23.06.2019 13:46 - bearbeitet 23.06.2019 13:49
Momentan wird von der comDirect viel Werbung für Aktienanleihen gemacht. Mit 11,5% wird zum Beispiel diese Aktienanleihe der Wirecard AG vom Emittenten Vontobel geworben: WKN VF52LL
Hier nochmal als Link zum Produktflyer: https://www.comdirect.de/cms/media/KID_DE000VF52LL5_de.pdf
Meine Überlegungen: Nun steht die Aktie ja auf "Kaufen" wie einige Analysten berichten. Die Barriere von 80% (entspricht circa 120 € beim derzeitigen Kurs von 150 €) wurde vor 2 Monaten allerdings noch unterschritten, wahrscheinlich ist das Risiko deshalb als relativ hoch in den Flyer angesetzt. Also: high risk, high reward! Nun möchte ich gerne die "wahren" Szenarien - unter Berücksichtung aller Kosten ermitteln
Zu meinen Fragen:
1) Welche Kosten entstehen mir, wenn ich beispielsweise 1000 € investiere? Im Flyer stehen 5,609%, das wären circa 56 €. Ist das korrekt?
2) Wann sind die Kosten fällig?
3) Kommen dann noch weitere Kosten zu? Fallen z.B. weitere Transaktionskosten an, wenn ich das Papier über comDirect kaufe und vor Laufzeitende verkaufe? Wie hoch sind diese als comdirect Kunde?
4) Fallen auch Transaktionaktion am Ende der Laufzeit an, wenn ich nicht verkaufe, also wirklich bis zum bitteren Ende halte und ausbezahlt werde?
5) Wie ist das steuerlich? Ich habe mal gehört, dass es einen Unterschied macht ob man Aktien oder Optionen handelt. Mit welchem Betrag würden Gewinne aus dem oben genannten Papier versteuert werden?
6) Für den Fall, dass es bei den 5,609% bleibt. Dann wäre die "versprochene" Rendite ja gar nicht 11,5%, sondern nur rund 6%. Ist das korrekt?
7) Welche Kosten muss ich weiter berücksichtigen?
Danke für Eure Hilfe.
Gelöst! Gzum hilfreichen Beitrag.
am 23.06.2019 15:05
Hallo @Yield,
zu deinen Frage - aber bitte mit Vorbehalt lesen (im Zweifel vorher anrufen und vergewissern, dass das auch wirklich stimmt):
Zu 1) Diese Kosten sind - wie ich vermute - bereits im Basispreis des Produkts einbezogen. D.h. die Aktie muss zunächst ein entsprechendes Plus machen, um die Produktkosten wieder einzuspielen.
Zu 2) Beim Kauf: Der Kurs des Produkts fällt also unmittelbar nach dem Kauf, falls sich die Aktie nicht von der Stelle bewegt.
Zu 3) Beim der Zeichnung sollten dir keine weiteren Kosten entstehen (denn es ist ja ein Aktions-Produkt). Gegenteiliges müsste dir beim Kauf angezeigt werden - bitte die Kosteninformation prüfen. Wenn du das Produkt vor Ende der Laufzeit verkaufst, fallen zusätzlich die üblichen Handelskosten an (also 4,90€ + 0,25% des Umsatzes + Börsenplatz abhängiges Entgelt) - vorausgesetzt du wirst das Produkt überhaupt zu einem vernünftigen Preis los, was nicht unbedingt sichergestellt ist.
Zu 4) Nein.
Zu 5) Es fallen die ganz normalen Steuern an 26,375% falls du nicht kirchensteuerpflichtig bist. Diese Gewinne (oder Verluste) werden steuerlich als „Gewinne/Verluste aus sonstigen Anlagen“ gewertet (es sind also keine Aktien-Gewinne/Verluste).
Zu 6) Da steht nicht 11,5% sondern 11,5% p.a. Mit Blick auf die Laufzeit von weniger als einem Jahr kannst du damit also absolut höchsten 10,55% machen, wenn die Aktie gut läuft (siehe Seite 2, Mitte).
Gruß paba
23.06.2019 15:21 - bearbeitet 23.06.2019 15:22
Hallo @Yield,
noch ein Nachtrag / meine Meinung zu obigem Produkt: Lass die Finger davon. Bei der gegebenen Gewinnaussicht von maximal 10,55% ist das Produkt viel zu riskant. Wenn du Wirecard gut findest (aber nur dann), kauf dir die Aktie lieber direkt. Dann sind deine möglichen Gewinne nach oben hin unbegrenzt und nach unten hin bis du kaum schlechter dran als mit der Aktienanleihe.
Gruß paba
am 23.06.2019 16:16
Danke für deine Antworten, das hilft mir schon mal sehr. Ich versuche immer noch das Produkt genau zu verstehen. Könntest du bitte nochmal erläutern was du zu meiner ersten bzw. zweiten Frage geschrieben hast? Also wie und wo diese Kosten von 5,6% entstehen.
Habe ich das richtig verstanden: Die kosten von 5,6% € sind also im Nennbetrag von 1000 mit drin, und deshalb fällt der Kurs unmittelbar um diesen Kosten-Betrag? Das verstehe ich noch nicht ganz, denn ich habe gelesen, dass der Nennwert keine Kosten enthält (normalerweise). Auch frage ich mich, wieso der Aktienkurs dann steigen muss? Selbst wenn die Aktie über 1 Jahr sich nicht verändert würden doch trotzdem die 1000 + 10,5% am Ende ausgezahlt werden oder? Die Barriere bezieht sich doch immer auf den Kurs der Aktie!
Wie du siehst "schwimme" ich hier ein bisschen, wäre super wenn du es nochmal klar machen könntest 🙂
am 23.06.2019 16:42
Hallo @Yield,
das ist das Problem bei Aktienanleihen. Statt einer solchen verschwurbelten Aktienanleihen würde ich mir lieber ein Discountzertifikat kaufen, um das Risiko zu reduzieren. Discountzertifikate sind viel transparenter ausgestaltet.
Wenn ich das richtig verstehe (aber bitte ohne Gewähr) ist es wohl so, dass selbst wenn sich die Aktie vom Festlegungstag (01.07.2019) bis zum Bewertungstag keinen Millimeter von der Stelle bewegt, dass du dann bereits 5,6% verlierst (das ist ganz schön teuer). Leider hat der Emittent die Beispiele auf Seite 2 so gewählt, dass man das nicht sofort sieht (das ist intransparent!).
Gruß paba
am 23.06.2019 16:44
Ich kann dem, was @paba geschrieben hat, (wieder mal) nicht viel hinzufügen. Nur das:
1. Ich arbeite seit gut 20 Jahren mit Aktienanleihen und Discount-Zertifikaten (mathematisch sind beide miteinander verwandt). Beides sind eigentlich sehr gute, empfehlenswerte Produkte. Eigentlich. Du schreibst: "high risk, high yield". Ich kann @paba nur beipflichten: Im Fall von Wirecard ist es eher "high risk, low yield". Die Rendite ist viel zu gering für das Risiko.
2. Es fallen beim Kauf (und Verkauf) nur die normalen Kosten an, also die Provision von beispielsweise 10 Euro, wenn Du maximal 2000 Euro kaufst. Die weiteren Kosten sind implizit im Produkt enthalten und verringern einfach die Rendite. Die angegebe Rendite versteht sich also nach Abzug dieser Kosten.
3. Die Einlösung von Zertifikaten und Aktienanleihen am Laufzeitende ist bei comdirect immer gebührenfrei.
Beste Grüße aus München
nmh
am 23.06.2019 17:05
Vielen Dank für eure Antworten.
Das scheint mir dann allerdings auch etwas intransparent zu sein. Ich weiss auch nicht ob ich mich jetzt dumm anstelle. Ich vertraue auf eure Expertise und werde wohl die Finger davon lassen. Aber ich versuche immer noch das zu verstehen:
So verstehe ich das jetzt:
Also 1000 € (beinhaltet alle Kosten des Emitten vonTobel) müsste ich aufbringen. Da es eine Aktion von comDirect kommen auch keine sonstigen Erwerbskosten hinzu. Der Aktienkurs steht momentan bei 150. Wenn der Aktienkurs am Ende der Laufzeit bei 80,0001% steht also knapp über 130€ bekommt man dann 1000 + 10,5%? Weitere Kosten seitens comDirect würden nicht anfallen. Wenn der Kurs allerdings bei 80% liegt, würde ich 800 € (teilweise in Aktien, teilweise in €) + die 10,5% auf den Nennwert von 1000 bekommen (105 €) also insgesamt 905 € bekommen. Wo ist denn mein Denkfehler?
am 23.06.2019 19:24
Hallo @Yield
Schau Dir zur weiteren Information noch den Wikipedia-Eintrag
zur "Aktienanleihe" an, und was darin zu den Risiken dieses Investments
steht. https://de.wikipedia.org/wiki/Aktienanleihe
Besonders folgender Satz sollte zu bedenken geben (Zitat):
Der Anleger wird an Verlusten nahezu vollständig, an Gewinnen jedoch nur begrenzt beteiligt, weil der Gewinn nach oben „gedeckelt“ ist.
Gruß, Pramax
24.06.2019 18:31 - bearbeitet 24.06.2019 18:43
24.06.2019 18:31 - bearbeitet 24.06.2019 18:43
Lass Dich bitte nicht von vermeintlich hohen Zinssätzen bei diesen "Aktienanleihen" blenden. Dahinter steckt eine Short Put Option Basis 120 Fälligkeit Juni 2020 und so etwas kann man bei einem entsprechenden Broker oder der Eurex selbst günstiger handeln. Man muss sich doch nur die Frage stellen, warum diese "Anleihen" auf den Markt kommen. Die Bank will Geld verdienen und zwackt sich von der vereinnahmten Optionsprämie ordentlich etwas ab, bevor der Anleger davon etwas sieht.
Der Begriff "Anleihe" ist in meinen Augen bei diesen Produkten völlig irreführend. Hier sollte die EBA (Europäische Bankenaufsicht) mal für Transparenz sorgen und restriktiver werden, anstatt Emittenten und Banken zu irgendwelchen bekloppten Produktinformationsblättern und Kosteninformationen zu verpflichen, die nichts bringen.
24.06.2019 19:23 - bearbeitet 24.06.2019 19:26
24.06.2019 19:23 - bearbeitet 24.06.2019 19:26
Für die Banken sind solche Aktienanleihen lukrativ, weil sie
so konstruiert sind, dass sie selbst (die Banken) immer die Gewinner sind.
Deswegen werden sie auch massiv beworben.
Für den Anleger sind sie nur bei seitwärts laufenden Underlyings attraktiv.
Wenn ich die Beipackzettel lese, komm ich mir immer vor wie
bei den schwarzen Lettern auf Zigarettenschachteln: "Rauchen tötet".
Und die Leute rauchen / kaufen es trotzdem.
Gruß, Pramax