am 17.05.2019 17:15
Bei den meisten Anlageberatungsgesprächen wird das Thema Risiko angesprochen mit der Frage wie hoch die Risikotoleranz sei niedrig, mittel oder hoch. Die Frage ist, was ist jetzt eine mittlere Risikotoleranz. Für mich hat das Thema Risiko eine sachlich objektive und eine emotionale Dimension.
Die sachlich objektive läuft auf die Frage hinaus, mit welcher Wahrscheinlichkeit werde ich mein Anlageziel erreichen. Dies bedeutet, ich lege jetzt Geld zurück und möchte später zu gewissen Zeitpunkten bestimmte Geldmengen entnehmen und ausgeben. Dies lässt sich sehr gut über Seiten wie diese simulieren. Wesentlich bei diesen Planungen über längere Zeiträume in die Zukunft ist es dabei den Faktor Inflation zu beachten. Dies lässt sich aber bei diesem Simulator einstellen. Problem bei dieser Formulierung ist, dass die gewünschte entnommene Geldmenge nur ein indirektes Ziel ist und sich diese Menge nicht fix festmachen lässt.
Angenommen mein Anlageziel ist es in 10 Jahren einen Traumurlaub zu machen. Dieser lässt sich ja zu unterschiedlichen Preisen durchführen. Der Zusammenhang zwischen ausgegebenem Geld und Glücksgewinn wird in der positiven Psychologie untersucht. Sehr vereinfacht gesagt hat man hier einen diminishing return on investment Effekt. Der empfundene Unterschied zwischen einem 10.000 Euro und einem 11.000 Euro Urlaub ist kleiner als zwischen einem 500 und 1500 Euro Urlaub. Dies macht natürlich die systematische Optimierung der Anlagestrategie wie mit dem oben genannten Simulator schwierig. Pragmatisch würde ich durch den Simulator drei verschiedene Szenarien jagen: ein Minimum Scenario, ein gutes Scenario und ein Maximalscenario. Im Falle des Urlaubs wäre das die Überlegung was wäre für mich der billigste Traumurlaub. Wenn ich weniger als diesen Betrag hätte würde ich gar keinen Urlaub machen oder es wäre ein normaler Urlaub. Das ist das Minimalscenario. Das gute Scenario wäre meine Standardvorstellung von einem Traumurlaub und das Maximalscenario so ein Urlaub, bei dem ich ein mehr Ausgeben an Geld nicht mehr sonderlich spüren würde.
Die zweite Dimension ist die emotionale Dimension von Risiko. Dazu kurz die Überlegung wie wird Risiko im Wertpapierbereich gemessen. Das Maß, was einem am häufigsten begegnet ist die Volatilität. Vorlatilität ist annualisierte Standardabweichung. Dieses Maß hat den großen mathematischen Vorteil, dass ich bei der Kenntnis der Kovarianzmatrix einer Wertpapiermenge die Volatilität eines Portfolios berechnen kann. Meinem gefühlten Risiko entspricht dieses Maß aber nur sehr entfernt, da hier ein Wertpapier was häufig sehr kleine Schwankungen hat die gleichee Volatilität wie ein Papier hat, was selten sehr große hat. Das Maß VaR (value at risk) kommt dem schon näher. Dieses gibt einen Verlust an, der in einem bestimmten Zeitraum mit 95% Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Am dichtesten an mein gefühltes Risiko kommt der Maximum Drawdown über einen möglichst langen Zeitraum. Dieser gibt an, wieviel hätte ich verloren, wenn ich in diesem Zeitraum zu dem ungünstigsten Zeitpunkt eingestiegen und ausgestiegen wäre. Bei einem gut diversifiziertem Aktienportfolio wie bei einem marktbreitem ETF liegt dieser Wert so zwischen 50 und 60% (Beispiel: kurz vor dem Platzen der .COM Blase eingestiegen am Tiefpunkt verkauft). Durch die Beimischung von Anleihen und anderen weniger riskanten Produkten lässt sich dieser Wert verdünnen. Mit diesem Wert lässt sich dann abschätzen wieviel man zwischenzeitlich verlieren kann und ob man damit leben kann und vor allem nicht in Panik verkauft. Dieser Wert sollte tendentiell etwas vorsichtiger eingeschätzt werden.
Aus der objektiven und der eher emotionalen Risikotoleranz sollte dann hinwiederum der etwas vorsichtigere Wert genommen werden.