Habe aus aktuellem Anlass bezüglich Aussetzung von Kursstellungen mal ein paar Infos zusammengetragen:
Der Handel von Zertifikaten und Hebelprodukten erfolgt entweder im Direkhandel/over the counter (OTC) oder mithilfe eines Market Makers an einem Handelsplatz. Für beide Varianten gilt insbesondere, dass hier Angebot und Nachfrage nicht „geregelt“, wie das beispielsweise bei Aktien der Falls ist, über das Orderbuch erfolgen. Gibt es aber nun keine ausreichende Zahl von Kauf- und Verkaufsaufträgen (=Liquidität), was bei Derivaten laufend vorkommt, treten Market Maker auf (Bsp.: Die Frankfurter Börse bietet ca. 11.800 Aktien, aber ca. 1,3 Millionen Zertifikate und Optionsscheine an). Ein Market Maker, meistens der Emittenten selbst, stellt sozusagen sicher, dass auch bei geringer Marktdichte ein Preis gestellt werden kann.
Dabei verpflichten sich die Emittenten von Zertifikaten und Optionsscheinen nicht zu einer fortlaufenden Preisbereitstellung, weil keine rechtliche Grundlage dazu besteht, genauso wenig wie über gesamte Laufzeit des Wertpapiers das Market Making aufrecht zu halten. Aber die Emittenten selbst verdienen nur, wenn ein Handel stattfindet, sodass sie ein großes Interesse daran dürften, dass möglichst alle Produkte handelbar sind. In den Geschäftsbedingungen der Börsen werden die Market Maker zwar verpflichtet fortlaufend Kurse zu stellen, aber das gilt eben nur gegenüber der Börse und nicht gegenüber den Anlegern. Und es kommt hinzu, dass bei Marktstörungen oder außergewöhnlichen Umständen keine Kurse gestellt werden, z.B. kürzlich bei außerordentliche Bewegungen des Basiswertes (durch politische oder Zentralbankeingriffe).
Weil der Preis der Derivate aber wie bereits erwähnt nicht über das Orderbuch zustande kommt liegt die Preisbildung im Ermessen der Market Maker, die mithilfe von finanzmathematischen Preisbildungsmodellen (ohne Aufsicht Behörden/Gesetzgeber) berechnet wird. Beim Blick in das Basisinformationsblatt unter dem Abschnitt Risiko kann man auch diese Hinweise und Ausschlüsse nachlesen.
Als Market Maker trifft der Emittent selbst in Erscheinung und damit fallen beispielsweise zusätzliche Kosten für Sicherungsgeschäfte der Gegenposition an (Hedging). Somit kann der finanzmathematische Wert eines Zertifikats bzw. Optionsscheins von der Entwicklung des Basiswertes abweichen. Der finanzmathematische Wert bildet sich u.A. aus folgenden Faktoren:
Entwicklung des Basiswertes
Kosten für Hedging
Kosten für Strukturierung und Vertrieb der Zertifikate
Market Making-Marge
Volatilität des Basiswertes
Dividendenerwartung
….
Der Verdacht, dass der Emittent von den Verlusten der Anleger profitiere oder die Verluste der Anleger zugleich der Gewinn des Emittenten seien, sind laut dem Deutschen Derivate Verbands unbegründet, weil die Emittenten bei jedem Geschäft versuchen, eine risikoneutrale Position gegenüber den Anlegern einzunehmen. Auch deshalb tätigen die Emittenten Absicherungsgeschäfte und stünden damit dann sowohl Kursgewinnen als auch Kursverlusten der Anleger risikoneutral gegenüber. Eine Verpflichtung sowohl vom Gesetzgeber als auch von den Emittenten sich gegenüber jeder offenen Position abzusichern besteht nicht, liegt auch daran, dass die Emittenten in erster Linie an Gebühren, Spreads beim Market Making oder Finanzierungsmodellen verdienen.
Es ist und bleibt komplex, allein schon der vielen Variablen wegen und weil die jeweiligen Zusammenstellungen der finanzmathematischen Modelle nicht für Dritte einsehbar sind beziehungsweise dann nicht ohne Weiteres nachvollziehbar wären. Trotzdem bleibt so manches unbekannt, beispielsweise, dass die Aussetzung der Preisfeststellung bei Anlegern 'geduldet' wird aber nicht gegenüber dem Börsenplatz.
Hoffe das bringt etwas Licht ins Dunkel und trotz allem, auf gute Geschäfte!
-- We go to our utmost, to bring you the best --
