am 29.10.2023 13:22
@Startrek schrieb:
In meinem Fall wären die Orderkosten bei einem Verfall höher als der Restwert. Euren Ausführungen nach wäre es dann wohl bei besagter WKN besser, wenn ich den Schein vor Verfall veräußere. Richtig?
nein
am 29.10.2023 13:27
Ah, ich hatte noch einen gedanklichen Fehler.
Vielen Dank Euch, jetzt kann ich etwas besser schlafen, da im Falle eines Falles keine "erweiterte" Steuererklärung auf mich zukommt. 🤗
Schönen Sonntag!
am 31.10.2023 10:02
Die Börse spielt verrückt, wenn man mich fragt. Trotz guter Zahlen heute wird die Aktie durchgereicht und ich bin jetzt ausgeknockt worden (Knock Out auf Teamviewer, WKN UL5BE0). Der Rückkauf des Restwertes erfolgt dann jetzt automatisch und der Verlust wandert automatisch in den Verrechnungstopf, richtig? Wie lange wird der Prozess etwa dauern?
Bitte entschuldigt meine "dummen" Fragen, ich wurde mit so einem Ereignis heute zum ersten Mal konfrontiert.
Gruß
Stefan
31.10.2023 10:15 - bearbeitet 31.10.2023 10:30
31.10.2023 10:15 - bearbeitet 31.10.2023 10:30
Ja, Du bekommst automatisch eine gebührenfreie Einlösung für 0,001 Euro pro Stück. Das dauert ungefähr eine Woche ab der Verletzung der Barriere.
Ich habe letztes Jahr die Auskunft von der Steuerabteilung bei comdirect bekommen, dass solche (de facto) wertlosen Ausbuchungen ab 2023 nicht mehr auf Bankebene bei den Steuern berücksichtigt werden dürfen, sondern dass man den Verlust nur noch vom Finanzamt anerkennen lassen kann: Nach Auffassung der Finanzverwaltung immer dann, wenn Grund für die Einlösung eine Barriereverletzung ist. Zum Glück war mein Finanzamt da in den letzten Jahren immer sehr kulant und hat mir immer alles ohne Rückfrage angerechnet, was ich beantragt habe, aber einfacher ist es natürlich, wenn gleich die Bank den Verlust auch steuerlich anerkennt.
Umso (positiv) überraschter war ich, als mir vor ungefähr drei Wochen etwas ähnliches mit einem DAX-Turbo passiert ist, der ohne Stopkurs lief (Todsünde). comdirect hat - wider Erwarten - den Verlust tatsächlich steuerlich anerkannt und mir bereits gezahlte Steuern zurückerstattet.
Das kann aber auch ein Fehler sein; wir sollten daher (pessimistisch) damit rechnen, dass die steuerliche Behandlung in einigen Wochen oder auch Monaten storniert und die erstattete Steuer wieder belastet wird. Solche Stornierungen passieren regelmässig. Dann muss man doch wieder sein Finanzamt belästigen.
Auch aus diesem Grund ist bei allen Hebel- und Knock-Out-Produkten ein aktiver Stopkurs lebenswichtig! Achtet bei der Wahl des Stopkurses auch darauf, dass der Verkaufserlös höher als ca. 50 Euro ist, so dass nach Abzug der Gebühren auf jeden Fall noch ein Ertrag entsteht. Denn die Einlösung zu 0,001 Euro ist steuerlich zumindest problematisch. Und ob die Zahlen Deiner Meinung nach gut waren oder nicht ist für die Situation der Aktie völlig irrelevant; der Markt hat immer recht.
Weiterhin viel Erfolg an alle!
Hochachtungsvoll
der Nachbar von nmh
am 31.10.2023 10:55
Okay, toller Beitrag von Dir. Sehr interessant, Danke!
Deine Erfahrungen sind natürlich jetzt konträr zu den Ausführungen von Paej. Wie dem auch sei, dieses Jahr kommen u.a. noch ein paar Dividenden, mein Freibetrag ist schon erschöpft. Von daher bete ich natürlich gerade, dass der Verlust dem Verrechnungstopf zugeführt und einfach mit zukünftigen Erträgen verrechnet wird. Wenn sonst noch jemand einen identisch gelagerten Fall bei der Comdirect erlebt hat (Verletzung Barriere ohne SL), würde ich mich über Erfahrungen sehr freuen.
Gruß
Stefan
am 31.10.2023 11:35
Danke für Dein Feedback. Ich glaube nicht, dass mein Beitrag konträr zu @paej ist. @paej hat geschrieben, dass man nicht kurz vor Erreichen der Barriere noch verkaufen sollte ("blödsinnig vor dem Fälligkeitstermin mit negativem Gesamtergebnis"). Ich vermute, er wollte damit sagen, dass ein Verkauf von beispielsweise 20 Stück mit einem Stopkurs bei 0,10 Euro nicht mehr sinnvoll ist . Denn ein solcher Verkauf bringt einen Erlös von 20 x 0,10 = 2 Euro, das bedeutet nach Gebühren (10 Euro) eine Belastung von 8 Euro. Die Bank darf einen solchen Vorgang steuerlich nicht als Veräusserung betrachten, also wäre der Verlust steuerlich irrelevant.
Ich habe geschrieben, dass Du bei einem Stop-Loss-Verkauf darauf achten musst, dass noch mindestens ca. 50 Euro "herauskommen". Auf diese Weise kannst Du die Gefahr, auf die @paej zu Recht hingewiesen hat (Verkauferlös nach Gebühren negativ), ziemlich sicher verhindern. Und dann wird der Verlust sicher bereits auf Bankebene anerkannt.
Die Verwendung von Stopkursen zur Verlustbegrenzung ist unter Börsenprofis aber unumstritten. Bitte lies Dir dazu auch diesen Beitrag von meinem Nachbarn nochmal sehr sorgfältig durch! Gerade bei Zertifikaten mit einer Barriere (Turbo, Inline usw.) ist ein Stopkurs lebenswichtig, weil man hier Verluste nicht aussitzen kann.
Noch ein Hinweis: Die Bank (comdirect) ist ausschliesslich an die Vorgaben der Finanzverwaltung (Bundesfinanzministerium und Bundesamt für Steuern) gebunden; Rechtsprechung beispielsweise vom Bundesfinanzhof (den @NordlichtSH weiter oben zu Recht erwähnt hat) ist dagegen nur für die Finanzverwaltung selbst (auch Finanzamt, Finanzgericht) relevant, nicht auf Bankebene. Daher die unterschiedliche steuerliche Behandlung auf Bankebene und beim Finanzamt!
Weiterhin viel Erfolg!
Hochachtungsvoll
der Nachbar von nmh
31.10.2023 11:48 - bearbeitet 31.10.2023 11:55
Ich habe zu danken!
Zu meiner Person: Ich bin tatsächlich schon seit über 20 Jahren an der Börse aktiv und stehe, was den von Dir verlinkten Artikel bzgl. Stoppkurse anbelangt, selbst auch eher kritisch gegenüber. Freilich lässt sich über diese Thematik vorzüglich diskutieren, ich selbst agiere damit bei klassischen Einzelwerten nicht.
Neu war für mich allerdings die Erfahrung mit dem K.O.-Schein, damit habe ich noch nicht viel Erfahrungen gesammelt - wodurch sich bei mir die Fragen hinsichtlich der Steuern ergaben. Und klar: Hier mit SL zu arbeiten, macht sicherlich Sinn. Was solls: Aus Fehlern lerne ich (oder ich versuche es zumindest. 😂) Umso dankbarer bin ich für so tolle Beiträge wie die von Dir. Echt klasse.
Ich bin wirklich mal gespannt, wie die Comdirect damit jetzt umgeht, zumal ich schon eine beträchtliche Summe an Kapitalertragsteuern gezahlt habe im laufenden Steuerjahr. Der verfallene Schein wird in meinem Depot aktuell übrigens noch mit 0,054€ in Frankfurt ausgewiesen.
Gruß
Stefan
31.10.2023 11:55 - bearbeitet 31.10.2023 12:01
Ja, über Stopkurse kann man vorzüglich diskutieren. Mein Nachbar nmh ist seit 1990 an der Börse aktiv, und er hat mir mal am Gartenzaun erzählt, dass er erst richtig erfolgreich ist, seit er konsequent auf Stopkurse setzt. Aber man darf dem Hundling auch nicht alles glauben, was er sagt. Oft übertreibt er.
comdirect wird Deinen Verlust mit dem ausgeknockten Hebelzertifikat ziemlich sicher im steuerlichen Verlusttopf "sonstige" berücksichtigen. Falls Du dieses Jahr bereits Steuern (bei comdirect) bezahlt hast, werden die daher sofort mit der Einlösung (also in ca. einer Woche) erstattet; das ist ein grosser Vorteil von comdirect gegenüber anderen Banken, bei denen diese sogenannte "Steuerverprobung" erst nach einigen Tagen oder sogar erst zum Jahresende erfolgt!
Aber wie gesagt: Da die Finanzverwaltung (BMF) der Auffassung ist, dass ein Verlust, der durch Berührung einer Barriere passiert ist (unabhängig ob die Einlösung 0,001 oder 0 Euro beträgt), ab 2023 auf Bankebene nicht mehr berücksichtigt werden darf, und da die Bank hieran gebunden ist, besteht leider die grosse Gefahr, dass in einigen Monaten ein "Storno" in Deiner (und in meiner) Postbox liegt und die erstatteten Steuern wieder zurückgebucht werden.
der Nachbar von nmh
am 31.10.2023 12:02
Abermals Danke!
Aber dann reiche ich nochmal eine Frage an Dich nach: Wenn Comdirect Verluste per Gesetzgebung durch gerissene Barrieren nicht berücksichtigen darf - warum tut sie es dann? Ich meine, ist ja nicht so, dass man da was gegen hat - im Gegenteil. Aber die Frage stellt sich ja schon.
Gruß
Stefan
am 31.10.2023 12:09
Das ist eine sehr gute Frage! Die Prozesse im Hintergrund, gerade bei Steuern, sind sehr komplex, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass man sie einfach noch nicht an die neuen Vorgaben (gültig ab 2023) des BMF angepasst hat. Im übrigen ist comdirect (und die Commerzbank in Frankfurt im Hintergrund) hier auch nicht allein, es gibt diverse Dienstleister (z.B. den WM-Datenservice, hier in der Community auch unter dem Begriff "Saubande" bekannt), die da mitspielen und Daten liefern, wie bestimmte Geschäfte steuerlich abzuwickeln sind. Die IT-Systeme bei der Commerzbank setzen das einfach so um, wie WM es vorgibt. So etwas passiert immer wieder, und das Ergebnis sind dann Stornos, die für den Kunden (und auch für die Bank) sehr ärgerlich sind.
Ich könnte jetzt auch schreiben, dass die Steuerabteilung bei comdirect und auch bei der Cobank in Frankfurt chronisch überlastet sind. Das ist keine böse Absicht und sind auch keine Sparmassnahmen; es fehlt einfach Personal, so wie überall. Auch das könnte ein Grund sein, dass man nicht alle Vorgaben sofort umsetzt. Aber dann kommen gleich wieder derb-vulgäre Hasspostings von enttäuschten Kunden, die immer noch auf ihre Jahressteuerbescheinigung 2021 warten. Daher vergiss bitte, was ich gerade geschrieben habe.
Obacht: "Storno" bedeutet, dass die Steuern valutarisch rückwirkend wieder belastet werden. Falls Dein Verrechnungskonto dadurch ins negative gerät, darfst Du auch noch Sollzinsen bezahlen. Daher bitte Vorsicht, wenn Du die Steuern, die in ca. einer Woche erstattet werden, disponierst.