am 31.10.2023 12:49
@Startrek schrieb:
Ich bin wirklich mal gespannt, wie die Comdirect damit jetzt umgeht, zumal ich schon eine beträchtliche Summe an Kapitalertragsteuern gezahlt habe im laufenden Steuerjahr. Der verfallene Schein wird in meinem Depot aktuell übrigens noch mit 0,054€ in Frankfurt ausgewiesen.
Gruß
Stefan
Der Knock Out Schein zählt rechtlich als Schuldverschreibung.
Dass die Rückzahlung dabei von einem „ Ereignis“ abhängt ist unerheblich.
Der Rückzahlungswert ist 0,001
Es handelt sich nicht um ein Termingeschäft, es ist kein Totalverlust eingetreten.
Der Verlust kommt in den Steuertopf Sonstige
31.10.2023 13:12 - bearbeitet 31.10.2023 13:24
31.10.2023 13:12 - bearbeitet 31.10.2023 13:24
Richtig ist, dass Zertifikate juristisch Schuldverschreibungen sind. Richtig ist auch, dass der Verlust in den Topf "sonstige" wandert. Richtig ist weiter, dass der Rückzahlungswert 0,001 Euro beträgt und dass kein Totalverlust eintritt.
All dies ist aber völlig irrelevant für unsere Diskussion. Auf steuerlicher Ebene wird vom BMF zwischen Anleihen und Zertifikaten (beides sind Schuldverschreibungen in Form verbriefter Wertpapiere) unterschieden. Und die eigentliche Frage hier ist, ob die Verlustverrechnung auf Bankebene oder durch Veranlagung erfolgt.
Es gibt da einige einschlägige BMF-Schreiben. Laut BMF-Schreiben vom 19. Mai 2022 werden Verluste aus sogenannten "Vollrisikozertifikaten", die durch einen Knock-Out wertlos werden, zwar im Verlustverrechnungstopf "sonstige" zugeordnet (Randziffer 8a mit ausdrücklichem Verweis auf Randziffer 118: "Für die Verluste [aus Zertifikaten bei wertlosem Verfall] ist die Beschränkung nach Par 20 (6) S. 6 EstG zu beachten [also 20.000 Euro pro Jahr]; entsprechendes gilt für das Erreichen der Knock-Out-Schwelle"), allerdings findet der Verlustausgleich laut diesem Schreiben "nur im Rahmen der Veranlagung" statt (Randziffer 118), mithin nicht auf Bankebene. Die Bank ist aufsichtsrechtlich an die Vorgaben in den BMF-Schreiben gebunden.
Aus diesem Grund wäre die Verrechnung auf Bankebene, die vermutlich stattfinden wird, nicht im Einklang mit dem aktuellen BMF-Schreiben. Die Folge ist eine Rückabwicklung der Steuergutschrift, ein sogenannter "Storno".
Hoffen wir, dass die Bank den Irrtum nicht korrigiert.
31.10.2023 13:29 - bearbeitet 31.10.2023 13:32
31.10.2023 13:29 - bearbeitet 31.10.2023 13:32
@FakeAccount schrieb:Es gibt da einige einschlägige BMF-Schreiben. Laut BMF-Schreiben vom 19. Mai 2022 werden Verluste aus sogenannten "Vollrisikozertifikaten", die durch einen Knock-Out wertlos werden, zwar im Verlustverrechnungstopf "sonstige" zugeordnet (Randziffer 8a mit ausdrücklichem Verweis auf Randziffer 118: "Für die Verluste [aus Zertifikaten bei wertlosem Verfall] ist die Beschränkung nach Par 20 (6) S. 6 EstG zu beachten [also 20.000 Euro pro Jahr]; entsprechendes gilt für das Erreichen der Knock-Out-Schwelle"), allerdings findet der Verlustausgleich laut diesem Schreiben "nur im Rahmen der Veranlagung" statt (Randziffer 118), mithin nicht auf Bankebene. Die Bank ist aufsichtsrechtlich an die Vorgaben in den BMF-Schreiben gebunden.
8a betrifft nur Zertifikate, die zu „ Null“ eingelöst werden …trifft hier nicht zu
Es handelt sich nicht um ein VRZ im obigen Sinne.
Unter sog. Vollrisikozertifikate fallen Schuldverschreibungen, bei denen weder die Kapitalrückzahlung noch die Rendite gesichert sind.
Nochmal, die Konstruktion mit der Rückzahlung 0,001 hebelt das aus.
am 31.10.2023 13:38
Ich sehe Deinen Punkt.
In dem BMF-Schreiben steht aber wörtlich "Entsprechendes gilt für das Erreichen der Knock-out-Schwelle", letzter Satz in Rz 8a. Das bedeutet, dass die Höhe der Rückzahlung (0,1 Cent oder 0 Cent) egal ist! Das BMF-Schreiben stellt lediglich auf den Grund der vorzeitigen Fälligkeit ab und nicht auf die Höhe der Einlösung ("Entsprechendes" bedeutet, dass Zertifikate mit 0,1 Cent Rückzahlung solchen Zertifikaten gleichgestellt sind, die keinerlei Rückzahlung vorsehen).
Ein Turbozertifikat ist ein VRZ, denn bei einem Turbozertifikat sind weder Kapitalrückzahlung noch Rendite gesichert.
Im vorliegenden Fall wurde bei @Startrek die K.O-Schwelle erreicht, er hat für sein Zertifikat keine Zusicherung bzgl. Rendite oder Rückzahlung erhalten, somit ist es ein VRZ, somit greift die Randziffer 8a.
Möglicherweise legt die Bank die Rückzahlung zu 0,1 Cent als "gesicherte Kapitalrückzahlung" aus. Auf diese Weise könnte man eine Berücksichtigung auf Bankebene vielleicht begründen ("erfolgt bei diesen Zertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr ...").
Hauptsache ist, dass die Verluste immerhin steuerlich anerkannt werden. Im Idealfall bereits auf Bankebene ohne spätere Stornierung. Ansonsten bleibt der Weg zum Finanzamt.
31.10.2023 13:50 - bearbeitet 31.10.2023 13:54
31.10.2023 13:50 - bearbeitet 31.10.2023 13:54
@FakeAccount schrieb:
Ich sehe Deinen Punkt.
In dem BMF-Schreiben steht aber wörtlich "Entsprechendes gilt für das Erreichen der Knock-out-Schwelle", letzter Satz in Rz 8a. Das bedeutet, dass die Höhe der Rückzahlung (0,1 Cent oder 0 Cent) egal ist! Das BMF-Schreiben stellt lediglich auf den Grund der vorzeitigen Fälligkeit ab und nicht auf die Höhe der Einlösung ("Entsprechendes" bedeutet, dass Zertifikate mit 0,1 Cent Rückzahlung solchen Zertifikaten gleichgestellt sind, die keinerlei Rückzahlung vorsehen).
Ein Turbozertifikat ist ein VRZ, denn bei einem Turbozertifikat sind weder Kapitalrückzahlung noch Rendite gesichert.
Im vorliegenden Fall wurde bei @Startrek die K.O-Schwelle erreicht, er hat für sein Zertifikat keine Zusicherung bzgl. Rendite oder Rückzahlung erhalten, somit ist es ein VRZ, somit greift die Randziffer 8a.
Möglicherweise legt die Bank die Rückzahlung zu 0,1 Cent als "gesicherte Kapitalrückzahlung" aus. Auf diese Weise könnte man eine Berücksichtigung auf Bankebene vielleicht begründen ("erfolgt bei diesen Zertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr ...").
Hauptsache ist, dass die Verluste immerhin steuerlich anerkannt werden. Im Idealfall bereits auf Bankebene ohne spätere Stornierung. Ansonsten bleibt der Weg zum Finanzamt.
schau mal hier :
….. dazu eine Anfrage an das Bundesfinanzministerium (BMF) gestellt. Hier die Antwort, übermittelt durch einen Pressesprecher.:
Wenn der Emittent beim KO-Ereignis 0,001 EUR zahlt und gleichzeitig die Transaktionskosten (Anzahl Produkte mal 0,001 EUR) dieser Ausbuchung höher sind, dann liegt ein Totalverlust vor!
Das sollte eigentlich in aller Regel nicht mehr vorkommen, da für gewöhnlich in diesem Fall keine Kosten anfallen.
Die Beschränkung nach § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG gilt in diesem Fall nicht.
https://stock3.com/boersenwissen/ko-produkte-und-steuern-was-man-beachten-muss-11676105
am 31.10.2023 13:55
Gut, wenn die Information auf der verlinkten privaten Website (die natürlich keine amtliche Basis hat und lediglich einen Diskussionsbeitrag liefert) richtig ist, dann wäre das eine Erklärung dafür, dass auch weiterhin die Einlösung zu 0,1 Cent auf Bankebene berücksichtigt wird. Soll mir recht sein! Nur besteht eben die Gefahr, dass sich diese Aufassung ändert und erstattete Steuern dann später storniert werden - spätestens wenn das BMF den Umgehungstatbestand "kassiert" oder wenn das zitierte amtliche BMF-Schreiben von WM neu ausgelegt wird.
Im Ergebnis sind wir ja alle zufrieden mit der aktuellen Lösung. Ich empfehle trotzdem, die erstatteten Steuern vorsorglich nicht zu disponieren.
am 31.10.2023 14:26
Ich gebe Euch jetzt nochmal ein gesammeltes Dankeschön! Wirklich toll, Ihr habt mir sehr geholfen!
31.10.2023 14:57 - bearbeitet 31.10.2023 15:02
Spannenden Diskussion, insbesondere bzgl. der möglichen "Umgehung".
Es gibt ja (inzwischen) eine ganze Reihe Knockout-Produkte bei denen Basispreis und Barriere einen unterschiedlichen Wert haben und die Auszahlung im Barrierefall sinngemäß nach (Knockout-Basispreis) / Bezugsverhältnis berechnen. JX8S6N würde z.B. wenn die Barriere kurz berührt wird aktuell 0,86 Cent zahlen. Oder aber auch weniger, wenn der Basiswert innerhalb von 3 Stunden nach Erreichen der Barriere noch weiter Richtung Basispreis fällt. Letztendlich also irgendwas zwischen 0,86 Cent und den berühmten 0,001 Cent*
Wenn man jetzt einfach mal davon ausgeht dass mit der Zahlung von 0,001 Cent offensichtlich die Totalverlustregelung umgangen werden soll, ist dies bei Zahlung von knapp einem Euro immer noch der Fall? Und wenn nein, wo wäre zwischen 0,001 Cent und 1 Euro die Grenze ab der ein Umgehungstatbestand vorliegt?
Oder, andere Frage, der Emittent nenne das ganze ja vorsorglich Stop-Loss-Barriere und nicht Knockout, wo wäre aus steuerlicher Sicht die Knockout Barriere angesiedelt, bei der "Stop-Loss-Barriere", hier endet das Produkt mit sofortiger Wirkung, oder beim Basispreis. ab hier greift die fixe Auszahlung von 0,001 Cent ?
(Das ich auf die Frage keine ernstgemeinte Antwort erwarte sollte klar sein, vermutlich weiß es dass BMF selbst nicht)
Vermutung 1: Irgendwo im BMF sitzt ein verzweifelter Zauberlehrling
Vermutung 2: Die Emittenten haben in dem Hase und Igel Spiel immer ein Steuerjahr Vorsprung
*Liegt der Stand des Basiswerts zu einer beliebigen Zeit während der Laufzeit des Produkts auf oder unter der Stop-Loss- Barriere, endet das Produkt mit sofortiger Wirkung und der Anleger erhält eine Barzahlung in Höhe (A) (1) eines Stands des Basiswerts, der auf dem niedrigsten Stand des Basiswerts, der von der Referenzstelle in den auf den Eintritt des Stop-Loss-Ereignisses folgenden drei Stunden, in denen der Basiswert berechnet und veröffentlicht wird, basiert minus (2) dem Basispreis multipliziert mit (B) dem Bezugsverhältnis, jedoch nicht weniger als 0,001 EUR
Schönen Feiertag
Curtis
am 01.11.2023 12:25
@NordlichtSH schrieb:Zum Thema "Steuerliche Berücksichtigung von Knock-out Zertifikaten mit Stpo-Loss-Schwelle" ist noch ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig:
https://www.jurion.de/urteile/bfh/1900-01-01/viii-r-1_17/
Entscheidung Detail | Bundesfinanzhof
Dieses Verfahren wurde mittlerweile entschieden.
am 02.11.2023 17:24
Ich habe zwischenzeitlich mal bei der ING angefragt, wie die meinen Fall behandelt hätten. Folgende Antwort habe ich erhalten:
Guten Tag Herr........
gern leiten wir an Sie den aktuellen Stand zur Verlustverrechnung weiter:
Verluste aus der Ausbuchung von wertlosen Wertpapieren werden seit Januar 2021 nicht mehr in die Verlustverrechnungstöpfe eingebucht. Dazu gehören z. B. Wertlosausbuchungen von Aktien, Anleihen, Zertifikaten und Optionsscheinen, wobei Komplettverluste von Aktien und Anleihen noch nie über die Töpfe gelaufen sind.
Die Verluste nach § 20 Absatz 6 Satz 5 und 6 Einkommensteuergesetz (EStG) werden in den Jahresendbelegen ab 2021 bescheinigt. Mit diesen in den Jahresendbelegen bescheinigten Verlusten aus Termingeschäften bzw. aus dem wertlosen Verfall von Kapitalforderungen kann der Steuerpflichtige dann im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung die Verrechnung mit den ebenfalls erklärten positiven Erträgen aus Termingeschäften bzw. sonstigen positiven Erträgen veranlassen - bis zu einer Grenze von 20.000 Euro pro Jahr.
Wenn Sie Wertpapiere selbst wertlos ausbuchen lassen, handelt es sich seit dem 01.01.2022 ebenfalls um einen Anwendungsfall des § 20 Absatz 6 Satz 6 Einkommensteuergesetz: Wir werden die Verluste in den Jahresendbelegen ab 2022 somit ausweisen, nur auch weiterhin nicht selbst über die Verlusttöpfe verrechnen. Das Gleiche gilt, wenn die Transaktionskosten für den Verkauf eines Wertpapiers den Verkaufserlös überschreiten. Wobei das rückwirkend ab dem 03.06.2021 umgesetzt werden musste und somit ggf. auch schon auf den Jahresendbelegen 2021 ausgewiesen ist.
Schauen Sie dazu auch bitte immer aktuell unter ing.de/wissen/wertpapierverlust
Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir Ihnen immer nur die Informationen weiterleiten können, die uns selbst vorliegen. Und da sich die Gesetzeslage immer wieder ändern kann, gilt hier auch immer:
Wir möchten Sie so viel wie möglich unterstützen. Bitte beachten Sie trotzdem: Diese Informationen stellen keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Bei Fragen zu Ihrer Einkommensteuererklärung oder sonstigen steuerlichen Angelegenheiten wenden Sie sich bitte an eine Steuerkanzlei, einen Lohnsteuerhilfeverein oder Ihr Finanzamt.
Und kennen Sie schon unseren virtuellen Assistenten? Er weiß viele Antworten unter: ing.de/hilfe
Viele Grüße
Ihre ING
Derweil steht mein ausgeknockter Schein derzeitig mit einem Wert von 0,00 in meinem Depot (nicht 0,001). Hat das was zu sagen?
Gruß
Stefan