Servus miteinander!
Mir ist klar, was die Leser* am liebsten mögen: Heiße Aktientipps, möglichst hohe Dividenden. Was die Leser* als zweitliebstes mögen sind Postings zum Thema "die da oben!" und gegen die böööse, böööse EU. Klar, über die gemeinen Politiker zu schimpfen ist immer einfacher als selbst etwas zu machen, aber sei's drum. Ich schreibe hier ja nur im Rahmen meiner Bewährungsauflage und der Klicks wegen, also gerne abermals ein Posting von mir, das Klicks generieren wird. Mithin: Neues zum Thema "die da oben!" und gegen die böööse, böööse EU. Und das folgende klingt wie eine Satire, ist aber garantiert kein Aprilscherz.
Professionelle Investoren** müssen seit Inkrafttreten der Mifid II-Richtlinie Handelsaufträge an die Aufsicht melden, und zwar in Zulu-Zeit*** unter genauer Angabe der Zeit bis hin zur Mikrosekunde. Dabei ist von Bedeutung, wenn der Internationale Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme die nächste Schaltsekunde bekannt gibt. Dann sollte entsprechend der Empfehlung TF.406-6 der International Telecommunication Union Radio Communication gehandelt werden.
Das alles klingt nach einem bösen Scherz, ist aber seit 3. Januar 2018 Wahrheit für professionelle Anleger wie @dg2210, @kölle58, @maline, @ehemaliger Nutzer und mich****. In einem knapp 320 Seiten (!) starken Leitfaden führt die europäische Finanzaufsicht ESMA aus, wer wann und wie Transaktionen von Aktien, Anleihen oder Derivaten zu melden hat.
Ich zitiere aus den "Leitlinien – Meldung von Geschäften, Aufzeichnung von
Auftragsdaten und Synchronisierung der Uhren nach Mifid II", Aktenzeichen ESMA/2016/1452 DE, Seite 312:
"Wie [...] vorgegeben, können zur Aufzeichnung meldepflichtiger Ereignisse alle Systeme verwendet werden, die eine direkte Rückverfolgbarkeit auf die UTC gewährleisten, [...]. Zur Aufzeichnung meldepflichtiger Ereignisse darf auch die Zeitquelle des US-amerikanischen Global Positioning System (GPS) [...] verwendet werden [...]. Das Zeitsignal des GPS ist allerdings gegenüber der UTC versetzt (um die Schaltsekunden), [...]. Die Benutzer solcher Systeme sollten sich der damit verbundenen Risiken bewusst sein, beispielsweise Sonneneruptionen, Interferenzen, Störungen, Mehrwegeempfang oder eine unsachgemäße Einrichtung der Verbindung des Empfängers zum Signal. Aus diesem Grund sollten geeignete Maßnahmen zur Minderung dieser Risiken ergriffen werden. [...] Zeitstempel dürfen in Ortszeit geführt werden, sofern diese bei der Übermittlung von Daten an die zuständigen Behörden in UTC (Zulu-Zeit) umgewandelt wird."
Ihr seht also: bevor Ihr einen Börsenauftrag erteilt, solltet Ihr unbedingt nach oben zur Sonne blicken. Bitte beachtet dabei die im Internet erhältlichen Hinweise zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen (sog. "Sofi"). Nicht mit unbewaffnerem Auge in die Sonne blicken; eine CD oder DVD ist als Blendschutz ebenfalls nicht geeignet.
Wer mir nicht glaubt (immerhin gehöre ich ja offenbar***** auch zu "denen da oben"), googelt einfach die Begriffe "Mifid Sonneneruptionen" und wird rasch fündig.
Herzliche Grüße aus einem nachtdunklen München
nmh
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*) Anwesende freilich ausgeschlossen.
**) also Broker, Börsenhändler, Vermögensverwalter, Investmentbanken (vulgo "Zocker").
***) hat nix mit dem Raumschiff Enterprise zu tun; der hieß "Sulu"!
****) Mein Rechenzentrum in Bogenhausen erkennt Ihr leicht an den gewaltigen Antennen auf dem Dach zum Empfang aller GPS-, Глоба́льная навигацио́нная спу́тниковая систе́ма- und Galileo-Signale.
*****) Bitte nochmal den Unterschied zwischen "offenbar" und "offensichtlich" googeln, oder die @Schlussred. fragen. Danke.
Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
