01.07.2017 17:26 - bearbeitet 01.07.2017 18:27
Liebe Anlegerfreunde,
das hat jetzt schon bisschen weh getan, oder? Der Höhenflug des Euro hat dem DAX den bislang größten Wochenverlust des Jahres eingebrockt. Der Index notiert wieder auf dem Niveau von Ende April; auf Wochensicht minus 3,21 Prozent. Im abgelaufenen Monat Juni verlor er mehr als 2 vom Hundert, während aber für das zweite Quartal und insbesondere für den bisherigen Jahresverlauf noch ein Plus zu Buche steht.
Und warum steigt der Euro so sehr? Das dürfte mit den Wahlergebnissen in Österreich, Niederlanden und vor allem Frankreich (Gott sei Dank!) zusammenhängen, und damit, daß unser Freund Donald Trump in Amerika irgendwie derzeit etwas an Glanz verloren hat. Aber leider schlecht für Eure amerikanischen Aktien, die allein aufgrund von Wechselkurseffekten derzeit leiden (siehe hier). Hinzu kommt die bekannte Studie von Goldman Sachs von Anfang Juni, in der Technologieaktien als überteuert eingestuft worden waren (Klumquamperfekt). Seitdem stürzen Technologiewerte ab. Bei uns in Deutschland einig Autoland hat vor allem die Gewinnwarnung von Schäffler am Dienstag verstört, die sich negativ auf alles ausgewirkt hat, was mit Autos zu tun hat.
Ist das jetzt nur ein kleines Sommergewitter, oder sehen wir den Beginn einer größeren Korrektur? Wenn ich das wüßte, müßte ich nicht mühsam mein Geld mit dem lieblosen Hinrotzen von "Beiträgen" in dieser Community verdienen*, sondern würde irgenwo auf einer einsamen Insel sitzen. Die Insel würde mir gehören.
Was ich Euch aber mit Gewissheit sagen kann: Wenn es an der Börse rumpelt, sind geländegängige Aktien gefragt. Also Aktien, die auch dann noch sauber steigen, wenn alles andere drum herum fällt. Relative Stärke nennt man das! Professionelle Anleger suchen Aktien, die sich vor allem in schwierigen Zeiten bewähren. Aus diesem Grund steigen solche Aktien aller Erfahrung nach auch dann noch weiter, wenn die Korrektur weitergeht.
Ich habe mal meine Datenbank nach technischen Kriterien analysiert und Aktien herausgesucht, die sich von der Korrektur der letzten Tage nicht allzu sehr haben beeinflussen lassen. Konkret waren Aktien gesucht, die mindestens 20 Prozent oberhalb der steigenden 200-Tage-Linie notieren (Definition für einen intakten Aufwärtstrend). Um Langweiler zu eliminieren, die einfach nur seicht aufwärts laufen, mußte die Performance in den letzten 200 Handelstagen mindestens 20 Prozent betragen. An Eure Nerven habe ich auch gedacht und daher die Volatilität bei maximal 30 Prozent begrenzt.
Immerhin 38 Aktien haben es durch diese Kriterien geschafft. Die sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Die Tabelle ist nach der Performance (in Prozent) sortiert. Die letzte Spalte (relative Stärke nach Levy = RSL) gibt den Abstand zur 200-Tage-Linie an; ein Wert von beispielsweise 123 bedeutet, daß die Aktie 23 Prozent über ihrem aktuellen 200-Tage-Durchschnitt liegt. Grundsätzlich gilt dabei: Je höher, desto besser. Wenn dieser Wert allerdings zu hoch wird, dann ist die Aktie ihrem Durchschnittskurs "enteilt", und dann besteht die Gefahr, dass die Aktie korrigiert. Experten sprechen auch von einem "Fahnenmast", den die Aktie raufklettert. Wie wir alle wissen, ist der Fahnenmast oben mit Seife eingeschmiert, und dann rutscht man wieder runter.
Hier sind die 38 Aktien, die aktuell mit relativer Stärke auffallen:
WKN Name Performance RSL
------------------------------------
757142 GK SOFTWARE AG 102,66 139
A0DNAY bet-at-home.com 102,41 128
823212 DEUTSCHE LUFTHA 90,44 144
630500 DEUTZ AG Inhabe 86,84 126
874341 OMV AG Inhaber- 85,79 130
520160 Berentzen-Grupp 81,52 136
A2ACKK Ferrari N.V. Aa 77,28 124
750750 WashTec AG Inha 69,25 121
565493 Einhell Germany 65,93 143
565970 Eckert & Ziegle 64,71 133
WACK01 Wacker Neuson ( 62,06 125
914508 Take-Two Intera 60,28 124
549890 DATA MODUL AG P 60,10 132
658080 Mensch u. Masch 57,54 135
577330 Fraport AG Ffm. 56,72 127
529720 Homag Group AG 53,83 127
919964 PALFINGER AG In 52,68 126
549416 EQS Grp (Equity 48,10 126
593612 OHB Technology 46,64 127
915165 Bonduelle S.A. 46,51 122
691660 PFEIFFER VACUUM 45,66 123
676650 Aurubis (Nordde 43,54 120
LED400 OSRAM Licht AG 43,31 124
A0JKHC Nanogate AG Inh 42,12 125
556520 DUERR AG AKTIEN 41,57 128
765723 Villeroy & Boch 38,86 120
A2AMK9 Flughafen Wien 38,38 125
A1401Z Ryanair Holding 38,07 121
592333 Reply S.p.A. Az 37,88 122
511170 zooplus AG Inha 36,01 123
874182 RHI AG Inhaber- 33,86 127
784686 Viscom AG Inhab 33,69 122
A0BVU2 USU Software AG 33,12 123
A117ME Alibaba Group H 32,18 126
A1138D Tencent Holding 27,72 120
A0KPPR Nabaltec AG Inh 27,64 122
A1K030 euromicron AG N 23,66 125
703712 RWE AG (NEU) ST 21,53 122
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EDIA Datenbankstand 30.06.2017 LIP 00 0000 0000
Der letzte Titel, die RWE-Aktie, hat in den letzten Tagen bereits stark korrigiert. Dennoch beträgt der Abstand zur 200-Tage-Linie noch immer 22 Prozent.
Es fällt auf, daß nur noch eine US-amerikanische Aktie (Take-Two Interactive, die stellen Computerspiele her) dabei ist. Das liegt am schwachen US-Dollar; meine Auswertung basiert auf Euro-Kursen. Beispielsweise ist die Amazon-Aktie knapp am RSL-Kriterium gescheitert; Amazon liegt derzeit nur 8,7 Prozent über der 200-Tage-Linie.
Wie immer gilt: Schaut Euch die Aktien bitte mal an. Wenn die eine oder andere dabei ist, in der Ihr noch nicht investiert seid (soll ja vorkommen), dann prüft nach eigenem Ermessen, ob das Papier zu Eurer Strategie paßt. Manche Anleger legen ja immer noch Wert auf hohe Dividendenausschüttungen, obwohl wir uns doch einig waren, daß das generell im Widerspruch zu langfristigen Aufwärtstrends steht (siehe hier).
Und dann: Zugriff!
Ebenfalls wie immer wünsche ich Euch mit Euren Wertpapiergeschäften viel Erfolg.
Viele Grüße aus einem sommerlichen München
nmh
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*) Gerüchte! Ob's stimmt? Wir werden es niemals erfahren.
am 02.07.2017 06:25
Hallo @nmh,
das war ja wieder klar...du rettest uns schon wieder in einer schwarzens Stunde an Börse.
Vielen Danke!
Mansur
am 02.07.2017 20:10
Ich kann den Sinn nicht so recht erfassen. Wie wäre es mit der Theorie: wer hoch steigt, fällt auch tief? Bei lufthansa glaube ich nicht an eine Fortsetzung des Steigflugs. OMV: da bin ich froh, vor kurzem verkauft zu haben. Was soll hier noch kommen? Über 100%, Gewinnmitnahme, tschüss. Was erwartet den, der jetzt kauft? Der Chart rät m.E. von einem kauf ab.
*) Gerüchte! Ob's stimmt? - Ich denke: ja.
Wir werden es niemals erfahren. - Ich denke: stimmt, niemals.
am 03.07.2017 09:06
guter beitrag, sowas kann mein pc programm nicht. habe mir das schon lange gewünscht. kannst du deine tabelle noch ergänzen um folgende daten?
- wer hat von den 38 aktien regelmäßig eine dividende bezahlt (nicht die höchste, sondern die kontinuität wäre interessant).
- welche deiner aktien liegen schon mehr als zwei jahre über dem GD 200. das wäre für mich die relative stärke
lufthansa und rwe z.B. gehören da ja nicht zu den glanzlichtern
am 03.07.2017 09:09
Hallo @Matzilein,
vielen Dank für Deine kritischen Anmerkungen!
Bei OMV gebe ich Dir recht, der Chart sieht tatsächlich etwas wackelig aus. Wenn der Ölpreis nicht wieder steigt, mag eine solche Aktie auch mal korrigieren. Dividendenrendite nur noch 2,7%. Wer investiert ist, sollte aber weiter halten, bis der Trend tatsächlich bricht. Die Aktie hat immerhin relative Stärke bewiesen und ist alleine aus diesem Grund in meiner Liste.
Bei OMV ebenso wie bei Lufthansa greifen die rein technischen Kriterien, die meiner Auswertung zugrunde liegen. Gerade Lufthansa, übrigens mit einem KGV von unter 8 ein Profiteur niedriger Ölpreise, ist ein Musterbeispiel für die Theorie, dass man Trends folgen sollte. Eine solche Aktie, die gerade in schwachen Phasen wie in den letzten Tagen weiter deutlich steigt, steht ganz offensichtlich auf den Einkaufslisten der grossen Investoren. Durch den reinen Herdentrieb steigen aller Erfahrung nach solche Aktien auch noch weiter.
Du hast recht, wenn Du schreibst: Wer hoch steigt, fällt auch tief. Um Dich dagegen zu schützen, solltest Du Stopkurse verwenden, wenn Du nach technischen Kriterien, als Trendfolger, investierst.
Es ist ein ganz typischer Fehler von Privatanlegern, Aktien zu verkaufen, nur weil sie stark gestiegen sind. Dazu passt dann auch der Kauf von Absturzkandidaten, oder das Nachkaufen ("verbilligen") von Werten, die sich halbiert haben. Profis lassen Wertpapiere einfach so lange weiter steigen, bis der Trend vorbei ist. Wie gesagt, Stopkurse*, gerne auch Trailing Stops, automatisieren den Ausstieg dann.
Oder mit anderen Worten: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen!
Viel Erfolg mit Euren Wertpapiergeschäften, viele Grüsse aus München
nmh
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*) Je nach Aktie muss man diese Stops nicht unbedingt an der Börse platzieren. Manchmal ist es besser, einfach zu beobachten ("mentale Stops"), um nicht von Tagesschwankungen ausgestoppt zu werden. Darüber freut sich nur die Bank. Aber das ist ein sehr schwieriges Thema und soll in einem anderen Thread genauer untersucht werden.
am 03.07.2017 11:40
nmh schrieb:
Oder mit anderen Worten: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen!
Ich stimme @nmh natürlich zu, o.a. Regel ist eine der drei fundamentalen Regeln für Anlageerfolg. Die anderen beiden Regeln lauten:
Regel 2: Vom Gewinne mitnehmen ist noch niemand arm geworden.
Regel 3: Vergiss niemals Regel 1 und Regel 2.
am 03.07.2017 20:23
Gewinne lässt man aber nicht laufen, wenn es südwärts geht. Da sind wir wieder an dem Punkt angelangt, wo der Guru / Börsianer / Experte wichtig mit seinem weisen Haupte nickt: Du musst nur zum richtigen Zeitpunkt kaufen/verkaufen. Ja, Leute, es ist wie beim Klavierspielen: ganz einfach, man muss nur zur rechten zeit die rechte Taste treffen.
am 03.07.2017 22:27
Vielen Dank, da sind einige Aktien bei, die ich mir genauer ansehen werde,
Aurubis hatte ich mal im Depot, als sie noch Norddeutsche Affinerie hieß, das war die erste Aktie, die ich mir gekauft habe.
Nordlicht halt.
am 03.07.2017 22:51
06.07.2017 20:12 - bearbeitet 06.07.2017 20:17
06.07.2017 20:12 - bearbeitet 06.07.2017 20:17
Die Schlafmittel-Theorie trifft zu, aber nur wenn Du einen sehr langen Anlagehorizont hast. Davon abgesehen: früherr ausgehüpft spart Verluste. Ich bring gern noch mal ein Rechen beispiel, auch wenns bislang keinen groß interessiert hat (es ging um die Stop-Loss-Theorie).
Und ann noch mal zum Thema Zeitpunkt. Etwas Klugkackerei vom blinden Huhn mit Korn: schaut Euch OMV an und dann den Wochen- und den Monatschart. Was soll da am Verkauf bei 48 falsch gewesen sein? Und nun noch den 3- und 5-Jahres-Chart, z.B. in 2014: runter wie rauf, jede Menge %-Punkte. Und derzeit geht es abwärts.