am 03.09.2022 14:27
Hallo community
Eine sehr schwierige und anstrengende Zeit für Aktienanleger. Eine Trendwende ist irgendwie nicht erkennbar.
Der kurze Aufwind hat sich wohl mehr als eine
Bärenmarktrallye erwiesen. Die Notenbanken, besonders die EZB haben lang gezaudert. Was steht uns noch bevor?
Die EZB war wohl bisher mehrheitlich davon ausgegangen, dass die hohen Inflationsraten sich von alleine erledigen, weil die zwei wesentlichen Ursachen nur vorübergehend sein werden. Lieferkettenprobleme würden sich bald auflösen, und die Energie- oder Rohstoffpreise eerden nur kurzfristig spekulativ überhöht sein und mit sinkender Nachfrage oder mit einem politischen Einlenken im Ukrainekrieg sich wieder normalisieren.
Entspannung ist nicht in Sicht, vielmehr wurde noch zusätzlich der Taiwankonflikt angestoßen.
Die Argumentation war, höhere Zinsen beseitigen weder Lieferkettenprobleme, noch deckeln diese spekulative Rohstoffpreise. Befürchtet wurde vielmehr ein Ausbremsen der Konjunktur.
Erschwerend kommt sicherlich hinzu, die Voraussetzungen und Erwartungen der einzelnen EU Staaten gehen weit auseinander, was für die einen wirtschaftlich sinnvoll, für andere sehr belastend. Zahlungsschwierigkeit einzelner Staaten bei einem Zinsanstieg inklusive.
Mit ihrer Strategie (manche werden sagen, dass ist gar keine) lag die EZB wohl mehr daneben. Die Energiepreise gehen wegen des russischen Angriffskriegs und der gegenseitigen Sanktionen weiterhin durch die Decke, und die Heizperiode steht vor der Tür. Soziale Spannung sind vorprogrammiert.
Mit einer Null-Covid-Strategie in China werden globale Lieferketten weiterhin gestört. Die internationalen Spannung bleiben unvermindert bestehen.
Vielmehr wäre mittlerweile zu erwarten, dass die hohe Inflation von Dauer ist und in eine Rezession führt. Um ein wenig Handlungsfähigkeit zu erhalten, dürfte die EZB am Donnerstag einen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten machen, 0,5 reicht wohl kaum noch aus.
Die Frage wird sein, nimmt die Anerkennung der Inflationsrealität mit einer entsprechenden Zinserhöhungen mehr Unsicherheit aus den Märkten oder werden Rezessionsängste und die Angst vor einer wirtschaftlichen Talfahrt anhalten bzw. noch weiter zunehmen. Letzteres wäre zu befürchten.
Das wird m. E. ein heißer Herbst. Die Korrektur der letzten Woche hat mein aufkommenden Optimismus deutlich ausgebremst. Ich persönlich habe den Eindruck, es ist kaum möglich im Ansatz die Marktentwicklungen einzuschätzen. Koordinaten haben sich verändert, manches erscheint bekannt und dennoch bildet sich ein recht unklares Muster ab. Quo vadis Märkte? Etwas ratlos.....
Grüße
am 05.09.2022 11:00
@haxo schrieb:
[...]
Wenn es auf der Erde noch so halbwegs ausgeglichen zugeht, gibt es immer so viel Gewinner wie Verlierer, also könnten China (pfuibäh) und die USA/Australien/Südamerika interessanter werden.
[...]
hx.
Langfristig interessant in diesem Zusammenhang finde ich die RCEP, mit 15 Ländern von Japan bis Neuseeland und 2,2 Milliarden Menschen die größte Freihandelszone der Welt. Indien wollte aus unerfindlichen Grünen nicht mitmachen, sonst wäre man auf 3,6 Milliarden Konsumenten gekommen.
Da ich den dortigen Markt bzw. die Unternehmen dort nun mal gar nicht einschätzen kann ist Asia-Pazifik die einzige Region die ich aktuell mit einem aktiv gemanagten Fond abdecke.
Gruß
Curtis
am 05.09.2022 11:50
@Klimaaprima Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich bin auch für den Ausstieg aus fossilien Energieträgern. Aber so etwas muss vernünftig gestaltet werden. Deutschland will alles bisherige einfach abschalten, ohne adäquaten Ersatz zu haben. Diese Politik hat uns in die jetzige Lage und Gasabhängigkeit gebracht. Dass das nicht funktionieren kann, versteht jeder, der die Grundrechenarten beherrscht.
am 08.09.2022 17:35
Hallo community
Die EZB reagierte mit einer zu erwartenden historischen Zinserhöhung von 0,75% auf die Rekordinflation im Euroraum. Somit steigt der Leitzins auf 1,25 Prozent. Die Zinsen liegen aber noch immer weit unterhalb der Inflationsrate. Man sollte mehr davon ausgehen, erst wenn die Zins- und die Inflationsraten ihren Abstand verringern, könnte sich eine Trendwende bei der Teuerung abzeichnen. Die EZB stellte deshalb wohl weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten in Aussicht.
Nach langem Zögern, vielleicht auch zu spät, hatte der EZB-Rat bei seiner Sitzung am 21. Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen wieder angehoben. Im August stieg zudem die Inflation im Währungsraum der 19 EU-Staaten aufgrund von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen auf die Rekordhöhe von 9,1 Prozent.
Mittlerweile rechnet die EZB damit, dass dieses Jahr die Inflation im Durchschnitt noch bei 8,1% liegen werde. 2023 rechnet man bei der EZB im Schnitt mit 5,5% und erst 2024 könnte sich die Teuerung auf 2% normalisieren. Kritiker bemängeln aber, dass die europäischen Währungshüter mit ihrem Schneckentempo bei der Bekämpfung der Inflation den Zugriff verloren haben.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel plädiert schon seit längerem für weitere und deutlichere Zinsschritte und erklärte: „Und in den folgenden Monaten ist mit weiteren Zinsschritten zu rechnen.“
Unter den Währungshütern gibt es aber auch weiterhin die Bedenken, dass mit einer zu schnellen Zinsanhebung bzw. die Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur ausgebremst wird und hochverschuldete Euro-Staaten ins Wanken geraten.
Wirtschaftsprofessor Steve Hanke sieht die ultralockere Geldpolitik der Vergangenheit der Notenbanken als entscheidenden Treiber und bleibt zunächst pessimistisch, was den weiteren Verlauf der Inflation, auch in den USA angeht und befürchtet eine Stagflation der US- Wirtschaft. So erklärt er, dass historisch gesehen eine "anhaltende Inflation" bisher immer das Ergebnis eines übermäßigen Wachstums der Geldmenge gewesen sei.
Der DAX hat ingesamt bis zum frühen Abend ohne Veränderung zum Vortag auf die Entscheidung reagiert, die US Börsen sind mit Aufschlägen gestartet nachdem es gestern ein deutliches Kursplus gab.
Ich kann mir aber vorstellen, dass der Druck wieder zunimmt und das Trendbarometer mehr auf weitere Korrekturen stehen bleibt. Eine Trendwende ist nicht absehbar, die Argumente fehlen. Dennoch, Einstiegskurse für die einen, ein Stehenbleiben an der Seitenlinie für die anderen. Ich selber bleibe trotzdessen mit moderaten und gezielten Nachkäufen dabei.
Grüße
09.09.2022 13:31 - bearbeitet 09.09.2022 13:33
09.09.2022 13:31 - bearbeitet 09.09.2022 13:33
Am wichtigsten war die Aussage "Es wird mehr als 2, aber weniger als 5 Sitzungen brauchen, um das Ende der Zinserhöhungen zu erreichen". Wenn man rechnet, kommt ein Leitzins von 3 bis 3,5 dabei heraus - viel zu niedrig. Aktuell sollte der Leitzins über der Inflationsrate liegen, aber das würde die Aktienmärkte natürlich in einen Abgrund wie 1929 schicken. Ich hoffe, daß Lagarde Recht behält, denn wenn die Inflation nicht eingedämmt wird, dann werden wesentlich härtere Schritte erforderlich sein. 1980 hat die FED den Leitzins übrigens auf 20% gesetzt.
Ich gehe davon aus, daß der Euro auseinanderbrechen wird. Denn die EZB steht vor dem Dilemma, die ZInsen erhöhen zu müssen und gleichzeitig die schwachbrüstigen Euroländer zu unterstützen. Das funktioniert noch eine Weile - also Zinsen erhöhen und fleissig Staatsanleihen kaufen, bis irgendwann jeder merkt, dass der Euro eine Chimäre ist.
Spätestens wenn Deutschland als EU-Nettozahler ausfällt, woran die aktuelle Regierung kräftig arbeitet, dürfte der Drops gelutscht sein. Deswegen empfehle ich, den Euro im Depot deutlich unterzugewichten.
09.09.2022 14:01 - bearbeitet 09.09.2022 14:01
09.09.2022 14:01 - bearbeitet 09.09.2022 14:01
@ehemaliger Nutzer schrieb:[...]
Ich gehe davon aus, daß der Euro auseinanderbrechen wird. Denn die EZB steht vor dem Dilemma, die ZInsen erhöhen zu müssen und
Dass der Euro auseinanderbrechen wird ist unwahrscheinlich.
Vor fünf Jahren war das allerdings undenkbar, also ist es zumindest wahrscheinlicher geworden, m.E. so wahrscheinlich, dass man eine Notfallstrategie haben sollte, wie auch immer die aussieht.
hx.
am 09.09.2022 18:58
@ehemaliger Nutzer @haxo usw.
Kann mir auch jemand die Alternative oder Lösung ( Plan B ) konkret erklären?
Die derzeitigen Probleme (Inflation oder explodierende Preise) sind ja nicht als eine der sieben Plagen von Gott gesendet. Während Experten für Deutschland vorübergehend bereits mit 10 % Inflation rechnen, hat die Schweiz aktuell eine stabile Inflationsrate von soliden 3,4 %.
Unser Land schadet sich mit Hilfsversprechen und wirkungslosen Sanktionspaketen idealistisch sturer Politiker immer mehr und verkommt langsam zu einem Industriemuseum. Über Herrn Habecks herumeiern bei Strom, Gas oder Insolvenzen (s. Maischberger) fragt man sich unwillkürlich, kämmt sich Kinderbuchautor Herr Habeck morgens eigentlich mit dem Hammer?
Das betrifft eine EZB-Präsidentin mit dubiosem Lebenslauf ebenso wie einen Bundeskanzler mit gravierenden Erinnerungslücken. Nicht grundlos sind bereits 65 % der Wähler von der Ampel enttäuscht.
Von allen langweiligen Politikern hat der Bundestag den langweiligsten zum Kanzler gewählt. Das Dilemma daran ist, dass die Lösung vieler Probleme genau an diesen gleichen Politikern hängt, welche dafür verantwortlich sind.
am 09.09.2022 19:38
Guten Abend @Shane 1,
Deinen Frust kann ich gut verstehen und Kritik ist berechtigt. Auch ich bin nicht wirklich zufrieden mit einigen Entscheidungen.
Aber bitte dabei nicht vergessen, Probleme und Verwerfungen, die wir jetzt erleben (oder ernten) sind Versäumnisse der Vergangenheit. Eine völlig inkompetente.Energie und Klimapolitik der GROKO unter Führung a.D. Altmaier und a.D. Merkel. Dabei auch von dieser Seite eine Fehleinschätzung gegenüber einer russischen Autokratie. Die beginnt vielleicht schon nach einem kurzen Frühling unter Jelzin. Zudem digitale- und Infrastruktur allgemein wurde unter a.D. Scheuer an die Wand gefahren und nicht bedarfsgerecht weiterentwickelt.
Auch ich habe meine Zweifel, ob es der aktueller Regierung in dieser Zusammensetzung als Ampel gelänge, wirksame Korrekturen und einen Neustart nachhaltig voranzubringen. Denn das Erbe der letzten 10 Jahre ist ein große Bürde, egal wer jetzt regieren muss. Das Motto der GROKO war leider Rückwärts oder Stehenbleiben immer, vorwärts nimmer!
Viele Belastungen sind aber auch auf der globalen Ebene entstanden, die uns nun mächtig zusetzten sehr abhängig von Rohstoffen und einer Exportwirtschaft. Dazu geschwächt von den beiden Coronajahren. Auch hier waren bisher wirksam andere am Ruder.
Grüße
am 09.09.2022 19:52
Trotz der Zinsanhebung von 0,75 Basispunkte und der kaum aussichtsreichen Aussagen von Notenbanken-Chefin Lagarde hat der Dax die 13.000-Punkte-Marke überwunden und geht mit einem Plus von 1,5% am Freitag ins Wochenende. Auch die US-Indizes starten positiv in den letzten Handelstag.
Bis zum Mittag baute der deutsche Leitindex seine Gewinne aus und sprang bei 13120 Punkten auf ein Hoch seit Ende August.
Die Energiekrise, eine anhaltend hohe Inflation, die Zinswende generell und die Möglichkeiten Rezession bzw. Stagflation bleiben als Belastungsfaktoren für die Märkte. Zusätzlich noch die geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten, gleichzeitig weiterhin stockende Lieferketten werden auch in den kommenden Wochen immer wieder für volatile Kursbewegungen sorgen. Optimistisch gesehen vielleicht ein Auf- und Ab als Seitwärtsbewegung. Noch unklar bleibt, ob es Auswirkungen von wieder ansteigenden Coranaerkrankungen im Herbst oder Winter geben könnte.
Nicolai Tietze von Morgan Stanley geht von weiter fallenden Märkten in den nächsten Wochen aus. Kursgewinne sieht er, wenn mehr bei den Aktien der Versicherer, Pharma und Telekommunikation. Erwähnt wurde hier auch alternativ zu Einzeltiteln eine Investition in den STOXX Europe 600 Insurance WKN 965882.
Ein ETF, der diesen abbildet wäre der iShares STOXX Europe 600 Insurance WKN A0H08K.
Subjektiv habe ich den Eindruck, wenn ich zurzeit Notizen oder Infos lese, dass private Anleger optimistischer sind (mich ein geschlossen) als institutionelle Anlagestrategen. Vom weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock wird vermeldet, dass dieser erstmals seit sieben Jahren in der globalen Allokation bei Aktien untergewichtet sei.......bin auf die nächste Woche gespannt.
Grüße und ein erholsames Wochenende und ein erfolgreiches Händchen für nächste Woche
Ein Bärenmarkt dauere typischerweise 14 Monate und bringe im Schnitt einen Rückgang um 35 Prozent. (aus dem handelsblatt.com, 9.9.22, Peter Köhler)
am 09.09.2022 21:50
@Shane 1 , irgendwie habe ich das Gefühl, dass deine Frage eher rhetorisch gemeint ist, als dass du uns um eine konkrete Antwort bittest ![]()
In Situationen wie der gegenwärtigen hilft nur das alte Gelassenheitsgebet:
Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Angeblich von einem US-Theologen in den 40ern verfasst.
Und da er sicher ganz Amerikaner war, hätte er statt seine Unzufriedenheit in viele, verschwendete Worte zu fassen lieber USD 1.000 in Aktien gesteckt und würde jetzt USD 300.000 ernten ![]()
hx.
am 09.09.2022 23:34
das hast du richtig interpretiert, ich sehe tatsächlich auch keine brauchbaren Alternativen. Deshalb vertraue ich weiterhin darauf, dass auch diese Krise ( wie alle in der Vergangenheit bisher) vorübergeht. Ich versuche deshalb weiterhin die besten Konzerne der Welt ins Depot zu kaufen, nicht mit der Idee, schlauer wie andere zu sein, sondern, dass in diesen Konzernen clevere Vorstände an der Führungsebene sitzen, welche sich für den Erfolg ihres Unternehmens den Kopf zerbrechen.
Manchmal komme ich mir zwar etwas reaktionär vor, vor allem wenn ich teils ernsthaft gemeinte Ratschläge lese wie: die Börse ist schnellebiger geworden, kaufen und liegen lassen ist überholt, mit seinen Aktien darf man nicht verheiratet sein und alle diese Tipps, welche wir hier immer wieder lesen können.
Aber an diesen hektischen Zeiten sind nebenbei nicht die Märkte - sondern die Anleger schuld, welche gierig jeder kleinen Meldung hinterherlaufen und immer stets nach höheren Kurszielen und Gewinnotimierung streben.
Wie oft wird hier diskutiert, wieviel Kurspotential verschiedene Aktien haben, aber noch nie habe ich hier gelesen, dass jemand hinterfragt, welche Konzerne sich bisher den bisherigen orbitanten Schankungen ohne Kursverluste entziehen konnten.
Könnte man sich doch als Überlegung für die eigene Strategie auch einmal Gedanken machen.
Sieh dir mal als Beispiel eine Novartis an, ein richtiger Langweiler (gemütlich wie die Schweizer eben sind), steht einiges höher wie zu Jahreanfang und interessiert sich nicht für Lieferkettenprobleme. Konnte ich übrigens beim Erstkauf im Jahr 2011 für unter 37 Euro/Stück abfischen.
Grüße - Shane
Ach so, 11 x gab es auch schon regelmäßig Dividenden dieses Jahr 3,10 CHF und diese sind mir sicherer wie bisher unerreicht ausgerufene Kursziele vom Aktionär, dem Fokus oder der Börse Online.