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ETF Kritik wird lauter...

swolpoll
Experte ★★★
727 Beiträge

Werte Community,

  

die Pleite von Lehman Brothers jährt sich übermorgen zum zehnten Mal und wer die News der letzten Tage und Wochen aufmerksam liest, sieht, dass einige Crash-Propheten gerade wieder Hochkonjunktur haben. Soweit so gut, das ist nur menschlich. Jeder Prophet will Recht gehabt haben, deswegen wird jetzt gleich die Mutter aller Finanzkrisen ausgerufen.

 

Aber was mich in der ganzen Diskussion doch ein wenig überrascht, ist dass insbesondere Kritik an ETFs immer hörbarer wird, z.B. in diesem Artikel

 

Ich bin selbst überzeugter und zufriedender ETF-Investor (Aktien, Anleihen, gerne auch Spezial-ETF), und das schon seit über zehn Jahren. Aber einige der Argumente die nun vorgebracht werden lassen mich zumindest innehalten, ob da nicht doch was dran sein könnte (Befeuerung gut gelaufener Aktien, z.B. FANG; stupides Kaufen von (Schrott)-Aktien, sobald diese in Indizes aufgenommen werden; laufende Preisstellung versagt bei Flash Crashs bzw. verstärkt diese, Emittentenrisiko bei Swappern etc.). Ich finde viele der Argumente gelten genauso bei aktiv gemanagten Fonds und sind somit keine spezifische ETF-Kritik. Aber irgendwie so ein leichtes Störgefühl macht sich doch bei mir breit...

 

Wie sehen das die anderen ETF-Jünger hier im Forum?

 

Gruß, swolpoll

 

 

11 ANTWORTEN

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

Zunächst einmal läßt die gefühlt ansteigende Lautstärke an eine FUD-Strategie denken. Anbieter von aktiven Fonds u.a. haben ein Interesse, die Konkurrenz als riskant darzustellen.

 

Besonders überzeugend finde ich die vorgebrachten Argumente bisher nicht, und die, die stimmen, haben nur wenig praktische Relevanz.

 

Daß auf Swaps basierende ETFs prinzipiell ein Gegenparteirisiko haben, ist ganz klar richtig. Es gibt Gegenmaßnahmen dagegen (Besicherung); wem die nicht genügen, der kann einen physisch replizierenden ETF nehmen.

 

Auch daß während eines Crashs kein sinnvoller Handel in ETFs möglich ist, glaube ich sofort. Das Problem ist aber eher die Idee, im Crash verkaufen zu wollen.

 

Und wenn eine Schrott-Aktie in einen Index aufgenommen wird: Wer erkennt im vorhinein, daß sie Schrott ist?

chairman_1
Experte ★★
335 Beiträge

...ich meine nicht, dass die ETF Kritik lauter wird. Sie war in letzter Zeit immer in dieser Tonlage...und den Ton angestimmt haben die Manager aktiv betriebener Fonds, die um ihre Pfründe fürchten/fürchteten.

So schreibt denn auch der Verfasser des Artikels:

"Laut der Fondsratingagentur Morningstar wird spätestens 2024 das Volumen der passiven Fonds das der aktiv gemanagten Produkte überschreiten." sic.

LG Chairman
-expert for nothing-

swolpoll
Experte ★★★
727 Beiträge

@chairman_1

@chi

 

Ja, ich habe auch das Gefühl, dass das aus der Ecke der bald arbeitslosen bzw. unterbeschäftigten Fondsmanager kommt...Auch dieses Interview aus der FAZ lässt diesen Schluss zu.

 

Aber dass die ARD die ETF-Kritik einfach so aufgreift (zuletzt auch in der Dokumentation "10 Jahre Lehman: Die Party der Banker geht weiter") und nicht auch gleichzeitig auf die Segnungen der ETF eingeht (z.B Jeder kann mit einem 25 Euro Sparplan Aktionär des ganzen MSCI World werden, breit gestreut und kostengünstig, das wäre vor 15 Jahren noch undenkbar gewesen) ist für mich skandalös. So wird mit unseren GEZ-Gebühren tendenziöse Berichterstattung gemacht. 

 

 

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Ich bin mir nicht sicher ob wir das Thema nicht am falschen Nagel aufhängen.

 

Das Problem scheint meiner Meinung nach zu sein, dass wir - aus Gründen - dazu neigen in Werte zu investieren, die Indices abbilden. Die großen bzw. wichtigen Indices setzen sich aber anhand der Marktkapitalisierung zusammen. Das führt dazu das  Großes größer und Kleines kleiner wird (c.p.).

 

Würden wir - modellhaft betrachtet - alle nur direkt in Aktien investieren, dann wäre die Welt in Ordnung und die Indices zeichnen wieder zuverlässige Bilder von den Märkten. Wir investieren aber (vereinfacht) nur noch in Produkte, die Indices abbilden. Das hat etwas von einer self-fulfilling prophecy, wenn der Fonds das kauft was er hat.

 

Da sich unser Anlageverhalten nahezu komplett auf Index-ETFs umgestellt hat müssen sich nun auch aktive Fondsamanager an den Indices messen lassen. Das führt vielleicht dazu, dass sie dann auch dort vermehrt zum Einsatz kommen.

 

Index-Investment sind vermutlich kein Problem, wenn sie nicht die Aktienmärkte bewegen. Da machse den Bock zum Järtner -  (altes Düsseldorfer Sprichwort Smiley (zwinkernd)).

 

Insofern würde ich den ETFs gar keine Schuld geben. Sie sind nicht das Problem sondern nur eine Konsequenz aus unserem Index-Ansatz. Wir wollen aber auch nur Risiken vermeiden und möglichst breit investieren.

 

Ein guter (!!) Fondsmanager nimmt vielleicht auch aussichsreiche Unternehmen ins Portfolio mit auf, die eine geringe Marktkapitalisierung haben. Um solche Perlen zu finden, muss man über die Dörfer gehen und sich viele Unternehmen anschauen und viele Gespräche führen. Das kostet Zeit und Geld.

 

Beispiel: Ein DAX-ETF darf wirecard erst kaufen, wenn die Aktie so gut gelaufen ist, dass sie in den DAX aufsteigt. Ein guter Fondsmanager hat das schon vor Jahren erkannt und ist günstig eingestiegen.

 

Wir machen es uns zu einfach, wenn wir ETFs und aktive Fonds ohne uns als Konsumenten betrachten.

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@ehemaliger Nutzer: Das wäre aber nur ein Problem, wenn wirklich alle ausschließlich in Indexfonds anlegen würden. Dann wäre es wirklich so, daß die Kurse nichts mehr mit der Entwicklung der Unternehmen zu tun hätten. (Gut, je nachdem, wie die Indexanbieter dann die Zusammensetzung bestimmen würden.)

 

Das wird aber aus mindestens zwei Gründen nicht passieren: Erstens machen nie wirklich alle dasselbe; es wird immer Leute geben, die aktiv anlegen wollen, und sei es nur aus Spaß oder aus alter Gewohnheit. Zweitens würden sich dann Arbitragegelegenheiten bieten – selbst wenn nur ganz wenige Leute die offensichtlich zu günstigen bzw. zu teuren Aktien aktiv handeln würden, würde sich der Kurs in die richtige Richtung bewegen, und die Aktiven würden für ihre Mühe mit Handelsgewinnen belohnt.

chairman_1
Experte ★★
335 Beiträge

...wie oben schon geschrieben: Erst 2024 sollen die ETF die gemanagten Fonds überholen.

Nach den Prophezeihungen in der genannten "Dokumentation" ist dann sowieso alles egal, weil geunkt wurde, dass ein schlimmer Crash binnen der nächsten 3 bis 5 Jahre kommen wird. Den können dann die Manager ja managen...

LG Chairman
-expert for nothing-

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

wissen wir, wieviel der Nachfrage nach Amazon indexbasiert ist?

 

Der Markt ist ja komplex. Und die - für die Diskussion relevante - indexgetriebene Nachfrage ist ein Teil dieses kompexen Marktes. Bei diesem Teil wissen wir nicht ob die Nachfrage wirklich eine bewusste Entscheidung pro Amazon ist oder ob die Nachfrage nur durch die schiere Größe des Unternehmens entstanden ist. Wenn dem so wäre, dann würden wir an der Börse nicht mehr Zukunft sondern Vergangenheit handeln. Was wieder daran liegt, wie sich die Indices zusammensetzen.

 

Ist der Anteil der indexgetriebenen Nachfrage niedrig bzw. irrelevant, dann können wir uns die Diskussion schenken. Ist sie aber eine kursbeeinflussende Größe, dann müssen wir uns mit dieser "anderen Form" der Nachfrage befassen. Wir wissen wie sensibel "der Markt" reagieren kann.

 

In den U.S.A. hält Blackrock teilweise 7% an den GlobalPlayern. Das ist eine Hausnummer. Ich stelle Blackrock mal vereinfacht in die Ecke der Index-Investoren.

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@ehemaliger Nutzer: Solange Aktien nicht aus dem Index ab- oder aufsteigen, handeln (marktkapitalisierungsgewichtete) Indexfonds sie nicht, sondern halten sie bloß – so wie andere feste Großaktionäre auch. Legt jemand im Indexfonds neu an oder gibt Anteile zurück, wird möglicherweise gehandelt, aber alle Indexbestandteile gleichmäßig. Das sollte also die Kurse nicht auseinanderbewegen.

 

Wenn Amazon im Kurs steigt und ein anderer Wert gleichzeitig verliert, liegt das an den aktiven Anlegern.

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Da bin ich bei Dir.

Ich schätze allerdings die Käufe der Indexfonds-Anteile größer ein, wenn ich nur an die ganzen ETF-Sparpläne denke.

 

Jedesmal wenn jemand A0RPWH (iShares MSCI World) kauft, dann kauft er zu 1,9% Amazon und zu 0,8% Exxon Mobile. Das heißt dass mit jedem ETF-Kauf Amazon relativ stärker nachgefragt wird als Exxon Mobile. Der Logik nach steigt dadurch (c.p.) bei Amazon der Kurs stärker als bei Exxon Mobile. Dadurch wächst die Marktkapitalisierung der Amazon auch relativ stärker. Dies wiederum führt mittelfristig zu einer höheren Gewichtung im Index. Dieser Kreislauf beschleunigt sich von selbst, weil Amazon jetzt noch mehr nachgefragt als Exxon Mobile.

 

Dies ist aber keine echte Nachfrage. Es wird nicht explizit Amazon oder Exxon Mobile nachgefragt.