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Vorsicht bei Auslandsüberweisungen in die USA!

kammann
Experte ★★
258 Beiträge

Nachdem ich mich seit November mit dem inzwischen (leider) völlig unfähigen Kundenservice der comdirect bzgl. Überweisungen in die USA herumärgere, ist es wohl an der Zeit, meine Erkenntnisse mit der Community zu teilen.

 

Hintergrund: Es gibt technisch gesehen 3 Wege, um USD auf ein Konto in den USA zu  transferieren:

 

  1. Den klassischen  “international Wire” über SWIFT: Bei dieser Überweisungsart gibt man den SWIFT/BIC-Code der Zielbank ein und muss Angaben zur Gebührenteilung machen (SHARE/OUR/BEN). Bei diesem Weg muss man beachten, dass viele US Banken keine international wires annehmen (können) und so die Zahlung über eine zwischengeschaltete Bank laufen muss, die etwa $20-$30 vom Zahlbetrag einbehält. Die wenigen US-Banken, die international Wires direkt annehmen, verlangen dafür ebenfalls Geld (z.B. Citibank, $30)
  2. Den “domestic wire” bei dem man die Zielbank über ihre FedWire-Number adressiert. Vorteil: Man erreicht fast alle US Banken direkt, manche US Banken verlangen für “incoming wires” allerdings $10-$15. Dieses Verfahren setzt natürlich voraus, dass eine deutsche Absenderbank eine eigene, hausinterne Korrespondenzbank in den USA besitzt, wie es etwa mit der Commerzbank in New York der Fall ist. Aber auch kleinere Banken, wie etwa regionale Volksbanken besitzen üblicherweise ein Netzwerk (im Falle der VR-Banken wäre das “Tipanet”), über das man Gelder in die USA “lokal” transferieren kann.
  3. Seit einigen Jahren gibt es außerdem noch das ACH (Automatic Clearing House) Verfahren, bei dem Buchungen zwischen US-Banken schnell und vor allem kostenfrei möglich sind. Adressierung erfolgt hierbei über die sog. ABA-Routing-Number (“Bankleitzahl”), die in den meisten Fällen identisch mit der FedWire-Number unter 2) ist. Dieser Weg wird beispielsweise von Wise oder Revolut verwendet, um Kundengelder schnell und günstig in die USA zu überweisen.

 

Mein Arbeitgeber wickelt als Firmenkunde über die Commerzbank jede Woche hunderte Überweisungen in die USA ab, laut Buchhaltung gibt ganz selten Probleme dahingehend, dass beim Empfänger weniger Geld ankommt als angewiesen wurde - sprich unerwartet eine Zwischenbank einspringen musste, etwa weil eine Zielbank für ACH und Fedwire doch unterschiedlichen Nummern verwendet.

 

Privat überweise ich auch ab und zu Gelder auf zwei eigene Konten dort - eines bei einer regionalen Bank in Kalifornien, eines beim globalen Broker “schwab.com”.

 

Die Probleme der comdirect fangen schon beim telefonischen Kundenservice an, der offenbar keinen blassen Schimmer von Auslandsüberweisungen hat. Der Telefoncomputer erkennt das Stichwort "Auslandsüberweisung" zwar sofort, stellt dann zum normalen Kundenservice durch, der noch nicht einmal die Eingabemaske einer Auslandsüberweisung kennt. Immerhin erhielt ich beim zweiten Anruf den Tipp, es nochmals zwischen 8 und 13 Uhr zu versuchen, da sei die Abteilung für Auslandszahlungsverkehr erreichbar. Gesagt, getan - einfache Frage: Warum muss man im Überweisungsformular der comdirect  Angaben zu Entgeltteilung machen, wenn die Anzeige nach Eingabe einer ABA-Routing number auf “//FW” wechselt und so eine Überweisung via FedWire (nach Option 2) oder ACH (Option 3) suggeriert.

Leider ist auch zwischen 8 und 13 Uhr die Abteilung für Auslandszahlungsverkehr nicht direkt erreichbar, so dass ich also Stille-Post zwischen einem Hotliner, dem ich sogar das Wort “FedWire” buchstabieren musste und dem Backoffice spielte und nach nur 3x Pingpong und 30 Minuten später die etwas unsichere Aussage erhielt, dass ich mir darüber keine Gedanken machen sollte, da die Bank immer den für den Kunden günstigsten Weg wählen würde.

 

Also, erster Versuch, $1000 Testüberweisung zu schwab.com mit individueller Kontonummer und FedWire/ABA-Routing Number der JP Morgan Bank. Schwab.com warnt explizit vor “international wires”, diese müssten über die Citibank als Zwischenbank veranlasst werden.

Die Eingabemaske der comdirect erlaubt die Angabe einer Zwischenbank nur für Überweisungen in andere Länder - bei Auswahl USA wechselt die Anzeige zu “//FW” und suggeriert eine FedWire (oder ACH-Zahlung).

Das Ergebnis war erwartbar - das Geld kam 3 Tage später wieder zurück. Der Abzug war mit $75 unerwartet hoch. Also nochmal Anruf bei der Hotline, diesmal wurde mir ein Rückruf versprochen, der auch 2 Wochen später erfolgte und mich beim Mittagessen (mit Kollegen unserer Buchhaltung 😉 erreichte und mir fast die Sprache verschlagen hat: Ein von der Stimme her sehr jugendlich klingender Mitarbeiter behauptete allen Ernstes, dass man den Überweisungsweg leider nicht erkennen könnte - leider seien die “Wege des Geldes in die USA manchmal unergründlich”. Also Schreiben an das Beschwerdemanagement mit der Bitte, den Vorfall zu untersuchen und als Tipp den “MT940-Datensatz” erwähnt, der ganz klar die Angaben zur Zielbank enthalten sollte. Antwort 4 Wochen später: "Das sei mein Problem (falsche Bankverbindung), Fremdspesen werden nicht erstattet”. Parallele Nachforschungen über schwab.com waren auch nicht erfolgreich, denn das Geld wurde ja von deren kontoführenden Bank (JP Morgan) meinem Konto gar nicht gutgeschrieben. Vermutung war aber auch dort: Direkter International Wire über SWIFT (Obowhl ich definitiv keinen für SWITFT notwendigen BIC-Code angegeben hatte)

 

Also neuer Versuch, diesmal $1000 zur Stanford Federal Credit Union - einer regionale Bank in Kalifornien, bei der ich noch ein Konto aus Studienzeiten habe (und von der ich US-intern via ACH kostenfrei zu schwab.com überweisen kann).

Gutschrift erfolgte 3 Tage später: $975 domestic wire from undisclosed sender. Bei der Empfängerbank nachgefragt - den Hotliner, den ich dort um 6 Uhr Ortszeit erreichte konnte sofort die entsprechenden MT940 Datensatz aufrufen - Das Geld lief von der Commerzbank New York zur Wells Fargo Bank, die dann $25 für die Weiterleitung abgezogen hat. Mein Name tauchte dann auch als Absender auf, hatte es nur nicht auf den Kontoauszug geschafft.“Very strange” meinte der Hotliner, denn die Bank sei natürlich national via Fedwire und international via SWIFT direkt erreichbar (und laut Preisliste auch ohne Kosten für “incoming wires”).

 

Nachdem ich schon $100 aufgrund der Unfähigkeit der comdirect verloren hatte, habe ich dann noch Testüberweisungen über Revolut ($3 Überweisungsgebühr, Gutschrift am selben Tag) und über eine VR-Bank versucht (€7,50, Gutschrift als “domestic wire” 3 Tage später, aber ohne Abzüge einer Korrespondenzbank).

 

Fazit: Keine Überweisungen mehr über die comdirect in die USA !

 

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht oder es gar geschafft, Gelder ohne Abzug von Gebühren durch eine Zwischenbank zu überweisen?

3 ANTWORTEN

komani
Autor ★★
13 Beiträge

Hallo Kammann,

 

danke für den ausführlichen Erfahrungsbericht!

 

Für mich durchaus relevant weil ich gerade den Wechsel zu einer anderen Krypto-Börse (in USA) erwäge auf die man Einzahlungen "ohne Gebühren des Anbieters" auch per Überweisung machen kann - dein Bericht schreckt mich jetzt aber gerade etwas ab ...

 

Muss ich mal recherchieren ob sich die Postbank da evtl. professioneller verhält (die sich zuletzt bei ihrer IT Umstellung ja auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte).

 

Antonia
Mentor ★★★
2.611 Beiträge

Vielen Dank für deinen sehr detaillierten Bericht @kammann !

 

Ja, es gibt einige Erfahrungen über die hier erzählt und geschimpft wird. Und der Ratschlag, der meistens dazu gegeben wird, lautet tatsächlich auch Revolut!

 

Erschreckend finde ich auch deine schlechte Erfahrung mit der Hotline. Da ist seit ein paar Jahren der Wurm drin.

 

Dein Bericht ist sehr hilfreich, danke!

Grüße von Antonia
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Alle Männer haben nur zwei Dinge im Sinn: Geld ist das andere. Jeanne Moreau

kammann
Experte ★★
258 Beiträge

Revolut hat leider den Schönheitsfehler, dass Überweisungen in die USA über (wechselnde!) Sammelkonten des Dienstleisters "Currency Cloud" laufen. Das triggert dann u.U. eine Geldwäschewarnung bei der Empfängerbank - insb. wenn von derselben Kontonummer schon mal eine verdächtige Zahlung empfangen wurde. Bei Wise wird der Absender auch nicht durchgereicht, aber immerhin hat man dort auf Wunsch eine eigene US-Kontonummer, die man per Kontoauszug auch belegen kann, falls doch mal eine Rückfrage aufkommt.

Postbank würde mich auch interessieren, die schreiben im Preis-/Leistungsverzeichnis nur etwas vage von "ausländischem Zahlungsdienstleister" -  die Konditionen (0,15%, mind. 8€) deuten auf SWIFT-Share Überweisungen hin.

Mein Favorit bleibt Tipanet (verfügbar über VR-Banken/Sparda/PSD), damit kommt das Geld in den USA als Domestic Wire unter Angabe des korrekten Namen des Absenders an.