am 06.05.2020 08:36
Hallo,
ich habe eine Frage zu Steuern bei Aktienverlusten. Folgendes Beispiel (ohne Freibetrag und Ordergebühren):
Kauf von 100 Aktien zum Kurs von 200€ (20.000€ Kursvolumen). Die Aktie sinkt um 25% auf 150€. Wenn ich die Aktie verkaufe, erhalte ich nun 15.000€ zuzüglich einer Steuergutschrift von 1.318,75€ (Kursverlust 5.000€ * 26,375% Kapitalertragsteuer+Soli). Macht also 16.318,75€. Davon könnte ich nun 108 Aktien zurückkaufen. Wenn ich dagegen die Aktien halte, bleibe ich bei 100 Aktien.
Wo ist der Haken? Einer fällt mir ein: Die Steuergutschrift erhalte ich wohl nur, wenn ich vorher mind. 1.318,75€ an Steuern aus Aktiengewinnen bezahlt habe. Aber gibt es sonst noch einen Haken?
Danke schonmal für die Antwort.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 06.05.2020 08:49
Bei Veräußerungen mit Verlusten wird ein sg. Verlusttopf aufgebaut. Zu versteuernde Gewinne werden mit dem Verlusttopf verrechnet Du zahlst erst Steuern, wenn Gewinn > Verlust. Du bekommst aber keine Steuererstattung, da Du ja für die mit Verlust verkauften Aktien im Vorfeld keine Steuer gezahlt hast.
06.05.2020 09:05 - bearbeitet 06.05.2020 09:09
06.05.2020 09:05 - bearbeitet 06.05.2020 09:09
Danke.
Steuererstattung ist da das falsche Wort. Aber nochmal praktisch beim obigen Beispiel: wenn ich vorher durch andere Aktienverkäufe mit Gewinnen schon über 1.400€ an Steuern bezahlt habe (also der Betrag, den der Broker einbehält bei der Buchung aufs Verrechnungskonto), so würde ich bei diesem Beispiel diese 1.400€ wieder "zurückbekommen"? Wenn ich vorher nur 1.000€ an Steuern bezahlt hätte, dann würde man im Bsp. nur 1.000€ erhalten. Richtig?
am 06.05.2020 09:52
Vielleicht nochmal ganz konkret (wieder einfach ohne Gebühren, Freistellungsauftrag):
Fall 1:
- Kauf von Aktien mit Kurswert 20.000€, Verkauf bei Kurswert 30.000€. Broker überweist 27.362,50€ aufs Verrechnungskonto und behält Steuern i.H.v. 2.637,50€ ein.
- danach Kauf von Aktien im Wert von 20.000€, Verkauf für Kurswert 15.000€. Broker überweist 16.318,75€, schreibt also 1.318,75€ wieder an Steuern gut.
Fall 2 (umgekehrte Reihenfolge):
- Kauf von Aktien im Wert von 20.000€, Verkauf für Kurswert 15.000€. Broker überweist 15.000€.
- danach Kauf von Aktien mit Kurswert 20.000€, Verkauf bei Kurswert 30.000€. Broker überweist 28.681,75€ (= 30.000€ - 2.637,50€ Steuern + 1.318,75€ Steuern aus Verlustgeschäft) aufs Verrechnungskonto.
Müsste so passen, oder?
Zwei Fragen würden sich dann ergeben:
1. Gelten diese Rechnungen in beiden Fällen auch über mehrere Jahre hinweg (also wenn der Verkauf der zweiten Aktie z.B. ein Jahr später erfolgt)?
2. Ist es aufgrund dieser Umstände dann nicht sinnvoll, sein Aktiendepot nach verlustreichen Teilbeständen zu durchsuchen und steuerliche Verluste geltend zu machen, indem man Aktien mit Kursverlusten ggü. dem Kaufwert verkauft ? Vorausgesetzt, man hat im Jahr bereits steuerpflichtige Kursgewinne eingefahren?
am 06.05.2020 10:17
@Irina Spalko schrieb:Steuererstattung ist da das falsche Wort. Aber nochmal praktisch beim obigen Beispiel: wenn ich vorher durch andere Aktienverkäufe mit Gewinnen schon über 1.400€ an Steuern bezahlt habe (also der Betrag, den der Broker einbehält bei der Buchung aufs Verrechnungskonto), so würde ich bei diesem Beispiel diese 1.400€ wieder "zurückbekommen"? Wenn ich vorher nur 1.000€ an Steuern bezahlt hätte, dann würde man im Bsp. nur 1.000€ erhalten. Richtig?
Ja, richtig – unter einer Voraussetzung:
Diese früheren Gewinne für die Du Steuern gezahlt hast, müssen im selben Jahr entstanden sein wie die neuen Verluste. EIne Rückerstattung gezahlter Steuern aus früheren Jahren ist nicht mehr möglich.
am 06.05.2020 10:31
@Irina Spalko schrieb:Müsste so passen, oder?
Ich habe die genauen Beträge jetzt ncht nachgerechnet, aber konzeptionell ist alles richtog.
@Irina Spalko schrieb:1. Gelten diese Rechnungen in beiden Fällen auch über mehrere Jahre hinweg (also wenn der Verkauf der zweiten Aktie z.B. ein Jahr später erfolgt)?
Nein.
Falls am Jahresende ein Gewinn steht (nach Berücksichtigung von Freibeträgen und früher aufgelaufenen Verlusttöpfen), dann ist die dafür fällig Steuer endgültig weg
(eventuelle Sonderfaktoren wie Günstigerprüfuing im Rahmen einer Steuererklärung mal außer Acht gelassen).
Falls am Jahresende ein Verlust steht, so wird dieser automatisch in Folgejahre vorgetragen und wird mit zukünftigen Gewinnen verrechnet. Eine Steuer fällt erst an sobald dieser vorgetragene Verust aufgebraucht wird. Weitere Gewinne werden dann besteuert (nach Freibetrag).
Der Vortrag geht nach heutiger Gesetzeslage zeitlich unlimitiert.
Das alles gilt in der Form nur wenn wir ausschließlich von Aktien reden.
Sollten da auch ETFs, Fonds, Dividenden, Zinsen etc. zum Tragen kommen sieht die Sache etwas komplizieter aus.
@Irina Spalko schrieb:2. Ist es aufgrund dieser Umstände dann nicht sinnvoll, sein Aktiendepot nach verlustreichen Teilbeständen zu durchsuchen und steuerliche Verluste geltend zu machen, indem man Aktien mit Kursverlusten ggü. dem Kaufwert verkauft ? Vorausgesetzt, man hat im Jahr bereits steuerpflichtige Kursgewinne eingefahren?
Ich vermute, Du willst nach dem Verkauf die gleichen Werte wieder neu kaufen?
Dann ist das eine durchaus erwägenswerte Strategie solange der Steuervorteil in einem sinnvollen Verhältnis zu den Ordergebühren steht.
Klar ist natürlich auch, dass der Einstiegskurs der Papiere damit niedriger ist als vorher, die zukünftig fällige Steuer bei einem Verkauf mit Gewinn also enstprechend höher ausfallen wird.
06.05.2020 10:35 - bearbeitet 06.05.2020 10:54
06.05.2020 10:35 - bearbeitet 06.05.2020 10:54
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
"Klar ist natürlich auch, dass der Einstiegskurs der Papiere damit niedriger ist als vorher, die zukünftig fällige Steuer bei einem Verkauf mit Gewinn also enstprechend höher ausfallen wird."
Das ist wahrscheinlich der Knackpunkt, das lohnt sich nur bei richtigen EInbrüchen des Kurses.