am 12.04.2021 18:03
Liebe Community,
ich bräuchte ein paar Tipps von Euch, da ich im Moment bei der comdirect irgendwie nicht weiterkomme.
Der Hintergrund ist leider, dass mein Vater vor kurzem verstorben ist und daraufhin die comdirect den Kontozugriff gesperrt hat.
Seitdem ist es extrem schwer, Kontakt aufzunehmen, da die Zugangsinformationen nicht mehr funktionieren.
Obwohl ich Patientenverfügung und Depotvollmacht zugeschickt habe, wurde nun eine erneute Unterschriftsprobe von meinem Vater angefragt. Sehr taktvoll, wirklich sehr taktvoll.
In der letzten eMail Korrespondenz bat man mich nun um die Zusendung der Originale und bei dem Service, den ich bisher gesehen habe, tue ich mich damit sehr schwer, denn es gibt genau EIN Original der Dokumente. Meine Bitten um einen Rückruf verliefen im Sande, meine Anrufe landen jedoch nicht bei der Nachlassabteilung, sondern im Servicecenter, das wiederum nicht zur Nachlassabeitung durchstellen kann oder will.
Auch ich bin Kunde der comdirect, fange langsam aber an zu Zweifeln, ob man seinen Hinterbliebenden das zumuten sollte - immerhin gibt es in der Situation noch mehr Themen als sich nur um die comdirect zu kümmern.
Habt ihr für mich einen Tipp, was ich noch probieren kann?
Vielen Dank im Voraus,
nreg
am 11.07.2024 23:29
Ich gehe im Folgenden von einer normalen Vollmacht aus, die der comdirect mittels bandeigenen Formular erteilt wurde. Nktarielle Vorsorgevollmachten sind ein eigenes Thema und lassen sich ohnehin nicht allgemeingültig betrachten.
@Startrek schrieb:Nach meinem Verständnis hätte ich aufgrund der Vollmacht zunächst weiter Zugriff auf Ihr Konto und das Depot.
Korrekt.
@Startrek schrieb:
Dürfte ich aber auch z.B. Überweisungen tätigen und Ihre Wertpapiere verkaufen? Was sollte man beachten, um unnötige Komplikationen zu vermeiden? Wo kann ich die Details zu der bestehenden Vollmacht einsehen? Was würde z.B. passieren, wenn ich im Falle eines Falles stumpf ihr gesamtes Vermögen an mich überweisen würde – wäre ich dazu aufgrund der Vollmacht berechtigt?
Ohne auf alles einzeln einzugehen kannst Du Dir die allermeisten Antworten selber herleiten, indem Du immer eine Sache bedenkst: Nach dem Tod handelt es sich um das Vermögen des oder Erben. Wozu auch immer Du die Vollmacht nutzt muss vor diesem Hintergrund geschehen.
Eine Vollmacht gibt Dir die Möglichkeit agieren zu können, durch sie entstehen Dir aber keinerlei Rechte an dem Vermögen. Vor allem ist eine Vollmacht über den Tod hinaus kein Testamentsersatz.
Ja, Du kannst und darfst Überweisungen tätigen, z.B. um noch offene Rechnungen (Handwerker, Arztrechnungen etc.) oder mit dem Todesfall in Zusammenhang stehende Leistungen zu zahlen (Bestattungskosten o.ä.).
Das ist der unproblematischte Bereich der Geschichte.
Auch Wertpapiere darfst Du verkaufen. Wenn es zur Begleichung genannter Rechnungen erforderlich, dann sowieso. Außerdem musst Du nicht zusehen, wenn z.B. ein Wertpapier gerade abschmiert. Schwer vorstellbar, dass ein Erbe Dir in solch einem Fall böse wäre, im Zweifel solltest Du aber trotzdem begründen könnenen, warum die jeweilige Handlung aus Deiner Sicht im Interesse des neuen Eigentümers des Vermögens gewesen ist.
Solltest Du Alleinerbe sein, dann läuft die Sache sowieso in allen Belangen recht unproblematisch. Es gilt der alte Spruch "Wo kein Kläger, da kein Richter". Sollte die Erbfolge unklar sein, dann ist dagegen etwas mehr Vorsicht geboten.
am 12.07.2024 05:43
Ich fasse mich kurz: Danke für Eure ausführlichen Antworten. Keine weiteren Fragen! 🙂
12.07.2024 11:45 - bearbeitet 12.07.2024 17:01
12.07.2024 11:45 - bearbeitet 12.07.2024 17:01
@GetBetter hat alles sehr gut beschrieben 👍
In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass es zu Vorsorgezwecken extrem wichtig ist, eine Bankvollmacht (mit eigenen Zugangsdaten) zu haben. Andere Vollmachtsarten sind zwar gut und schön, aber Banken erkennen in der Regel nur ihre eigenen Vollmachten an, was dann erst mal sehr Aufwand verursacht.
Als meine Mutter verstarb, passierte folgendes: Die Rentenversicherung erhielt davon Kenntnis und rief die überzahlte Rente zurück. Das bekam die Bank natürlich mit und sperrte daraufhin Online-Zugang und EC-Karte meiner Mutter.
Zwar hatte ich eine Bankvollmacht, aber keine eigenen Zugangsdaten, was in dem Moment natürlich blöd war und ziemlich viel Rennerei verursachte. Zum Glück handelte es sich um eine Filialbank und so konnte ich vor Ort Einblick in das Konto nehmen. Daraus habe ich gelernt und es nun bei der restlichen Verwandtschaft (mit eigenen Zugängen) besser gelöst.
am 12.07.2024 13:50
Das ist bei uns tatsächlich der Fall. Besonders praktisch finde ich dabei bei der Comdirect, dassdie Zugangsnummer direkt vorausgefüllt im Browswer erscheint, wenn ich aus meinem eigenen Account in den meiner Mutter wechsele.
am 12.07.2024 18:05
@ehemaliger Nutzer schrieb:
Als meine Mutter verstarb, passierte folgendes: Die Rentenversicherung erhielt davon Kenntnis
@ehemaliger Nutzer: Habt ihr (die Nachkommen) das veranlasst, oder war es jemand anders?
am 12.07.2024 18:31
am 12.07.2024 18:31
Das war der Bestatter, den wir mit der Erledigung der üblichen Formalitäten beauftragt hatten.
am 12.07.2024 19:00
@ehemaliger Nutzer schrieb:Das war der Bestatter, den wir mit der Erledigung der üblichen Formalitäten beauftragt hatten.
Gut zu wissen! D.h, man sollte den Bestatter entsprechend instruieren.
am 12.07.2024 19:41
@dg2210 schrieb:
@ehemaliger Nutzer schrieb:Das war der Bestatter, den wir mit der Erledigung der üblichen Formalitäten beauftragt hatten.
Gut zu wissen! D.h, man sollte den Bestatter entsprechend instruieren.
Instruieren, wie meinst du das genau @dg2210 ?
Den Bestatter kann man beauftragen, die Dinge zu erledigen, die man sowieso machen muss oder man macht es selber.
Ist eine normale Dienstleistung.
am 12.07.2024 19:41
am 12.07.2024 19:41
In so einem Fall sind sehr viele Dinge zu erledigen und ein kompetenter Bestatter bietet alle entsprechenden Dienstleistungen an. Speziell, was das ganze Behördengedöns angeht, ist das dann eine große Entlastung.
am 12.07.2024 20:26
@Antonia schrieb:
@dg2210 schrieb:
@ehemaliger Nutzer schrieb:Das war der Bestatter, den wir mit der Erledigung der üblichen Formalitäten beauftragt hatten.
Gut zu wissen! D.h, man sollte den Bestatter entsprechend instruieren.
Instruieren, wie meinst du das genau @dg2210 ?
Damit meinte ich, daß man den Bestattungsdienst explizit anweisen sollte, außer der Totenschein-Beantragung alle weiteren Aktionen zu unterlassen. Der Bestatter hat keinen Einblick in die konkreten Folgen seiner Aktionen; wie oben beschrieben führt dann eine "gutgemeinte" Meldung an die Rentenversicherung zu Problemen. Solche Probleme passieren, wenn mehrere Stellen gleichzeitig irgendwelche unkoordinierten Aktionen auslösen. Darum sollte man dem Bestatter untersagen, eigenmächtige Handlungen vorzunehmen.