, Anlagehorizont usw. muss halt jeder für sich selbst beurteilen, das nimmt einem kein Ratgeber/Finanzwesir/keine Community ab Lachender Smiley

 

Gruß,

swolpoll

 

 

 

 

Billaluna
Autor ★★
41 Beiträge

@t.w.und @swolpoll

 

Danke, dass ihr euch tatsächlich die Mühe gemacht habt, meinen megalangen Beitrag zu lesen. Dass einem die Ratgeber oder div. Seiten nicht die Überlegungen oder Entscheidungen nehmen können, ist klar.

 

Für mich war bislang - also vor ETF - bekannt, dass Streuung wichtig ist und auch die Strategieplaner bestätigten mir diese Auffassung ja im Grunde. Aber mit dem tieferen Einstieg, insbesondere ETF wurde gefühlt diese bisher wahrgenommene Fausregel etwas auf den Kopf gestellt.

 

Im Moment räume ich in meinem Anlage"chaos" etwas auf. Ich habe ja - wie viele andere - leider drei Anlagen zur Altersvorsorge, bei denen ich mir noch klar werden muss, ob ich zwei davon reduziert weiter bespare und die freigewordenen Beträge verstärkter in die ETF-Anlage stecke. Bei einer der dreien ist bereits die von Morningstar angeregte Strategie 60% Aktien mit 40% Anleihen/Rente umgesetzt. Leider halt eine Gebührenschleuder in den ersten Jahren. Mich stört jedoch mittlerweile die Tatsache, dass ich damals die hohen Kosten aufgrund Unwissenheit und Unsicherheit in Kauf genommen habe und z. T. Produkte habe, bei denen ich nicht selbst entscheiden kann, wieviel ich später auszahlen lassen möchte bzw. wie hoch die mtl. Rentenzahlungen sind. Und dann ist da ja auch noch eine VBL Betriebsrente im Hintergrund.

 

Cash per Tagesgeldkonto mit den 3-Monats-Gehältern besteht auch. Dort fließen auch weiterhin Sparbeträge für div. Anschaffungen, Urlaub usw. Die 3 Gehälter werden nicht angerührt.

 

Ich werde mir die Tage mal die ganzen Unterlagen und AGBs durcharbeiten.

 

 

Billaluna
Autor ★★
41 Beiträge

Guten Morgen,

 

@swolpoll

Hab mir deinen Beitrag heute früh nochmal genauer durchgelesen und den ARERO mal angesehen. 15 % Rohstoffe empfinde ich auch etwas viel. Du schreibst, du hast den Rohstoffanteil auf 5 % reduziert. Wie hast du das umgesetzt? Wenn ich es richtig verstehe, hat der Fond diese Aufteilung ja fest, oder irre ich mich?

 

Ich denke aber, dass das Hinzunehmen von weiteren diversifizierenden ETF-Segmenten tatsächlich erst mit einer gewissen Anlagehöhe in Verbindung steht. Anlagehorizont zunächst mal 7 - 10 J., wenn nicht gebraucht, läuft das Ganze weiter. Bis zu meiner Rente sind es jetzt 20 J., wenn ich früher aufhören wollte 18 J. Wobei ich für die Rente aus meiner Sicht bereits einige Säulen habe, auch, wenn ich hier Teile umschichten werde. 

 

Die genannte Software habe ich bereits in einem anderen Thread entdeckt und bereits heruntergeladen. Ist auf jeden Fall eine gute Hilfestellung.

 

Für den Msci World habe ich ich für den HBSC Msci World (A1C9KL) und für EM für den iShares Core Msci EM IMI Ucits Etf (A111X9) entschieden. Mit der Software spiele ich damit mal folgende Kombinationen durch:

- genannte World und EM + einen ETF EuroStoxx 600 per Einmalanlagen (2 - 3 x im Jahr) und im Sparplan dann den World/EM weiter besparen, zum Rebalancen per Sparplan.

- genannten World und EM per Einmalanlagen und Sparplan, Beimischung eines Msci World Health Care ETF

- diese beiden Varianten ab einer Summe von 15k dann mit einer Beimischung von Immo-ETF oder Rohstoff.

 

Gründe der Beimischungen:  EuroStoxx, möchte eigentlich den Anteil europa stärker gewichten, da World ja doch recht USA-lastig ist, Ich weiß, der Schwerpunkt liegt da ja. Hier schwanke ich, weil die Zusammensetzung sich ja auch mit dem Markt ändern kann und damit ja auch die Gewichtungen sich verschieben können.

 

World Health Care: dieser Markt erwirtschaftet auch in Krisenzeiten, da Gesundheit und Co immer gebraucht/konsumiert wird. Hiermit könnte man evtl. Stabilisierung einbringen, bzw. Risiko minimieren. Derzeit laufen diese Papier ganz gut.

 

Meinungen?

 

swolpoll
Experte ★★★
730 Beiträge

@Billaluna: Ich versuche es mal mit einem einfachen Rechenbeispiel:

 

- Du hast 100 TEUR anzulegen;

- Du willst 5% in Rohstoffe, also 5 TEUR;

- D.h. Du kaufst ARERO für 33 TEUR. Damit hast Du die 5% Rohstoffe abgedeckt, aber noch nicht die 70% Aktien, nicht die 15% Anleihen und auch nicht die 10% Immobilien.

 

Für die restlichen 67 TEUR musst Du dann einzelne ETF/Fonds auf Anleihen, Immobilien und Aktien kaufen, um die von Dir festgelegte Allokation zu erreichen.

 

Rebalancing kann dann je nach Wertentwicklung über den ARERO oder die anderen Produkte stattfinden.

 

Hoffe, mein Ansatz wird damit klarer...

 

Gruß,

swolpoll

 

 

Billaluna
Autor ★★
41 Beiträge

Danke, ja das ist mehr als verständlich! Smiley (fröhlich)

 

So ähnlich hab ich das auch überlegt im Hinblick auf die ETF-Aufteilung bei Einmalanlagen und Sparplan.

1german
Autor ★★
29 Beiträge

eins der besten, frei verfügbaren, tools bietet das handelsblatt. und zwar hier:

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