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Aufbau Weltportfolio nach Kommer - Diverse Fragen eines Beginners

ozon
Autor ★★
32 Beiträge

Hallo Community,

 

ich habe das Kommer Buch "Souverän investieren mit Indexfonds und ETF" nun vollständig durchgelesen (leider Auflage 2015), und vieles, wenn auch nicht alles, verstanden. Ich würde jetzt einfach mal diese Strategie verfolgen wollen. Natürlich kann ich jetzt noch 1 jahr weiter Wissen aneignen um dann was anderes/besseres zu machen, dazu habe ich aber keine Zeit und Lust. Die konkrete Auswahl soll in den nächsten Monaten über JustETF.com erfolgen.

 

Ich habe, aus sonstigen nicht näher zu erläuternden Gründen, einen mittleren 5-Stelligen Betrag, den ich mind. 27 Jahre in ETF's anlegen möchte. Mein Wissen in Geldanlage ist praktisch gleich Null. Ein (technisches) BWL Studium und Lektüre des Buch's mal ausgenommen.

 

Hier meine Fragen:

1.) Kommer geht von 70% Aktien und 30% Anleihen aus. Ich spare seit 2002 in eine klassische private  Rentenversicherung, nach altem Recht, ein. In einer Gesamtportfolioanalyse wäre dies doch bereits der "rsikofreie Anteil" und ich könnte somit 100% in Aktien investieren, oder sehe ich das falsch? Oder sollte mal trotzdem 30% in Anleihen investieren? Der Rückkaufswert der Rentenversicherung würde pi mal Daumen momentan nämlich 30% betragen. ==>Rückkaufswert Rentenversicherung / (Aktienanteil + Rückkaufswert Rentenversicherung) = 0,3.

 

2.) Es gibt eine neue Kommer-Strategie in der Auflage von 2018. Meint Ihr, dass ich die neue Strategie verfolgen sollte oder doch die Strategie von 2015?

 

3.) Ich habe bisher verstanden, dass bei thesaurierenden ETF's die Besteuerung ausschließlich bei Entnahme/Depotauflösung erfolgt. Sagen wir, ich löse das Depot in 27 Jahren auf, dann muss ich 1-mal in 27 Jahren Steuern bezahlen, korrekt? In dem Buch lese ich aber was von "Depotstellen im Ausland" bei denen es dann anders ein kann etc. Meine Frage ist also, ob ich mir über die Besteuerung noch weitere Gedanken machen muss, oder ob es wirklich so einfach ist.

 

Vielen Dank schonmal für die Hilfe

 

17 ANTWORTEN

paba
Mentor
884 Beiträge

Hallo @ozon,

 

Zu Punk 1: Ja, die Rentenversicherung ist ein "risikofreier Anteil" deiner Gesamtanlage im Sinne von Kommer. In diesem Fall ist "risikofrei" aber wohl eher mit ertragsschwach zu übersetzen. Ich halte nicht viel von Lebensversicherung und Rentenversicherungen. Zurzeit würde ich auch keine Anlage in Anleihen empfehlen (von speziellen Papieren mal abgesehen). Bei einer langen Anlagedauer (hier 27 Jahre und mehr) gibt es nichts Besseres als Aktien.

 

Zu Punk 2: Willst du denn jetzt jedes Mal, wenn Kommer seine Anlageempfehlungen ändert, deine eigene Anlage entsprechend umstellen? Das wäre sehr unklug. An deiner stelle würde ich ganz einfache eine weltweit breit gesteuerte Anlage in Aktien verfolgen statt auf Kommer zu hören. Der MSCI World oder noch besser der ACWI ist dafür gut geeignet. Ich will hier nichts gegen Kommer sagen, aber der verdient mit seinen Büchern auch nicht schlecht.     

 

Zu Punkt 3: Nein, das ist so nicht richtig. Auch thesaurierende ETFs werden jährlich besteuert. Die Steuer ist aber im Vergleich zu ausschüttenden ETFs sehr gering. Für 2018 beträgt die Steuer z.B. zwischen 0,00 und 1,12€ je 1000€ Anlagevolumen (das ist die Steuer auf die sogenannte Vorabpauschale). In jedem Fall wird für die Steuer zunächst der Freistellungsauftrag genutzt. Bei thesaurierenden Fonds ist noch zu beachten, dass diese immer erst am ersten Tage des auf das Steuerjahr folgenden Jahres versteuert werden, d.h. im Jahr des Kaufs kannst du deinen Freistellungsauftrag dafür nicht nutzen (falls du also sonst keine Kapitalerträge, hattest verliert du den Steuerfreibetrag bzw. Teile davon im Jahr des Kaufs). Solange du deinen Steuerfreibetrag (801/1602) noch nicht vollständig verbraucht hast, ist es aus Sicht der Steuer günstiger in einen ausschüttenden ETF zu investieren, denn jeder Cent des Steuerfreibetrag, der am Jahresende nicht verbraucht ist, verfällt unwiderruflich.

 

Gruß paba

Iolani
Experte
98 Beiträge

Hallo @ozon,

die Entscheidung, dein Geld langfristig in ETFs anzulegen finde ich goldrichtig.

Du sagst, du hättest einen mittleren 5-stelligen Betrag anzulegen. Diesen könntest du sofort in einen oder mehrere breitgestreute ETFs (z.B. auf den MSCI World und Emerging Markets) investieren.

Selbst wenn der Markt in den nächsten Monaten / Jahren merklich in die Knie gehen wird - ich rechne nach einer 10-jährigen Aufwärtsphase fest damit - sollte dich das  bei dem von dir genannten Anlagehorizont von 27 Jahren nicht jucken. Du kannst eine solche Schwächephase locker aussitzen, kann allerdings einiges an Nerven kosten.

Eine andere Möglichkeit wäre, das Geld nicht auf einen Schlag, sondern ähnlich einem ETF-Sparplan in mehreren Teilen mit einem nahezu gleichbleibenden Betrag (z.B. monatlich 2000 €) zu investieren. Damit würdest du bei steigenden Kursen am Aufwärtstrend partizipieren, bei sinkenden Kursen wäre nicht dein ganzes Kapital betroffen. Du würdest im Endeffekt deinen ETF zu günstigeren Durchschnittskursen erwerben.

Bzgl. der Steuer auf ausländisch thesaurierende ETFs hat @paba ja schon alles gesagt. Die von dir zitierte Steuerproblematik galt bis Ende 2017, seit 1.1.2018 sind die Steuerregeln umgestellt und alle ETFs sind "steuereinfach".

Gruß,

Iolani

dg2210
Legende
6.156 Beiträge

Insbesondere die Antwort zu Frage 1 ist etwas komplexer:

 

a) Kommer empfiehlt nicht die starre Aufteilung in 70% Aktien und 30% Anleihen. Zumindest in den neuen Büchern rät er zu einer Aufteilung in risikoarme und risikobehaftete Anlagen abhängig von der persönlichen Risikotragfähigkeit, Anlagehorizont und Liquiditätsbedarf.

 

b) Kommer rät aus Sicherheitsgründen zu Anleihenfonds. Der typische Kommer-Beratungskunde hat ein Vermöggen > 1 Mio, die gesetzliche Einlagensicherung der deutschen Banken beträgt 100000 EUR. Anleihenfonds sind Sondervemögen und unterliegen damit nicht der Haftungsgrenze der Einlagensicherung. Bei Beträgen < 100000 EUR kann man das Geld auch auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto parken.

 

c) Ob man die Rentenversicherung als "Anlage" klassifiziert, ist eher eine philosophische Frage. "Risikoarm" bedeutet: "wenn ich 100 EUR in ein Produkt stecke, dann bekomme ich mit hoher Wahrscheinlichkeit ca 100 EUR wieder zurück". Deine Rentenversicherung hat aktuell einen Rückkaufwert von 30%, d.h. jeder Euro, den du heute dort hineinsteckst ist morgen nur noch 30 Cent wert. Ich sehe das nicht als risikolos. Ja, in 40(?) Jahren bekommst du mehr als einen EUR zurück; die Versicherung hat noch andere Vorteile und ich rate auch nicht davon ab. Ich würde sie aber nicht als Vermögensanlage sehen. 

ozon
Autor ★★
32 Beiträge

Hallo Zusammen,

 

vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Vieles muss erst noch Sacken und ich brauche weiteres Studium, gerade in Bezug auf Steuern.

 

Insgesamt soll das Portfolio nicht zu komplex sein. Auf der anderen Seite würde ein Invest ausschließlich in den MSCI AWCI doch folgende Schwächen haben:

 

  • Zu wenig Schwellenländeraktien
  • Zu viel USA
  • Keine Small Caps
  • Teuer
  • Keine Value-Aktien

Eine Alternative wäre doch die Kombination des MSCI AWCI mit einem weltweiten Small Caps Index?

 

Allerdings verstehe ich momentan noch nicht, was es in Sachen Komplexität denn jetzt bedeutet, wenn ich anstatt 1 oder 2 ETFs in 7 ETFs investiere (?) Kann ich das überhaupt leisten oder verrenne ich mich damit und habe ich später überhaupt die Lust und die Zeit, mir da nochmal die Gewichtungen zu ändern?

 

Ich werde weiterhin recherchieren und hier möglichst bald weitere Fragen stellen.

 

Glücksdrache
Legende
3.624 Beiträge

Hallo @ozon,

 

erst einmal Herzlich willkommen im Forum. Ich freue mich, dass Du persönlich sehr weit bist in den Bereichen Nachdenken über die Geldanlage und auch Selbstbewusstsein.

 

Es ist gut, dass Du selbst entscheidest.

 

Bei der Verteilung zwischen Aktien und Anleihen solltest Du darauf achten, dass seit einigen Jahren nichts mehr so ist wie es mal war: Die Niedrigzinsphase führt dazu, dass die Rendite praktisch aller Anleihen unterhalb der Inflationsrate ist.

 

Deshalb bieten Anleihen momentan und bis zu einer etwaigen Zinserhöhung eher Wertverzehrs-, denn Wertbildungspotenzial. Leider. Smiley (traurig)

 

ich würde stattdessen aber einen Klassiker des comdirect-Forums empfehlen:

 

Die einzige Forenlegende und ein Communaut, den ich sehr schätze, @nmh veröffentlicht regelmäßig Sterne-Listen und Auswertungen zu langfristig interessanten Aktien.

 

Wenn Du also statt den Festverzinslichen zwei bis drei Aktien aus diesen Listen nimmst, dann hast Du eine gute Depotbeimischung.

 

Lektüre? Hier gibt es mehr davon:

 

/t5/Wertpapiere-Anlage/Gegessen-wird-immer/td-p/7271

 

Viel Spaß beim Lesen und Nachdenken!

 

Liebe Grüße

 

Glücksdrache

nmh
Legende
9.959 Beiträge

@ozon:


@Glücksdrache  schrieb:

Lektüre? Hier gibt es mehr davon:

 

/t5/Wertpapiere-Anlage/Gegessen-wird-immer/td-p/7271



... oder viel aktueller hier oder hier oder in vielen anderen Artikeln, die ich hier veröffentlicht habe.

 

nmh

 

Disclaimer: Ich habe leider kein scharfes ß auf meiner Schweizer Tastatur.

dg2210
Legende
6.156 Beiträge

@ozon  schrieb:

Insgesamt soll das Portfolio nicht zu komplex sein. Auf der anderen Seite würde ein Invest ausschließlich in den MSCI AWCI doch folgende Schwächen haben:

  • Zu wenig Schwellenländeraktien
  • Zu viel USA
  • Keine Small Caps
  • Teuer
  • Keine Value-Aktien


Da gibt es offensichtlich noch ein paar Missverständnisse, die ich gerne ausräume:

 

a) Die All-World-Indices umfassen Schwellenländeraktien genau im richtigen Verhältniss, entspreche dem Länder-BIP/Marktkapitalisierung. 

b) zu viel USA: siehe a). Die USA sind nun einmal der größte Markt, daher sind im Index auch mehr amerikanische als burmesische Firmen.

c) Die aktuelle Zusammmensetzung eines AWCI-ETF steht z.B. hier. Der ETF enthält natürlich auch small-caps, sowit sie handelbar sind (in der entsprechenden Gewichtung)

d) die TER entsprechender ETFs liegt bei ca 0,5% p.a. Das ist für einen replizierenden ETF mit > 1000 Einzelwerten sehr günstig

e) Johnson&Johnson, Exxon, Unilever, Berkshire, AT&T, Samsung sind keine Value-Aktien?  

 

Nachtrag:

Der entsprechende Vanguard - ETF (IE00B3RBWM25) umfasst 3169 Werte (siehe hier) bei einer TER von 0,25 % p.a.

chi
Mentor ★
1.134 Beiträge

@dg2210  schrieb:

Da gibt es offensichtlich noch ein paar Missverständnisse, die ich gerne ausräume:

 

a) Die All-World-Indices umfassen Schwellenländeraktien genau im richtigen Verhältniss, entspreche dem Länder-BIP/Marktkapitalisierung. 

b) zu viel USA: siehe a). Die USA sind nun einmal der größte Markt, daher sind im Index auch mehr amerikanische als burmesische Firmen.

c) Die aktuelle Zusammmensetzung eines AWCI-ETF steht z.B. hier. Der ETF enthält natürlich auch small-caps, sowit sie handelbar sind (in der entsprechenden Gewichtung)

d) die TER entsprechender ETFs liegt bei ca 0,5% p.a. Das ist für einen replizierenden ETF mit > 1000 Einzelwerten sehr günstig


Da muß ich nun wieder was richtigstellen (außer zu e):

 

a) und b) Das ist diskutabel bzw. individuell zu entscheiden, ob die Gewichtung nach Marktkapitalisierung die richtige ist. Es gibt auch gute Argumente für eine Gewichtung nach Wirtschaftsleistung; und dann sind in der Tat in einem MSCI ACWI die USA zu schwer und die Schwellenländer zu leicht.

 

c) Die regulären MSCI-Indizes (z.B. MSCI World, MSCI ACWI, MSCI Emerging Markets, MSCI Europe) enthalten keine Small Caps, sondern nur die größeren Unternehmen bis insgesamt 85% Marktkapitalisierung. Es gibt spezielle Small-Cap-Indizes, die nur Small Caps enthalten (die nächsten 14% Marktkapitalisierung), z.B. MSCI World Small Cap; und es gibt IMI-Indizes, die beides kombinieren und 99% Marktkapitalisierung abdecken, z.B. MSCI Emerging Markets IMI. (IMI steht für „investable market index“.)

 

d) Die ACWIs sind schon deutlich teurer (mindestens 0,40%) als eine Eigenbau-Kombination aus MSCI World und MSCI Emerging Markets (ab ca. 0,20%). Beim Eigenbau muß man Mehraufwand, evtl. höhere Anschaffungskosten und nötige Umschichtungen bedenken.

 

Es gibt genau einen MSCI ACWI IMI, der also wirklich so ziemlich alles abdeckt einschließlich Small Caps, von SPDR (WKN A1JJTD, TER 0,40%). MSCI Emerging Markets IMI gibt’s sehr günstig von iShares.

dg2210
Legende
6.156 Beiträge

Ich nutze gerne die Gelegenheit, um Punkte (c) und (d) zu korrigieren/zu ergänzen...

 


@chi  schrieb:

c) Die regulären MSCI-Indizes (z.B. MSCI World, MSCI ACWI, MSCI Emerging Markets, MSCI Europe) enthalten keine Small Caps, sondern nur die größeren Unternehmen bis insgesamt 85% Marktkapitalisierung.

 

d) Die ACWIs sind schon deutlich teurer (mindestens 0,40%) als eine Eigenbau-Kombination aus MSCI World und MSCI Emerging Markets

 


Zu (d): wie gesagt, kostet der voll replizierende Vangard ACWI nur 0,25% (Quelle)

 

Zu (c): Wie definiert man "small cap"? Einige Quellen nehmen als Untergrenze 300 Millionen USD (https://www.investopedia.com/terms/s/small-cap.asp), andere 1 Milliarde USD (https://en.wikipedia.org/wiki/Small_cap_company). Ich habe keine  Lust, die Marktkapitalisierung aller 3169 Werte des Vanguard ACWI zu bestimmen (dies bleibt als Aufgabe dem Leser überlassen). Darum habe ich beim Buchstaben A aufgehört und  die "Onemarket Ltd" gefunden, eine australische Firma mit knapp 80 Millionen USD Marktkapitalisierung, also ein waschechter Micro-cap. Ich präzisiere daher meine Aussage: Der Vanguard ACWI enthielt zum Berichtszeitpunkt des letzten "annual reports" (30.06.2018) Werte mit einer Marktkapitalisierung zwischen <80 Millionen USD (Onemarket Ltd) und knapp 1 Billion USD (Apple)