am 17.11.2025 20:16
Liebe Community,
nachdem ich hier schon länger still mitlese, habe ich mich nun doch angemeldet. Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
Folgende Ausgangssituation:
Meine Eltern haben Immobilien/Grundstücke veräußert. Der Verkauf erfolgte weil man nach mittlerweile 15 Jahren nicht nur die Erbengemeinschaft auflösen wollte, sondern auch weil die Gebäude alt waren und entsprechenden Instandhaltungsaufwand verursacht haben, sich teilweise auch nur noch an ein Klientel vermieten ließen, das dann wiederum auch sehr viel Aufwand und Ärger verursacht hat. Das ganze wurde an einen Bauträger verkauft, der die Gebäude nun abreißt und auf dem Grundstück 6 Mehrfamilienhäuser errichtet.
Aus dem Verkauf ist nun ein siebenstelliger Betrag an meine Eltern geflossen. Wie ich festgestellt habe, werden meine Eltern mittlerweile bereits vom Private Banking Team der hiesigen VR-Bank betreut. Kürzlich gab es einen ersten Beratungstermin (auf Wunsch meines Vaters). Man hat ihm einen umfassenden Vorschlag zur Umschichtung des Vermögens ausgearbeitet. Er möchte nun aber, dass wir Kinder entscheiden wie das Geld angelegt wird, da er selbst bereits 80 Jahre alt ist. Meine Eltern sind auch nicht auf Erträge oder Ausschüttungen aus der Anlage angewiesen, es sind diverse Renten (gesetzlich und privat) sowie zusätzliche noch Einkünfte aus Vermietung vorhanden.
Jetzt habe ich mir den Vorschlag von der VR-Bank mal angeschaut, und ich weiß nicht so recht was ich davon halten soll. Es fängt schon damit an, dass das Gesamtvermögen nach der vorgeschlagenen „Optimierung“ nur noch 90% des aktuellen Werts entspricht. Da fehlt einfach mal ein sechsstelliger Betrag. Eine Fußnote sagt „Volumen geringer als im Status Quo, da Umschichtungen in nicht liquide Vermögenswerte“. Was soll das denn heißen? Durch die Umschichtung wird das Vermögen doch nicht auf einen Schlag 10% weniger wert. Für mich scheint hier jemand ordentlich zuzulangen, wobei 10% Schwund durch Ausgabeaufschläge und Gebühren schon ziemlich heftig wäre. Kann das denn wirklich sein?
Die vorgeschlagene Umschichtung:
- Liquidität aus dem Immobilienverkauf (77%) komplett auflösen (aktuell auf dem Tagesgeldkonto geparkt mit 0,75% Zinsen)
- bestehendes Aktienportfolio (19%) auf die Hälfte reduzieren
- Mischfonds (4%) massiv auf 44% aufstocken
Die neue Struktur soll dann folgendermaßen aussehen (angeboten werden selbstverständlich nur Produkte von DZ Privatbank, leider steht auch in den beigefügten Factsheets nirgendwo eine ISIN oder ähnliches dabei):
- 44% sollen in einen Mischfonds investiert werden (DZ Privatbank Vermögensverwaltung Mondial Ausgewogen). Mindestanlage 500.000 €. Als All-In-Fee werden 1,70% p.a. (min. 3.000 €) ausgewiesen. Im Kleingedruckten werden daraus dann schon 1,95% p.a. (inkl. 0,25% für laufende Dienstleistungskosten). Ein Ausgabeaufschlag wird in diesem Dokument nicht ausgewiesen. Würde es keinen geben, dann würde man doch sicherlich nicht darauf verzichten, das auch zu erwähnen?
- 10% soll der Aktienbestand zukünftig noch ausmachen (wie oben erwähnt auf die Hälfte reduziert). Hier könnte tatsächlich mal etwas ausgemistet werden. Manche Titel sind extrem gut gelaufen, andere eher schlecht bis fast schon Komplettverlust. Einige der (deutschen) Firmen kenne ich überhaupt nicht.
- 8% sollen in Anleihen investiert werden (DZ Privatbank Vermögensverwaltung Laufzeitstrategie Zins II) mit globalen Unternehmensanleihen der Bonitätsstufe Investment-Grade. Mindestanlage 100.000 € mit All-In-Fee von 1,00% p.a. (min. 1000 €) bzw. 1,05% p.a. insgesamt. Ein Ausgabeaufschlag wird auch hier nicht erwähnt.
- 6% in einen Mischfonds Schweiz (DZ Privatbank Swiss Gold Plus) mit jeweils einem Drittel in Gold, Schweizer Aktien sowie Schweizer Anleihen/indirekte Immobilienanlagen. Mindestanlage 60.000 € mit All-In-Fee von 1,50% p.a. (min. 700 €) bzw. 1,55% p.a. insgesamt. Ausgabeaufschlag ist nicht ersichtlich.
- 23% in Zertifikate (davon 17% in Zertifikate „dynamisch“ und 6% in Zertifikate „ausgewogen“) um auch von seitwärts laufenden Märkten zu profitieren
Beispielhaft wird hier ein „Renditezertifikat Revival“ mit Heidelberg Materials als Basiswert präsentiert (DZ Bank, WKN DU4X4C, ISIN DE000DU4X4C3).
- 6% soll in Gold investiert werden
- 4% in „Privatmarktanlagen Infrastruktur“ da habe ich in den Unterlagen aber nichts näheres dazu gefunden
- Zusätzlich wird noch ein Sparplan mit 1000 € pro Monat auf 5 Jahre in einen Aktienfonds von Union Investment (UniGlobal -net- ISIN DE0009750273) vorgeschlagen. Der hat einen Ausgabeaufschlag von 0,00% aber dafür 2,9% laufende Kosten. Durchschnittliche Jahresrendite in den letzten 5 Jahren 11,54%. Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn, mit einem ETF auf den MSCI World hätte man eine ähnliche Rendite erzielt, aber ohne die horrenden Gebühren bleibt dann natürlich deutlich mehr übrig (13,5% p.a. in den letzten 5 Jahren).
Ich habe bei der ganzen Sache ein ungutes Gefühl. Eventuell bin ich auch etwas voreingenommen. Mein Problem ist, dass ich das Vertrauen in Bankberater aufgrund diverser persönlicher Erfahrungen schon vor vielen Jahren komplett verloren habe. Mittlerweile unterstelle ich hier grundsätzlich, dass man versucht den Kunden über den Tisch zu ziehen, und die Beratung auch nicht im Kundeninteresse erfolgt sondern die gesamte Beratung einzig und allein durch Vertriebsvorgaben und mögliche Gebühren- und Provisionserträge getrieben ist. Wie gesagt, das basiert auf persönlichen Erfahrungen und ich spreche deshalb auch grundsätzlich mit keinen „Beratern“ mehr.
Mich würde jetzt interessieren, was ihr von der vorgeschlagenen Portfolioaufteilung und den angebotenen Produkten haltet. Ich glaube einfach, dass damit sehr viel Geld durch unnötige Gebühren vernichtet wird, und die Rendite muss schon sehr hoch sein um das wieder reinzuholen. Der Kursverlauf sieht in den Factsheets ja überall super aus. Aber es ist ja nicht nur die Vergangenheit die da gezeigt wird, sondern es sind immer 5-Jahres-Charts. Also genau die Entwicklung seit dem Corona-Tief. Ist ja logisch, dass das alles ganz toll aussieht. Ein Portfolio aus Aktien, Anleihen und vielleicht noch Rohstoffen könnte man sich ja theoretisch auch einfach selbst aufbauen, da braucht man kein Private Banking dafür. Aber dann wohl besser nicht bei der VR-Bank, ich habe gesehen die nehmen für jeden Trade 0,5% (ungedeckelt) bzw. über den Bankberater, wie es meine Eltern in der Vergangenheit gemacht haben, sind es sogar 0,8% (ungedeckelt).
Was mir auch etwas Sorgen macht, ist das aktuelle Marktumfeld. Die Märkte sind gerade sehr volatil und die Bewertungen extrem hoch. Einige sehen sogar schon Parallelen zur Dotcom-Blase. Gerade jetzt in diesem Umfeld einen siebenstelligen Betrag auf einen Schlag zu investieren finde ich schon gewagt. Mit meinem eigenen Ersparnissen würde ich das jedenfalls nicht tun. Aber was ist die Alternative? Das Geld übergangsweise erstmal in einem Geldmarktfonds parken und dann nach und nach investieren? Oder wäre es eventuell doch am sinnvollsten das Geld wieder dort zu investieren, wo es ursprünglich hergekommen ist? Also wieder in Immobilien, bspw. sich in einem der Neubauten einzukaufen, die auf dem veräußerten Grundstück entstehen?
Ich freue mich über eure Meinungen dazu.
am 24.11.2025 14:39
@Akazien schrieb:
@antlion schrieb:
@dg2210 schrieb:
@antlion schrieb:
Die VR-Bank rief übrigens letzte Woche mehrfach an, bis man dann beim Mittagessen endlich jemanden erreichen konnte. Er wolle mal nachfragen, wie wir uns entschieden haben, weil er (Berater) und seine Kollegin (Private Banking) jetzt auch in den Urlaub gehen.
Wo, liebe Mitleser, bleibt bitteschön euer Verständnis für Berater und Kollegin? Die haben nach Verfassen des ausgearbeiteten Vermögensplanes doch nur ihre zu erwartende Provisionen hochgerechnet, sodann taxiert, mit welcher Wahrscheinlichkeit der (80-jährige?) Kunde den Plan unterschreibt und dann gleich Urlaub gebucht. Auf den Malediven oder sonstwo. Zu zweit oder alleine oder mit Partner. Jetzt drängelt das Reisebüro auf Zahlung - also drängeln Berater und Kollegin auf Unterschriften. Dafür muss man doch Verständnis aufbringen, nicht? 😉
Nein nein nein
Kein Verständnis
eher die Kündigung 😜
Grüße
die hu`s
am 25.11.2025 10:49
Nun sollte man mal die Kirche oder Bankfiliale im Dorf lassen bei all der sachlich berechtigten Kritik am vorgestellten "Finanzpaket". Banken sind gewinnorient. Mitarbeiter verdienen eine angemessene Entlohnung gegebenenfalls auch über Prämien, so wie auch in anderen qualifizierten Berufen. Banken sind keine Verbraucherzentralen und alles andere als unabhängig bei der Auswahl der Finanzprodukte. Versicherung bieten auch nur ihre hauseigenen Angebote an. Und dass im Rahmen gesetzlicher Vorgaben zum Risiko. Diese begrenzen.
Die Zeiten der Bundesschatzbriefe, Lebensversicherung und Tafelpapiere Weltbank sind seit vielen Jahren vorbei. Aber deshalb sind Finanzprodukte nicht unbedingt viel komplizierter, wenn man bereit ist, sich mit den Grundsätzen einer aktuellen Finanzplanung zu beschäftigen. Und wer langfristig Renditen mehr als 4% generieren möchte, muss das auch selbst übernehmen. Ein Hausbau oder der Erwerb von Immobilien ist oft wesentlich anspruchsvoller und mit mehr Fallstricken verbunden als profane Anlagen über BasisETFs, Anleihen oder Zinssparen.
Soweit ich verstanden hatte, war die Frage von @antlion weniger auf geeignete Finanzprodukte, sondern mehr die Qualität der Angebote seitens der Hausbank gerichtet. Und soweit ich mitlese, besteht bei @antlion mehr als eine ausreichende Expertise zum Finanzmarkt und deren Möglichkeiten zu partizipieren. Das lässt sich aber, (aus eigenen Erfahrungen abgeleitet) nicht immer so ganz einfach und überzeugend bei Eltern, Bekanten oder Verwandten umsetzen. Zum einen ist das Risiko für Enttäuschungen zu sorgen hoch und somit die Beziehungen über Finanzen zu strapazieren, zum anderen sind die Vorbehalte gegenüber Wertpapieren mit Aktien und einer Finanzierung außerhalb der Hausbank oft recht gefestigt. Eigentlich sollte oder kann man nur Anregungen mitgeben......., auch gegenüber Eltern.