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Wie man 500 Mio $ verbummelt

dg2210
Legende
6.994 Beiträge

In den letzten Wochen gab es einige Meldungen darüber, dass die Citibank rund eine halbe Milliarde Dollar durch falsche Überweisungen verloren hätte. Leider haben die Herren und Damen „Journalisten“ dabei die Recherche vergessen und nur über unzusammenhängende Teilaspekte berichtet. Selbst nach dem Lesen einiger Meldungen ist unklar, warum das Geld verschwunden ist.


Ich habe mich in den letzten Tagen durch einige tausend Seiten Gerichtsakten gekämpft und kann einigermaßen erklären, was passiert ist. Zur besseren Lesbarkeit sind Zahlenwerete im Folgenden stark gerundet. 

Vorgeschichte

Im Jahr 2016 hat der Kosmetikkonzern Revlon eine Anleihe in Höhe von 1 Mrd  bei institutionellen Anlegern platziert (die „16er-Anleihe“). Die Anleihe ist durch -  nicht näher genannte - Vermögenswerte von Revlon besichert und wird von der Citibank verwaltet. Ende 2019 wurde das Geld schon wieder knapp und Revlon beauftrage Citi mit der Emission einer weiteren Anleihe (die „20er-Anleihe“). Zur Vorbereitung rief Citi im März 2020 eine Versammlung der 16er-Gläubiger ein und ließ über drei Änderungen an den Anleihebedingungen abstimmen: Revlon sollte ein Sonderkündigungsrecht erhalten, die 16er-Gläubiger sollten das Recht bekommen, ihre Anteile in Anteile der 20er-Anleihe umzutauschen („roll-up“)  und die Besicherung der 16er-Anleihe sollte auch für die 20er-Anleihe gelten.

Insbesondere letzter Punkt ist kritisch, denn es bedeutet, daß die Absicherung der 16er-Anleihe verringert wird, da dieselben Vermögenswerte ein viel größeres Volumen absichern müssen.

Die Änderungen wurden mit einer knappen Mehrheit angenommen; höchstwahrscheinlich stimmten diejenigen 16er-Gläubiger, welche auch die 20er-Anleihe zeichnen wollten dafür und die anderen dagegen. Die unterlegenen Gläubiger bereiteten daraufhin eine Klage gegen den Beschluss vor und reichten diese Anfang August 2020 bei Gericht ein.

Der 11. August 2020

Für den 11.08.2020 hatte Citi einen roll-up geplant, d.h. einen teilweisen Umtausch der 16er-Anleihen in 20er-Anleihen; aber in der Citi-EDV gibt es keinen vordefinierten Geschäftsvorfall für eine solche Aktion. Darum wurde ein manuelles Verfahren gewählt: EDV-technisch sollte am 11.08.2020 eine vorzeitige Kündigung der Anleihe vorgenommen werden, welche eine taggenaue Zinsberechnung auslöst. Die Zinsen sollen ausgezahlt werden und danach werden denjenigen, welche umtauschen wollten, neue 20er-Anleihen eingebucht und die anderen bekommen ihre 16er-Anleihen zurück, aber mit neuem Zinslauf ab dem 12.08.2020.

Für die „Nichtumtauscher“ hat das den erfreulichen Nebeneffekt, daß sie ihre Zinsen vor dem Zinstermin bekommen, ansonsten bekommen sie von der Maßnahme nichts mit.

Revlon überwies 8 Mio an Citi  (die am 11.08. fälligen Zinsen) und Citi beauftrage ihren indischen IT-Dienstleister, die entsprechenden Buchungen vorzubereiten. Der Auftrag lautete ungefähr so:
Kündigung Revlon-Anleihe zum 11.08,
Zinsen zu Lasten Revlon-Konto, Tilgung zu Lasten Citi-Portokasse,
Zinsgutschrift zu Gunsten Gläubigerkonten, Tilgungsgutschrift zu Gunsten Citi-Portokasse

Der IT-Dienstleister erfasste den Auftrag im Flexcube-System der Citi wie dargestellt (300/300/23 ist die Kontonummer der Citi-Portokasse) 

 

Flexcube.png

Der Auftrag wurde zur Prüfung an die Citi zurückgeschickt und auch dort wurde nicht bemerkt, daß die „override default“ Häkchen bei FUND und FRONT nicht gesetzt sind – somit wurde die Transaktion freigegeben.

  
Am nächsten Morgen stellte die Citi fest, daß knapp 1 Milliarde in der Portokasse fehlt. Sie konnten schnell herausfinden, daß die Revlon-Tilgungsgutschrift nicht gebucht wurde und taten, was jeder in der Situation tun würde: beim Helpdesk anrufen! Dieser konnte schnell aufklären, daß kein Fehler vorlag – im Handbuch steht ganz deutlich, daß bei derartigen Buchungen FRONT, FUND und PRINCIPAL gesetzt werden müssen.

Zwischenzeitlich hatten die 16er-Gläubiger die Gutschrift auf ihren Konten entdeckt und wunderten sich, daß in der Abrechnung, die sie ebenfalls erhalten hatten, nur die Zinsen, aber nicht die Tilgung aufgeführt war. Einige der 16er-Gläubiger, die gegen die Änderung der Anleihebedingungen gestimmt hatten, witterten einen Trick der Citi, um die anhängige Klage zu sabotieren: wer kein Gläubiger mehr ist, hat auch keinen keinen Grund (und kein Recht) zu klagen.

Im Lauf des Tages griffen die Citi-Verantwortlichen zum Telefon / Fax, kontaktierten die 16er-Gläubiger und baten um Rücküberweisung. Zur großen Verblüffung der Bank überweisen die Gläubiger, die auch in die 20er-Anleihe investiert hatten, das Geld sofort zurück (ca 500 Mio), während sich die anderen Gläubiger (die gegen die Änderung der Bedingungen waren) taub stellten.

Citi reichte daraufhin Klage auf Rückzahlung der unbeabsichtigt ausgezahlten 500 Mio ein.

Eigentlich ein klarer Fall --- möchte man meinen. Das Bankrecht des Staates New York basiert auf „commom law“ und es gibt bereits Rechtsprechung zu dieser Frage. In New York gilt: zahlt der Schuldner (aus welchen Gründne auch immer) den genauen Betrag der Schuld an den Gläubiger, so gilt das als Tilgung der Schuld und der Schuldner hat keinen Rückzahlungsanspruch.

So wurde auch erstinstanzlich entschieden.

De fakto hat die Citi den 16er-Gläubigern ihre Anleihe zum Nennwert abgekauft; die 16er-Gläubige haben ihr Geld zurück und Citi hat das Risiko und den Zinsanspruch gegen Revlon.

 

11 ANTWORTEN

huhuhu
Legende
8.277 Beiträge

@Antonia  schrieb:

Wow!!!

 

Hab ich gar nicht mitbekommen, dass da was im Busch ist 😉

 

@Antonia 

 

...nun ja, liebe Toni

wenn Frau auch nur Lambada ( oder ähnlich ) im Kopf hat  Herz

 

Grüße

P.

 

...ohne Levante Smiley (traurig)

 

 


 

Necoro
Mentor ★
1.071 Beiträge

@dg2210  schrieb:

- hat wichtige IT Aufgaben an einen billigen Dienstleister ausgelagert


Sagt ja niemand, dass die billig waren 🙂 Kommt ja durchaus vor, dass man teure inländische Softwareberatungshäuser zu teuren Spitzensätzen beauftragt -- und die das sofort nach Indien weitergeben.

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