am 04.12.2025 10:52
oder auch: Bausparen - Vom Freundsparer zum Feindsparer (laut Verbraucherzentrale BaWü)
Ich möchte hier über meine Erfahrungen als Kunde der Bausparkasse Schwäbisch Hall berichten, dem nach fast 20 Jahren der Bausparvertrag gekündigt wurde.
Grund für die Kündigung war, dass ich angeblich den Mindestsparbeitrag nicht eingezahlt hätte.
Dem Voraus ging, dass seit Vertragsabschluss im Jahr 2003, weder zum Vertragsabschluss noch später zu irgendeinem Zeitpunkt, die Zahlung des Mindestsparbeitrages gefordert wurde. Der Regelsparbeitrag wurde im Beratungsgespräch nicht als zwingend und verpflichtend dargestellt, sondern als Möglichkeit, das Bausparziel möglichst schnell zu erreichen. Da ich damals noch nicht genau wusste, wann ich die Bausparsumme benötigen würde, vereinbarte ich mit dem Berater ausdrücklich einen niedrigeren Sparbeitrag. In der Bausparurkunde heißt es wörtlich:
„… Falls Sie mit Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater keine anderen Zahlungen vereinbart haben, empfehlen wir Ihnen, den Regelsparbeitrag … monatlich einzuzahlen. Sie erreichen dann schnell Ihr Bausparziel…“.
Weder im Antrag auf den Abschluss eines Bausparvertrages noch in der Bausparurkunde ist die Rede davon, dass der Regelsparbeitrag zwingend zu leisten ist und andernfalls der Vertrag gekündigt wird. Dann hätte die Bausparkasse den Antrag ja gar nicht annehmen dürfen, wenn dies so zwingend gewesen wäre, aber es taucht in den Unterlagen (bis auf die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge) kein Hinweis darauf auf, und gerade auch die Beratung erfolgte nicht mit dem Hinweis auf die Verpflichtung, dass der Regelsparbeitrag zwingend zu leisten ist. Dann wäre die Beratung ebenso fehlerhaft gewesen wie die Annahme des Vertrages mit einem niedrigeren Sparbeitrag als dem Regelsparbeitrag.
Ich hatte ausdrücklich einen anderen Sparbeitrag vereinbart, wie im Antrag auf Abschluss eines Bausparvertrages dokumentiert, und welcher mir von der Bausparkasse ja auch mit der Annahme des Bausparvertrages sowie der Ausstellung der Bausparurkunde genauso bestätigt wurde. Mein Bausparvertrag wurde ausdrücklich mit einem niedrigeren Beitrag als dem Mindestsparbeitrag angenommen und ich wurde auch dahingehend durch den Berater „beraten“, dass dies kein Problem sei.
Im Verlauf des Jahres 2020 benötigte ich einen Teil der Bausparsumme und hatte die Absicht, den Vertrag zu teilen. Dem stand die Bausparkasse auch erst wohlwollend gegenüber, bis ich auf dem Teilungsauftrag in einem unauffälligen Nebensatz den „Verzicht auf die Treueprämie in allen Teilverträgen“ entdeckte, der mir untergeschoben werden sollte.
Nach einigen Rückfragen und Hin und Her wurde mir in der Folge die Teilung des Vertrages verweigert, solange ich dem Verzicht auf die Treueprämie nicht zustimme. In den Schreiben der Bausparkasse waren dann auch Vorwürfe enthalten, dass derartige Teilungsaufträge in der Absicht veranlasst würden, „das Stadium der Zuteilungsreife früher zu erreichen und die höchstmögliche Rendite auszuschöpfen zu wollen“, und man deshalb „zum Schutz der Bauspargemeinschaft“ meinem geäußerten Teilungswunsch nicht nachkommen könne.
Nachdem ich einer angebotenen Nutzung der Postbox zugestimmt hatte, stellte man mir nur wenige Tage nach Aktivierung unbemerkt die Aufforderung in die Postbox ein, rückwirkend den Mindestsparbeitrag zu zahlen, auch für einen Zeitraum, für den mir noch ein Jahr zuvor ausdrücklich bestätigt wurde, auf die Zahlung des Mindestsparbeitrages zu verzichten.
Die Einstellung dieses Schreibens in die Postbox mit der Nachforderung der Mindestsparbeiträge und gleichzeitiger Androhung der Kündigung des Vertrages wurde mir, im Gegensatz zu späteren Nachrichten, nicht per Mail bekannt gegeben. Da ich unterjährig noch nie irgendwelche Nachrichten von der Bausparkasse erhalten hatte, schaute ich natürlich nicht selbst nur wenige Tage nach Eröffnung der Postbox nach, ob irgendwelche Nachrichten angekommen sein könnten. Ich verließ mich darauf, dass ich ja eine Benachrichtigung per Mail erhalten würde. Ein großer Fehler. Durch die fehlende Benachrichtigung verpasste ich die Frist zur Nachzahlung der geforderten Regelsparbeiträge, welche ja nicht einmal ein Problem gewesen wären. Erst für die Einstellung der Kündigung des Vertrages drei Monate später erhielt Mailbenachrichtigung über eine in die Postbox eingestellte Nachricht. Die Bausparkasse nutze also die Gelegenheit, den Vertrag sofort zu kündigen.
Ich persönlich bin leider überzeugt, dass die fehlende Mitteilung über das eingestellte Dokument nur den einzigen Zweck hatte, einen Kündigungsgrund zu erhalten. Dies empfinde ich nach fast 20jähriger Geschäftsbeziehung als eine höchst schäbige Art und Weise, einen Kunden loszuwerden. Über diese hinterhältige Vorgehensweise wurde schon ausführlich im Fernsehen (SWR vom 05.03.2022) berichtet, wie ich leider erst nach persönlicher Betroffenheit feststellen musste.
Ich hatte den ganzen Vorgang sofort nach Erhalt der Kündigung dem Schlichter der Privaten Bausparkassen vorgelegt, welcher mir in allen Punkten Recht gab und der Bausparkasse empfahl, den Vertrag fortzusetzen. Leider folgte die Schwäbisch Hall dem Rat des Schlichters nicht.
Meine Konsultation bei einem spezialisierten Rechtsanwalt ergab dann, dass er sich zwar in allen Punkten den Ausführungen des Schlichters anschloss, aber zu bedenken gab, dass gerade die Klageverfahren gegen die Schwäbisch Hall vor Gericht oftmals mit einer Niederlage des Kunden enden. Seinem Eindruck nach werden die Bausparkassen vor Gericht regelrecht geschützt. Daher habe ich letztendlich entschieden, nicht weiter gegen diese schäbige Behandlung vorzugehen, sondern meine Lebensenergie lieber für positive Dinge zu nutzen. Da es inzwischen selbst auf Tagesgeldkonten höhere Zinsen gibt, als in einem Bausparvertrag gezahlt werden, zwingt sich eine Fortführung des Vertrages aus Renditegründen ohnehin nicht gerade auf.
Im Nachblick muss ich zusammenfassen, dass ich von der Bausparkasse Schwäbisch Hall als langjährigem Vertragspartner endlos enttäuscht bin. Nach langen Jahren des Sparens wird man mit fadenscheinigen Gründen und einem meiner Meinung nach hinterhältigen Vorgehen genau zu dem Zeitpunkt aus dem Vertrag gedrängt, zu dem es anfängt, für den Kunden lohnenswert zu werden. Ein Interesse an einer Fortführung des Vertrages selbst nach meinem Angebot, den geforderten Mindestsparbeitrag zu zahlen, bestand nicht.
Ich hoffe, durch diese ausführliche Schilderung manchen Kunden vielleicht auf die Gefahr aufmerksam zu machen, gegen seinen Willen aus dem Vertrag gedrängt zu werden. Bitte lasst euch nicht auf die Nutzung der Postbox ein oder verlasst euch zumindest nicht darauf, dass die Bausparkasse euch über eingestellte Dokumente immer informiert. Achtet auf jede Formulierung in den euch zugesandten Dokumenten, damit euch nicht unbemerkt der Verzicht auf Vertragsbestandteile untergeschoben wird.
Oder verzichtet angesichts des geschilderten Geschäftsgebarens und Umganges mit Kunden am besten ganz auf eine Geschäftsbeziehung mit diesem Unternehmen.
X25
am 04.12.2025 15:15
Eine unschöne Geschichte, die aber in das Bild passt. In den letzten Jahren versuchen immer mehr Institute, die sich nach außen seriös präsentieren, Kunden, die nicht mehr in's Profil passen, mit allen Tricks loszuwerden. Sparkassen-Kunden mit Zins-Bonus-Sparbüchern können ein Lied davon singen.
04.12.2025 17:12 - bearbeitet 04.12.2025 17:23
Hallo @X25, hallo Community,
erst einmal herzlichen Dank, dass du deine Erfahrungen mit dem Bausparen bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall teilst. Ich schätze dies sehr! Zuerst zu etwas Positivem: Du hast hierher gefunden und findest in der Community und dem Angebot von comdirect ein wahres Füllhorn an Informationen, sehr guten und guten Aktienkörben und Aktien!
Zum dem aktuellen Fall des widerwärtigen seltsamen Verhaltens beim Bausparen freut es mich, dass zumindest der freiberufliche Jura-Unternehmer mit der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt weitgehend fair zu dir ist. Und dich nicht zu einem Mandat mit Prozessführung drängt.
Selbst bei einem weitestgehend vertraglich störungsfreien Verlauf scheiden sich beim "Bausparer" schon immer die Geister. Schön für die Vertriebsseite natürlich die Abschlußgebühr, die seit einiger Zeit auf mehrere Jahre verteilt ("gezillmert") werden muß.
Für den Bausparer selber ist und bleibt es aber ein weitestgehend unbestimmtes Rechtsgeschäft mit Begriffen, die beim Vertragsabschluss kaum jemand außerhalb der Bankenwelt versteht. Nur zwei Beispiele, die einen ansonsten "normal" laufenden Bausparen für den Käufer der eigenen vier Wände zu einem Horror werden lassen:
1.) Zuteilungsreif: Nur die wenigsten Menschen verstehen diesen Begriff wahrscheinlich. Es gibt ja diese schöne Darstellung, wie viel Prozent der Darlehenssumme man angespart haben muß, damit die Zuteilung beantragt werden kann. Gibt es bei einem Unternehmen in diesem Zeitraum aber zu wenig Neuverträge, so kann es durchaus sein, dass die künstliche Kennziffer Bewertungszahl noch nicht erreicht ist. Bei den "Roten" aus sp_rkasse.de klingt das natürlich positiver und zwar so:
"Das Bausparkassengesetz verbietet, bei Vertragsabschluss einen bestimmten Zuteilungszeitpunkt zu nennen. Denn dieser hängt auch von den Spar- und Tilgungsleistungen der anderen Bausparer im Kollektiv ab."
Der Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung ist unbekannt, was zu einer teuren Zwischenfinanzierung führen kann.
+ Die Bonitätsprüfung bei Inanspruchnahme des Kredits
Was macht der Bausparer, wenn seine Branche/sein Beruf/seine sonstige Kundenhistorie dazu führen, das er einen zu niedrigen Bonitätswert hat. In der Theorie kann da sogar relativ zeitnah Ärgervorporgrammiert sein, wenn die vollständige Inanspruchnahme alleine deshalb abgelehnt wird. Dann hat der Sparer die niedrigeren Zinsen der Sparphase, den Vorteil der vollständigen Kreditbereitstellung aber nicht.
Neben dem gemeinen Verhalten dieser Kasse dir gegenüber, @X25, sind es also zwei wesentliche Konstruktionsfehler, die gerade den als sicher angepriesenen "Bausparer" in der realen Welt unsicher werden lassen.
Und die Formulierung des Vertragspartners, die du zitierst, passt zu der inneren geistigen Verfassung des Anbieters. "Schutz der Bauspargemeinschaft"
Was mir ergänzend noch einfällt: Niemand (!) sollte freiwillig auf eine elektronische Postbox für wichtige Dokumente umstellen. Denn diese ist keinesfalls "dokumentenecht", der Inhaber des Systems kann jederzeit auch nachträglich den Zugang sperren oder Dokumente löschen (wenn es ganz schlecht läuft). Für mein Privat-Girokonto mit einem dokumentenechten, zeitsparend zugesendeten Montausauszug auf Papier zahle ich deshalb so etwa 23,-- Euro pro Quartal.
Ich schicke dir, @X25,einen virtuellen Kaffee.☕
Liebe Grüße
Gluecksdrache
05.12.2025 14:28 - bearbeitet 05.12.2025 14:28
@X25 schrieb:
Dem Voraus ging, dass seit Vertragsabschluss im Jahr 2003, weder zum Vertragsabschluss noch später zu irgendeinem Zeitpunkt, die Zahlung des Mindestsparbeitrages gefordert wurde. Der Regelsparbeitrag wurde im Beratungsgespräch nicht als zwingend und verpflichtend dargestellt, s
Noch 'ne Ergänzung:
Im typischen Fall müsste statt 'Beratungsgespräch' besser 'Verkaufsgespräch' stehen. Die meisten Bausparverträge werden aktiv durch die Filialbanken provionsgesteuert in den Markt gedrückt. Die Fälle, in denen ein Bauinteressent aktiv auf eine Bausparkasse zugeht und ein Gespräch verlangt, sind eher selten. (Disclaimer: ich habe das gemacht und tatsächlich ein Angebot mit sehr guten Konditionen erhalten, die sich aber nur durch einen unkonventionellen Rechnenweg ergaben. Ich habe das Angebot manuell nachgerechnet und danach eine normale Bankfinanzierung gewählt).
am 05.12.2025 17:25
Danke für die interessanten Antworten.
Ich war zum Abschluss der Vertrages noch relativ jung, hatte noch keine konkreten Pläne bezüglich Hauskauf, und hatte einfach mal angefangen, zu sparen. Die lehrreichen Erkenntnisse kamen erst später, und ich konnte meine Ziele auch ohne die Bausparkasse problemlos erreichen.
Ich bin für die obigen Beiträge dankbar und für weitere Beiträge offen, aber eigentlich möchte ich meine Schilderung mehr als Hinweis und Warnung verstanden wissen, damit andere nicht in dieselbe Falle der SH tappen. Das hatte ich der SH damals zugesagt, dass ich meine Erfahrungen teilen würde, und ich möchte mein Versprechen schließlich auch einhalten!
Für interessierte Leser möchte ich noch diesen Text empfehlen, der die Sichtweise der Verbaraucherzentrale auf das Geschäftsgebaren der Bausparkassen zeigt.
Gruß
X25