12.12.2021 06:30 - bearbeitet 12.12.2021 18:53
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Als erstes zwei Entschuldigungen:
Entschuldigung Nr. 1: Der Teaser war viel zu einfach für alle, die ab und zu in der Aegeis urlauben, manchmal beim Griechen um die Ecke speisen (statt bei McDonalds (gute Aktie) oder Dominos (ausgezeichnete Aktie)) oder aber (wie ich) ein humanistisches Gymnasium besucht haben. Alle anderen finden mit Google unmittelbar zur Lösung (s.u.). Das war freilich nicht beabsichtigt.
Entschuldigung Nr. 2: Dieser Beitrag sollte eigentlich auf einem lustigen Wortspiel auf Basis von "3G" beruhen. Leider ist dieser Begriff in letzte Zeit sehr stark politisiert und negativ konnotiert worden. Ich habe diese Referenzen entfernt, dadurch geht leider auch etwas Inhalt verloren.
3G: "Gegessen, getrunken und getrickst wird immer" ist die Standard-Börsenweisheit in Bezug auf Lebensmittelaktien und diese Aussage hat natürlich zwei Seiten. Viele von uns sind an Lebensmittelunternehmen beteiligt, aber praktisch alle sind Konsumenten derer Produkte. Seit einiger Zeit sind Qualitätsverschlechtungen sehr populär. Dabei nimmt man eine hochwertige Zutat (z.B. Sahne) aus der Rezeptur, packt stattdessen billige Chemie (Wasser, Emulgator, Abfallfett, natürliches (für Österreich: künstliches) Aroma) hinein, schreibt groß auf die Packung "Neu - laktosefrei" und erhöht den Preis spürbar.
Ist das nun gut für mich, weil meine Aktien steigen, oder schlecht für mich, weil ich diesen Dreck nun selber fressen muss?
Es gibt ein paar Ausnahmen von der Regel, Unternehmen also, die Überflüssiges (z.B Geschmacksverstärker) weglassen und trotzdem den Preis erhöhen (z.B. Frosta) - allerdings ist deren Wertentwicklung nicht so berauschend.
Moralisch einfacher ist es, die Inhaltsstoffe eines Depots oder einer Aktie zu beurteilen. Die Kapitalpreismodelle und die Portfoliotheorien (englisch: capital asset pricing model CAPM) zeigen, daß Aktien und Depots (= Portfolios im Sinne des CAPM) Inhaltsstoffe haben, und der Preis einer Aktie von diesen abhängt. Hier reicht der Platz nicht, um auf alle Feinheiten und Varianten der verschiedenen Modelle einzugehen; festzuhalten ist, daß alle CAP-Modelle einen Beta-Faktor enthalten. Dieses Beta beschreibt die Kursentwicklung einer Aktie (bzw eines Depots) in Abhängigkeit von der Entwicklung des zugehörigen Index. Dabei gilt: Ein Beta von 1 gilt als neutral, bei Werten kleiner 1 schwankt der Wert weniger als der Index, bei Werten über 1 stärker als der Index.
Ein S&P-500 ETF hat darum ein Beta von ca 1; Bargeld im Kopfkissen lacht mit ein Beta von 0.
Warum ist das wichtig?
Der Vorstand eines Unternehmens hat die Möglichkeit, viel Beta oder wenig Beta in die eigene Aktie zu packen. Zocker wollen zocken, Investoren wollen Geld verdienen. Geld verdient man, indem man sich "vom Markt" für das eingegangene Risiko bezahlen lässt. Mehr Geld verdient man, indem man sich vom Markt mehr als angemessen bezahlen lässt.
In der Theorie sind die Märkte effizient, in der Praxis zeigt sich aber (siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Low-volatility_anomaly), daß Aktien mit geringem Beta eine höhere durchschnittliche Rendite bringen, als nach den Modellen gerechtfertigt wäre.
Campbell Soup (WKN 850561) ist eine typische Low-Beta-Aktie mit einem Wert von nur 0,18 (5-Jahres-Durchschnitt), d.h. eine Veränderung des S&P 500 um 1% wirkt sich nur zu 0,18% auf den Preis der Campbell-Aktie aus. Campbell macht Suppen und Salzgebäck und das vorwiegend in den USA. Zeitweise waren auch Erasco und "heisse Tasse" bei Campbell, aber diese Marken hat der Vorstand vor einigen Jahren an einen Private-Equity-Fonds verkauft. Seit kurzem ist Campbell mit "Snyder's of Hanover"-Snacks wieder in den deutschen Supermärkten vertreten.
Die Geschäftszahlen sind eher langweilig, in den letzten zehn Jahren stieg der Gewinn pro Aktie um überschaubare 2,2% p.a., die Dividende liegt mit ca 3,5% über dem S&P-Durchschnitt und die pay-out-ratio mit 53% im grünen Bereich. 2020 war wegen Corona ein besonders gutes Jahr, in diesem Jahr normalisieren sich die Umsätze wieder - die Leute haben offensichtlich noch den Schränke voll mit Suppendosen und Salzgebäck.
Im Dreijahreschart sieht man schön, wie wenig sich die Aktie in der Corona-Krise bewegt hat (blau: S&P 500). Dabei erkennt man drei Phasen: im Jahr 2019 war das Beta etwa bei 1, während der Corona-Zeit lag es bei nahe Null und in 2021 ist es sogar negativ. Daher nimmt man zur Beurteilung einer Aktie überlicherweise den 5-Jahres-Durschschnitt des Betas.
Warum sollte man so eine Langweiler-Aktie kaufen?
An der Börse ist es wie im Büro: Man muß den Krieg gewinnen, nicht jede einzelne Schlacht. Wer in diesem Jahr an Campbell festhielt, hat die Rendite seines Depots reduziert. Er hat aber höchstwahrscheinlich aus das Risiko reduziert. Wenn nun die Risikoreduktion größer war als der Renditeverlust, dann ist die risikoadjustierte Rendite (auf diese achten Investment-Profis) gestiegen, d.h. das Depot liegt durch Campbell näher am theoretischen Optimum.
Der zweite Teil des Teasers "das schmeckt nicht jedem" bezog sich genau auf diesen Zusammenhang. Ob der Kauf von Campbell sinnvoll ist, hängt vom vorhandenen Depot ab. Wessen Depot schon jetzt unter einem Beta-Mangel leidet, sollte vom Kauf absehen. Ebenso, wenn es schon Werte enthält, die stark mit Campbell korrelieren.
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Zum Teaser: Die Griechenland-Freunde haben gleich gemerkt, daß der Hinweis wie eine bekannte griechische Suppe klingt, aber ein Beta (gesprochen "v") fehlt. Alle anderen werden von Google darauf hingewiesen; es meldet nämlich bei der Suche sinngemäß "in deinem Suchbegriff fehlt doch ein Beta", ich zeige dir stattdessen ein paar Bilder von Suppen, die ich unter "Γιουβαρλάκια" gespeichert habe.
Der einzige Kniff war, die nächste Anfrage auf englisch zu formulieren. Suchen nach "Suppe ohne Beta" (o.ä) bringen keine vernünftigen Resultate, aber "no beta soup share" führt direkt zu Campbell.
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am 12.12.2021 19:05
(Hier steht ein Smiley mit ganz breitem Grinsen) Den Ausschnitt aus Stromberg kenne ich natürlich. Mein Vorbild im wahren Leben ist "dieser Becker", der Chef von Stromberg (der dann später von ... äh ... diesem ... äh ... seinem Chef abserviert wird ... von diesem ... äh ... Wehmeyer!). "Also ... äh ... dieser ... äh ... Becker ... äh ... alsoalsoalso, äh .... also .... deeer ... äh ... deeeeer ... äh ... also ... deeeem werden wir schon zeigen, wo der ... äh ... Fuchs die Eier ... äh ... hängen hat ... äh ... Hammer ... äh ... äh ... also ... also ... dann hat es sich aber mal gaaaanz schnell ... äh ... aus ... äh ... ausgebeckert!"
Alsoalso, ich weiß ja nicht, wer im wahren Leben ab 2022 die .... äh ... Vorgesetzten von @dg2210 sein werden, aber ... äh ... ich kann mir vorstellen, dass es ... also ... äh ... also mal ein gaaaaaanz großes Vergnügen ist, mit Dir zusammenzuarbeiten. Näää?
nmh
am 12.12.2021 19:24
@nmh schrieb:
(Hier steht ein Smiley mit ganz breitem Grinsen) Den Ausschnitt aus Stromberg kenne ich natürlich. Mein Vorbild im wahren Leben ist "dieser Becker", der Chef von Stromberg (der dann später von ... äh ... diesem ... äh ... seinem Chef abserviert wird ... von diesem ... äh ... Wehmeyer!). "Also ... äh ... dieser ... äh ... Becker ... äh ... alsoalsoalso, äh .... also .... deeer ... äh ... deeeeer ... äh ... also ... deeeem werden wir schon zeigen, wo der ... äh ... Fuchs die Eier ... äh ... hängen hat ... äh ... Hammer ... äh ... äh ... also ... also ... dann hat es sich aber mal gaaaanz schnell ... äh ... aus ... äh ... ausgebeckert!"
Alsoalso, ich weiß ja nicht, wer im wahren Leben ab 2022 die .... äh ... Vorgesetzten von @dg2210 sein werden, aber ... äh ... ich kann mir vorstellen, dass es ... also ... äh ... also mal ein gaaaaaanz großes Vergnügen ist, mit Dir zusammenzuarbeiten. Näää?
nmh
Herr Dr. Nübel, sind das sie????
am 12.12.2021 19:38
Manchmal wünsche ich mir, dass ich ein Büro hätte... Dann bin ich froh über mein Homeoffice.
The Office wäre schön zu sehen... Geht aber nicht ohne zu kaufen 😞
am 18.04.2022 14:14
Leider sind wir in einer Börsenphase, in der sich die Vorzüge der Low-Beta-Aktien manifestieren.
Der breite Markt (blau: S&P 500) schwächelt, low-beta koppelt sich ab.