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Inflationsfreie Währung nicht ideal?

honis56
Autor ★★★
64 Beiträge

Hallo,

habe eine generelle Frage:

 

Warum will man beim Euro eine Inflation haben? Wäre nicht eine Inflation von 0% erstrebenswert?

Und wenn, warum gerade etwa 2 % und nicht ein anderer Wert?

Woher kommt dieses Inflationsziel?

 

Viele Grüße

20 ANTWORTEN

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

Hui, das ist tatsächlich eine sehr weite Frage. Die Kurzantwort wäre wohl: Weil man Angst vor Deflation hat (also allgemein fallenden Preisen) – mehr als vor Inflation – und deshalb lieber etwas zum höheren Wert hin tendiert. Man geht auch davon aus, daß man einen zu hohen Wert leichter senken kann als umgekehrt einen zu niedrigen Wert erhöhen.

 

Die Europäische Zentralbank erläutert ihr Vorgehen im Web. Gerald Braunberger von der FAZ gibt in einem Blogartikel die Argumentation der damaligen Fed-Chefin und des Bundesbankchefs wieder.

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

und ergänzend noch dazu:

alle Mitgliedsstaaten (Luxemburg?) sind verschuldet.

Bei Inflation verliert das Geld jährlich etwas an Wert. Die Einnahmen der Staaten erfahren aber durch die steigenden Preise (und damit steigenden Steuereinnahmen) einen inflationsausgleich. Unterm Strich profitieren Schuldner also von einer Inflation. Bei einer Deflation würde die Schuld jährlich teurer werden. Staatspleiten sind nicht gut für die öffentliche Ordnung etc. wie wir ja in Griechenland schon sehen konnten. Das unterstreicht auch nochmal @chis Aussage "Lieber 2% drüber als 2% drunter".

 

 

honis56
Autor ★★★
64 Beiträge

Wenn eine Währung technisch weder Inflation noch Deflation haben kann (bitcoin), bräuchte man auch keinen Sicherheitsabstand von 2% zur Null. Warum also wäre bitcoin abgesehen von den anderen Nachteile (Stromverbrauch, Anonymität) nicht ideal?

swolpoll
Experte ★★★
727 Beiträge

@honis56: Wenn es Deflation gibt, werden größere Anschaffungen/Investitionen verschoben auf die Zukunft (weil es ja dann billiger wird). Das wäre brandgefährlich und würde jede Wirtschaft zum Erlahmen bringen. Deshalb muss Deflation um jeden Preis vermieden werden. 2% Inflation ist ein ausreichender Sicherheitsabstand zur Deflation. 0% wäre zu riskant.

 

Eine Zentralbank ist nötig, um diesen Prozess unabhängig zu steuern. Beim Bitcoin macht das niemand zudem ist die max. Geldmenge festgelegt. Das kann nicht funktionieren.

 

Gruß,

swolpoll

honis56
Autor ★★★
64 Beiträge

Die Menge der Bitcoins bleibt (fast) konstant. Niemand kann daran drehen, weder nach unten noch nach oben. Wäre doch ideal, wenn es weder Inflation noch die gefürchtete Deflation gäbe, oder?

 

 

Weinlese
Mentor ★
1.384 Beiträge

Eine starre Geldmenge wird besonders von vielen Goldbefürwortern auch immer wieder propagiert. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass solche goldgedeckten Währungen nie auf Dauer funktioniert haben, weder im Römischen Reich noch unter Bretton Woods. Früher oder später fängt der Staat doch an, die Währung zu verwässern, um durch Schuldenaufnahme Expansion zu finanzieren.

 

Deshalb glaube ich auch nicht, eine Kryptowährung als offizielles Zahlungsmittel würde dieses Problem dauerhaft lösen. Venezuela versucht derzeit diesen Weg mit dem Petro zu gehen. Bisher ohne Erfolg.

 

In gewisser Weise halte ich eine flexible Geldmenge auch für sinnvoll. Ein Innovationsschub durch eine neue Technologie könnte durch eine zu starre Geldmenge abgewürgt werden, wenn beispielsweise nicht genügend Anreize da sind, aus dem bisherigen Bestand an Geld neue Unternehmen zu finanzieren. Eine ähnliche Situation hatten wir zuletzt im Euroraum, die Kreditvergabe läuft noch immer nicht so rund wie sie sollte. Ziel müsste es dann nur sein, das überschüssige Geld auch wieder abzubauen. Das passiert in unsrem Geldsystem aber in der Regel nicht.

 

Viele Grüße

Weinlese

honis56
Autor ★★★
64 Beiträge

Hallo,

 

danke für die hilfreichen Antworten!

 

Verstehe wenig von Wirtschaft, habe aber feststellen müssen, daß im Bekanntenkreis mir niemand erklären konnte, warum wir eine (kleine) Inflation brauchen.

Weil es offenbar große Wissensdefizite in dieser grundsätzlichen Angelegenheit gibt, habe ich die Frage hier im Forum gestellt. Ich bin kein Verfechter irgendeiner Theorie, sondern frage nur mal ganz naiv als interessierter Bürger und Wähler.

 

@Weinlese

---Zitat

Eine starre Geldmenge wird besonders von vielen Goldbefürwortern auch immer wieder propagiert. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass solche goldgedeckten Währungen nie auf Dauer funktioniert haben, weder im Römischen Reich noch unter Bretton Woods.

---

Ist es nicht genau umgekehrt? Die ungedeckten Währungen erlitten nach ein paar Jahren einen Totalverlust, während man für Gold in den letzten tausend Jahren zu jeder Zeit etwas kaufen konnte. Hat man sich durch den Einfluß auf die Währung nicht lediglich sehr teuer (nämlich gegen den Preis des späteren Totalverlusts) etwas Zeit gekauft, statt die jeweilige Krise unmittelbar anzugehen?

---Zitat

Früher oder später fängt der Staat doch an, die Währung zu verwässern, um durch Schuldenaufnahme Expansion zu finanzieren.

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korrekt: Das Problem ist die Schuldenmacherei. Mit inflationsfreier Währung könnte sie weder ausufern noch die mangelhafte Rückzahlung verschleiert werden.

---Zitat

Deshalb glaube ich auch nicht, eine Kryptowährung als offizielles Zahlungsmittel würde dieses Problem dauerhaft lösen. Venezuela versucht derzeit diesen Weg mit dem Petro zu gehen. Bisher ohne Erfolg.

 

 In gewisser Weise halte ich eine flexible Geldmenge auch für sinnvoll. Ein Innovationsschub durch eine neue Technologie könnte durch eine zu starre Geldmenge abgewürgt werden, wenn beispielsweise nicht genügend Anreize da sind, aus dem bisherigen Bestand an Geld neue Unternehmen zu finanzieren.

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Verstehe ich nicht. Lieber eine langsamere Entwicklung als eine Finanzierung auf Kosten der Geldbesitzer, Schulden für die nachfolgende Generation und späteren Totalverlust. Wenn schon Schulden, dann ehrliche. Wenn niemand finanzieren will, dann ist die Innovation eben noch nicht reif. Nur, weil das einige im Moment nicht aushalten, sollen wir später eine Währungsrefom ertragen?

---Zitat

Eine ähnliche Situation hatten wir zuletzt im Euroraum, die Kreditvergabe läuft noch immer nicht so rund wie sie sollte. Ziel müsste es dann nur sein, das überschüssige Geld auch wieder abzubauen. Das passiert in unsrem Geldsystem aber in der Regel nicht.

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Und genau da liegt der Haken. Bei real gedeckten Schulden gäbe es dieses Problem nicht.

Irgendwie (Entschuldigung, ich verstehe wirklich nichts von Wirtschaft, mache mir nur naive Gedanken) hab ich das Gefühl, mit Hilfe der Inflation werden ungedeckte Schulden angehäuft, die dann alle paar Jahre in einer Währungsreform zu Lasten der Geldbesitzer auffliegen.

 

Zur Währungssteuerung:

Wenn man im Nachhinein die Prognosen der Wirtschaftsweisen mit der Realität vergleicht, fällt es schwer, anzunehmen, daß deren Einfluß auf die Währungsgestaltung mehr Positives als Negatives bringen kann.

 

Fazit: So richtig kapiert habe ich die Sache noch nicht.

 

honis56
Autor ★★★
64 Beiträge

Eine inflationsfreie Währung hätte etwas bestechend Positives:

Jeder könnte sich eine Alterssicherung aufbauen, bei der er genau die Leistung später wieder zurückbekommt, die er vorher hineingesteckt hat, also weder Gewinn durch Zinsen noch Verlust durch Inflation. Das fände ich super.

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Hallo @Weinlese

 

aber dann ist doch das Problem, dass wir Geld nicht nur als Zahlungsmittel sondern auch als Aufbewahrungsmittel benutzen und damit auch wollen, dass es sich mehrt.

 

Das Sammeln von Geld schadet aber seinem Fluss. Deswegen bringen die Zentralbanken immer wieder neues Geld in den Umlauf um den Fluss zu erhalten. Blöd nur, dass die die es sammeln es auch wieder auf die Seite legen, wenn es bei ihnen vorbeikommt. Oder siehst Du das anders?