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Gewinne und Dividenden mit dem Börsen-Bolko

nmh
Legende
9.960 Beiträge

L.S.

 

Kennt Ihr eigentlich den Börsen-Bolko? Die Älteren von Euch vielleicht. Bolko Hoffmann, 1937-2007. Herausgeber des "Effecten-Spiegel", angeblich Deutschlands einzige Börsenzeitschrift ohne Werbung. Ich lese das Magazin jede Woche, aus Nostalgie. Das Blatt gibt es schon seit 46 Jahren! Bereits mein Großvater hat die Zeitschrift gelesen; damals gab es nichts anderes für den Aktionär. Die Empfehlungen im Heft waren und sind eher weniger gut; wenn Aktien nach Empfehlung fallen, sind immer schnell Schuldige (freilich außerhalb der Redaktion) gefunden, und "die Aktie hat auf eine noch günstigere Einstiegsbasis zurückgefunden". Auch @Shane 1   hat sich hier ja schon eher abfällig über das Heft geäußert. Es gibt wirklich bessere Börsenblätter. Und doch stehen hin und wieder Artikel drin, in denen die Redaktion völlig zu Recht Missstände anprangert, wenngleich sich die Texte oft sehr populistisch lesen. Für mich ist das Heft vor allem wichtig, weil man darin Informationen über Kapitalmaßnahmen auch bei sehr kleinen Unternehmen findet.

 

Der Bolko war politisch umstritten. Er hat eine eurokritische, rechte Partei gegründet, und er lieferte sich Zeit seines Lebens einen Kleinkrieg gegen Großkonzerne, seine Lieblingsgegner waren die Deutsche Bank und die Commerzbank. Gegen letztere lieferte er sich bis zu seinem Tod Schlachten vor Gericht wegen der "Altbank", also der Commerzbank von 1870. Juristisch war das eine andere Gesellschaft als die heutige Commerzbank AG, die Ihr alle kennt. Von dieser Altbank gab es bis 2008 noch Aktien (WKN 803306), die in Reichsmark (!) notierten. 49 Prozent dieser Aktien hielt die neue Commerzbank, 49 Prozent hatte der Bolko. Die verbleibenden 2% lagen bei unbekannten Investoren; kaum jemand wußte, dass die nmh-Gruppe das Zünglein an der Waage war und die fehlenden 2% hielt. Bolko war der Meinung, dass der Markenname "Commerzbank" der Altbank (also zu 49 Prozent ihm) gehört, die Neubank sah das natürlich anders. Erst nach Bolkos Tod ging die außergerichtliche Einigung mit der Neubank ganz schnell, und die Aktien der alten Bank wurden abgefunden mit 20,22 Reichsmark, umgerechnet zu 1,95538 in Euro.

 

Ein anderes Schlachtfeld von ihm waren die "I.G. Farben-Liquis-Scheine", also die Liquidationsanteilsscheine der "Farben-Reste". Böse Sache, die I.G. Farben hat was mit der Nazi-Vergangenheit von BASF, Bayer, Hoechst usw. zu tun. Bitte mal googeln, falls Ihr's nicht wisst. Die IG-Liquis-Scheine (WKN 575907), ebenfalls bis zuletzt in Reichsmark-Notiz, waren leider weniger erfolgreich für den Bolko, für mich und die anderen Zocker; die Scheine wurden im Februar 2017 wertlos ausgebucht. 251,05 Euro hat mich dieses Vergnügen gekostet, aber es war ein Experiment. Ich mag solche komischen Wertpapiere.

 

Bei einer EM.TV-Hauptversammlung vor vielen Jahren konnte ich dem Bolko die Hand schütteln und kurz mit ihm sprechen. Das war zu einer Zeit, als man mit EM.TV bereits wieder Geld verdient hat. Der Bolko hatte auch irgendwie die Finger im Spiel und hat auch auf der HV gesprochen. Jedenfalls war kurz danach im Heft zu lesen, daß zahlreiche Kleinaktionäre auf der HV den ES-Herausgeber euphorisch begrüßt hätten.*

 

Die Effecten-Spiegel AG kämpft seit Jahren auch vor Gericht für die Rechte der Kleinaktionäre, aktuell beispielsweise in Sachen Volkswagen und Postbank-Zwangsabfindung.

 

Gut, soweit die Vergangenheit. Bolkos Firma wird seit seinem Tod in 2007 von einer Dame als Alleinvorstand geleitet. Das Unternehmen ist börsengelistet, es gibt Stamm- und Vorzugsaktien. Nach eigener Aussage hat das Verlagsgeschäft in 2017 immerhin 42 Tausend Euro Gewinn gemacht. Offenbar gibt es noch einige wie mich, die das Heft lesen und Geld dafür bezahlen.

 

Viel wichtiger ist aber: Die Effecten-Spiegel AG lebt eigentlich von Geschäften mit dem Eigenhandel von Aktien -- und das sogar recht erfolgreich. Man hat in 2017 einen Jahresüberschuss von 3,8 Mio Euro (Vorjahr: 3,2 Mio Euro) gemacht. Das Eigenkapital von 73 Mio Euro entspricht stolzen 96% der Bilanzsumme.

 

Und jetzt kommt das Interessante für Euch: Die Effecten-Spiegel AG zahlt -- eigentlich schon immer -- sehr attraktive Dividenden. Für die Vorzüge (WKN 564763) werden 90 Cent vorgeschlagen (HV am 23.5.2018), bei einem Kurs von derzeit 19 Euro sind das 4,7 Prozent. In 2016 und 2017 wurden je 80 Cent bezahlt. Nach meiner Datenbank ist der Gewinn je Aktie seit 2015 kontinuierlich von 0,39 auf 1,00 Euro gestiegen. Und die Aktie liegt auch jetzt noch -- trotz Trump-Crash -- in einem einigermaßen akzeptablen Aufwärtstrend. Natürlich ist auch die nmh-Gruppe investiert -- seit Mitte 2009.

 

Wer die Vorzugsaktie kauft, hat eine echte kleine Spezialität im Depot. Dadurch, dass die meisten Aktien in festen Händen sind, reagiert ein solches Papier auch nicht so panisch, wenn (so wie zur Zeit) alle anderen Aktien abstürzen. Mit der hohen Dividende sorgt das für ein wenig Stabilität im Depot.

 

Denkt mal drüber nach, ob so ein Wert vielleicht zu Eurer persönlichen Anlagestrategie passt. Ich würde nicht mein ganzes Haus auf den Bolko verwetten, aber mit einem überschaubaren Betrag dürft Ihr mitspielen.

 

nmh

 

_____________________

*)  Geschichte ein wenig von mir journalistisch aufgehübscht, aber nur bisschen.

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.
4 ANTWORTEN

zwiebelstein
Experte
111 Beiträge

Hallo @nmh,

es ist immer wieder sehr erstaunlich, wie du das schaffst, den geneigten Leser auf Werte aufmerksam zu machen. Diese Aktie hätte ich nie gefunden. Und die von dir erzählten Hintergründe: toll. Vielen Dank!

Gruß

zwiebelstein

nmh
Legende
9.960 Beiträge

@zwiebelstein:  Danke für Dein nettes Feedback. Naja, die Redaktion vom Effecten-Spiegel hat mir ja auch viel Geld dafür bezahlt, dass ich auf ihre Aktie aufmerksam mache. Äh, nein. Oder doch? Wir werden es leider nie erfahren.

 

Ein schönes Restwochenende für Dich und alle anderen (um 15 Grad) geneigten Leser!

 

nmh

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

Da ich den Mark-Euro-Umrechnungskurs immer noch im Kopf habe, sehe ich den Zahlendreher sofort. 🙂

Shane 1
Mentor ★★
1.913 Beiträge

 

@@nmh

Hallöchen, da du dich mich namentlich erwähnst, ich habe mich im Bord einmal negativ über den Effektenspiegel geäußert? Das weiß ich ja gar nicht mehr. Entweder ich schreibe hier zu oft  oder Alois (Alzheimer) läßt grüßen.

 

Aber es ist richtig, ich halte nichts von diesem Blättchen, welches mir immer noch alle paar Monate aus Werbezwecken zugesendet wird. Der Grund ist relativ einfach ersichtlich, ein großer Teil ist für Zertifikaten und Hebelpapieren reserviert und die meisten Aktiennews lesen sich wie abgeschrieben und sind aus anderen Printmedien bereits bekannt. Das letzte Heft, welches mir zugesendet wurde, habe ich (entspricht der Wahrheit und wirkt eventuell überheblich) ohne es auch nur zu überfliegen, sofort in der Papiertonne entsorgt.

 

Diese Art des Börsenbriefes findet man auch bei Hans Bernecker, welcher mir ebenfalls nicht liegt ( und der kostet mehr wie die günstigen 3 Euro vom ES). Ich mag keine Börsenbriefe, welche in jeder Ausgabe tickermäßig soviel Info wie möglich einpacken, diese jedoch lediglich aus einem oder zwei oberflächlich gehaltenen Sätzen ohne wirklichen Informationsgehalt besteht.

 

Vielleicht liegt es auch am derzeitigen Trend, Börse Online lieferte vor Jahren auch noch qualitativ bessere Artikel ab, aber im Verbund mit Fokus Money oder dem Aktionär , Managermagazin oder Capital erhalte ich meine Hinweise zu Papieren, welche mir interessant erscheinen und es wert sind, sich damit zu befassen.

Natürlich sehe ich, dass auch deine Sternelisten hier bei vielen Lesern beliebt sind, diese erfordern jedoch intensive Recherche und Prüfung vor einem Kauf und sind - entschuldige- meiner Ansicht für Anfänger oder Einsteiger nicht immer die beste Lösung. Allerdings erkenne ich wohlwollend deinen Warnhinweis dazu.

 

Vielleicht noch eine Anmerkung zu der Dividende, 4,7% Dividende liest sich in Zeiten der Minizinsen natürlich gut, (Bertelsmann Genußscheine bieten wesentlich mehr, allerdings schreckt der Kaufkurs ab), jedoch bieten auch gestandene Konzerne (Allianz, die langweilige Telkom usw.) schöne Dividenden. Der Vorteil für den Anleger, welcher sich nicht täglich um sein Invest kümmern will - hier findet der Investor fast täglich Informationen in den Tageszeitungen.

 

Ich habe von deinem hier vorgestellten Papier noch nie gehört, aber das will nichts heißen, dein Bericht über Beherrschungsverträge war auch interessant und kam mir als ehemaliger Geheaktionär erstmals zuvor in Verbindung mit Gehe/Celesio zu Gehör, allerdings nicht mit so verständlichen Erläuterungen.

 

Es lohnt sich immer wieder, mal hier ein wenig zu verweilen.

Grüßle nach München - Shane

Vielleicht kann ich dich neidisch machen, wir haben hier bei bei uns herrlichen Sonnenschein und die Krokusse und Märzenveilchen blühen bereits um die Wette. Der Nachmittag gehört also der Familie!!