Hilfe
abbrechen
Suchergebnisse werden angezeigt für 
Stattdessen suchen nach 
Meintest du: 

Abgeltungssteuer (Auswirkungen für Sparer)

Shane 1
Mentor ★★
1.919 Beiträge

Abgeltungssteuer 

Allgemein spricht man von einer Abgeltungssteuer, wenn Einkommen nicht ausgezahlt, sondern direkt ans Finanzamt überwiesen werden und die Steuerschuld damit vollständig abgegolten ist. Streng genommen sind nach dieser Erklärung auch andere Steuerarten  (wie Lohnsteuern) eine Abgeltungssteuer, die Steuerschuld ist damit bezahlt. Umgangssprachlich ist aber immer die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge gemeint.

 

Doch halten wir uns an die Reihenfolge. Am 1. Januar 2009 zog Vater Staat mal wieder die Steuerschraube an und brachte dem Sparer und Privatanleger in der Regel zusätzliche Belastungen. Die Vermögensbildung wurde schwieriger und ungerechter. An diesem Tag hielt die Abgeltungssteuer Einzug in Deutschland und wird den Anleger wohl so schnell nicht mehr verlassen.

 

Seit diesem Datum ziehen inländische Banken von allen Kapitalerträgen 25 Prozent plus 1,375 Prozent Solidaritätszuschlag ab. Die Kirchensteuer von 9,0 beziehungsweise 8,0 Prozent (nur in Bayern und Baden-Württemberg) kommt bei Kirchenmitgliedern seit 2 Jahren noch dazu, so dass am Ende die Steuer zwischen 26,375 Prozent (ohne Kirchensteuer) und 27,995 Prozent liegt. Diese Kirchensteuer entfällt jedoch ersatzlos bei Kirchenaustritt, welcher bei der Gemeinde seines Wohnsitzes gegen eine Gebühr von rund 15 Euro sofort bescheinigt und weitergeleitet wird.

 

Seit diesem Datum gilt nun eine einheitliche Steuer für Zinsen, Dividenden und Erlöse aus Wertpapierverkäufen in Höhe von 25 Prozent zuzüglich des oben erwähnten Solidarzuschlags und ggf. der einbehaltenen Kirchensteuer (dass der Staat Kirchensteuer für die Kirche erhebt ist meines Wissens einmalig in Europa).

Die Abgeltungssteuer ist eine "Quellensteuer", denn sie wird dort fällig, wo der zu versteuernde Betrag entsteht. In der Praxis führen also die depotführenden Banken die Steuer direkt an das Finanzamt ab. Eine Steuererklärung ist in diesem Fall nicht mehr notwendig. Für ledige Sparer wurde gleichzeitig ein Sparerpauschbetrag für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 801 Euro eingeführt, welcher sich für Eheleute auf 1602 Euro verdoppelt.

 

Schlussstrich bei der Spekulationsfristfrist                                          
Bei Kapitaleinkünften greift seit 2009 die Abgeltungssteuer grundsätzlich immer. Für langfristig orientierte Anleger hieß es damit Abschied von der Spekulationsfrist zu nehmen. Zuvor waren Kursgewinne bei Wertpapieren nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei.

 
Halbeinkünfte-Verfahren
Auch das bis dato so genannte Halbeinkünfte-Verfahren, bei dem Dividenden und Veräußerungsgewinne bei Aktien nur zur Hälfte versteuert werden mussten, gehörte mit dem Start der Abgeltungssteuer der Vergangenheit an. Nun werden alljährliche Dividendenzahlungen genau wie Kursgewinne beim Verkauf von Aktien oder Aktienfonds einheitlich mit 25 Prozent besteuert.

 

25 Prozent für (fast) alle
Diese gleiche Besteuerung und der Wegfall von Spekulationsfristen hatte bereits während des Gesetzgebungsprozesses viele Kritiker auf den Plan gerufen. Denn der Steuersatz von 25 Prozent gilt für den Kleinsparer ebenso wie für den MillionärFür letzteren bedeutet die Abgeltungssteuer gerade bei kurzfristigen Anlagen oder bei Ausschüttungen und Veräußerungsgewinnen aus fest verzinslichen Wertpapieren einen gewaltigen Steuervorteil: Denn bislang muss er die Kapitalerträge mit seinem persönlichen Einkommenssteuersatz von bis zu 45 Prozent versteuern.
War dies der große Wurf zur Steuergerechtigkeit?

 

Nur für Geringverdiener kann sich der Steuersatz ermäßigen. Liegt der individuelle Steuersatz nämlich unterhalb von 25 Prozent, kann dieser niedrigere Steuersatz zugrunde gelegt werden (dafür muss er jedoch eine Arbeitnehmerveranlagung bei seinem Finanzamt durchführen, vorausgesetzt, er weiß das, kann den Ausgleich selbst vornehmen und muss keinen teuren Steuerberater beauftragen).

 

Vorsorge mit weniger Renditechancen
Der Wegfall der Steuerfreiheit nach Ablauf der Spekulationsfrist hat nach Expertenansicht gravierende Auswirkungen auf die von der Regierung gewünschte Vermögensbildung und die Altersvorsorge, gerade von Privatanlegern mit kleineren Einkommen.

 

Waren etwa die Kursgewinne bei Aktienfonds nach einem Jahr steuerfrei, greift nun der Fiskus beim Verkauf mit 25 Prozent der Gewinne zu.                                               Bei langjährigen Durchschnittrenditen am Aktienmarkt von 8 von 9 Prozent kann der Privatanleger nach dem steuerlichen Abzug nur noch Nettorenditen von 6 bis 7 Prozent erwarten.
Der Aktienmarkt ist damit für viele kleinere Investoren seit 2009 unattraktiver geworden.

Dafür sorgt auch die relative steuerliche Erleichterung bei Zins-Erträgen aus fest verzinslichen Anlagen wie Anleihen oder Obligationen. Denn auch für sie gilt der Einheitssteuersatz von 25 Prozent, während früher der persönliche Einkommenssteuertarif angewendet wurde.                                                         Lediglich Immobilien und Immobilienfonds werden von der Abgeltungssteuer nicht erfasst. Steuerfrei ist der Verkauf bei offenen Immobilienfonds aber erst nach zehn Jahren.

 

Ich hoffe, ich konnte die Auswirkungen dieser oft erwähnten, aber kaum richtig verstandenen Abgeltungssteuer verständlich näher bringen. Einen Punkt möchte ich aber der Vollständigkeit noch erklären.                                                                            Der ebenso oftmals vorgetragene geflügelte Satz „der Staat würde von unserem bereits schon einmal ersparten und versteuerten Geld nochmals Steuer erheben“ ist einfach falsch. Bereits einmal versteuertes Geld wird kein zweites Mal besteuert. Lediglich die Zinsen, Dividenden oder Erträge die dieses Geld generiert werden versteuert. Das ursprüngliche eingebrachte Kapital bleibt davon unberührt.

Shane

 

20 ANTWORTEN

Weinlese
Mentor ★
1.384 Beiträge

Shane 1 schrieb:

Der ebenso oftmals vorgetragene geflügelte Satz „der Staat würde von unserem bereits schon einmal ersparten und versteuerten Geld nochmals Steuer erheben“ ist einfach falsch. Bereits einmal versteuertes Geld wird kein zweites Mal besteuert. Lediglich die Zinsen, Dividenden oder Erträge die dieses Geld generiert werden versteuert. Das ursprüngliche eingebrachte Kapital bleibt davon unberührt.


Für festverzinsliche Anlagen mag das stimmen, aber trifft das tatsächlich auch auf Dividenden zu? Meines Wissens werden Unternehmengewinne bereits im Unternehmen versteuert, bevor sie an die Anteilseigner ausgeschüttet werden. Die müssen dann auf diese Gewinne nochmal die Abgeltungssteuer zahlen.

Glücksdrache
Legende
3.624 Beiträge

Deinen Beitrag finde ich grossartig, @Shane 1!

 

Erlaube mir bitte in diesem Zusammenhang auf eine gar nicht so kleine Ungerechtigkeit hinzuweisen, die erst durch die Abgeltungsteuer ab 2009 entstanden ist:

 

Bei den früheren Steuerregelungen waren ja alle Kursgewinne auf Aktien steuerfrei, wenn die Spekulationsfrist eingehalten wurde. So konnte man sagen: Der "normale" Substanz-Wertzuwachs wurde nicht besteuert, die sofort ausgezahlten Gewinne/Dividenden hingegen schon. Roboter (fröhlich)

 

Damit war diese Form des Ansparens - für was auch immer - absolut vorteilhaft und unterstützte die Vermögensbildung der Menschen mehr als jedes andere (subventionierte) Produkt.

 

Nach Inkrafttreten des neuen Steuerregimes  der neuen Steuerregelungen hingegen wird den Menschen wesentlich mehr Geld entzogen. Um dies zu verdecken wurde ein undurchschaubares Dickicht an Förderregelungen ("Riester") geschaffen.

 

Wenn aber seit 2009 jeglicher NOMINALER Wertzuwachs besteuert wird, dann wird eben auch die Geldentwertung mit besteuert. Bei einem Depot müssten - wenn nur der Kaufkraftzuwachs besteuert werden soll- eben die 1,X - 2 % Inflation als Steuerfreibetrag abgezogen werden. 

 

Da dies nicht geschieht und die Steuerfreibeträge nicht erhöht worden sind, ist es zumindest auf den Inflationsanteil der Wertsteigerung schon eine "nochmal Besteuerung". 

 

Persönlich zahle ich gerne Steuern, die ja für Infrastruktur, Sicherheit und Bildung ausgegeben werden. Aber wer durch Parlamentsbeschluß eine Steuerkassierkarawane in Bewegung setzt, der sollte schon an Gerechtigkeit denken.

 

Liebe Community, das wollte ich einfach mal loswerden. Verlegener Smiley

 

Grüße

 

Glücksdrache

inliner
Legende
4.665 Beiträge

Gut gebrüllt LöweFurfur.

Da bin ich ganz Deiner Meinung. 

Shane 1
Mentor ★★
1.919 Beiträge

@Weinlese

Hallo Weinlese, welch ein ideenreicher Nickname.                                                                Ob mir der Staat von meinen erhaltenen Zinsen (festverzinsliche Anlage) oder den ausgeschütteten Dividenden (Aktienanlage) Steuern einbehält ist eigentlich unerheblich, da der Unterschied nur im Namen besteht. Letztendlich bleiben bei einer Kapitalanlage, oder genauer, von dem Ertrag welches dein Invest erwirtschaftet von 4% Netto nur etwa 3% im Geldbeutel übrig.

 

Was du wahrscheinlich meinst sind die Körperschaftssteuern der Unternehmen, welche diese entrichten. Die Körperschaftssteuer bei Unternehmen ist aber nichts nichts anderes wie die Einkommensteuer bei natürlichen Personen.

Grüßle - Shane

 

 

Shane 1
Mentor ★★
1.919 Beiträge

@Glücksdrache

Hi Glücksdrache,

ich will gar nichts erlauben können, sondern freue mich über viele Beiträge. Sie zeigen dem Bord doch die unterschiedlichen Ansichten der Leser und helfen oft bei einer Entscheidungsfindung. Deine Antwort mußte ich zwei Mal lesen, über Kaufkraftverlust und Inflation in diesem Zusammenhang habe ich noch gar nicht nachgedacht.

 

Auch Herr Riester hat ja schon zugegeben, dass seine Rentenidee nicht der große Wurf war. Aber ich glaube auch nicht, dass eine Inflationsrate von einer Regierung irgendwo in der Welt steuermindernd berücksichtigt wird. Herr Draghi versucht ja, diese sogar zu steigern, um sein Italien zu retten (Italien könnte nicht einmal mehr die Zinsen für ihre Schulden bezahlen, wenn diese wieder auf ein normales Maß steigen würden. Nicht umsonst sollen ja die EU-Länder nun gemeinsam für andere Länderschulden haften).

 

Meines Wissens hat Deutschland für sein Steuersystem auch die europaweit größte Bibliothek überhaupt und da liegt einer der Fehler im System.

 

Warum glaube ich so etwas?

Wenn ich in einem Land einen Steuerberater brauche um meine Steuererklärung zu fertigen, weil die Gesetze so kompliziert sind, das ich das mit gesundem Menschenverstand nicht kann, weil mir dann eventuell Nachteile entstehen, ist das nicht in Ordnung.

 

Wenn ich in einem Land einen Rentenberater brauche, welcher meinen Bescheid auf Richtigkeit prüfen muß, ob die Höhe meiner Rente stimmt, ist das nicht in Ordnung.

 

Wenn ich in einem Land einen Rechtsanwalt brauche, weil ich einen Ast vom Nachbarbaum abschneide, da dieser mir in meinen Garten wächst und ich dem Richter dies nicht selber erklären kann, da Formfehler mich benachteiligen könnten, ist das nicht in Ordnung.

 

Und da gibt es noch viele Beispiele. Eine Gesellschaft demontiert sich selber in seinem Zusammenleben, wenn man für jede Kleinigkeit, einen Spezialisten braucht,  alltägliche Vorgänge mit normalem Menschenverstand nicht mehr versteht oder selbst regeln kann. So wurde auch mit diesem Gesetz wieder etwas weiteres kompliziert und wird uns sicher noch lange erhalten bleiben.

 

Die Sektsteuer wurde damals vom alten Fritz eingeführt und gibt es heute noch!

Grüßle - Shane 

 

 

NordlichtSH
Mentor ★★
1.820 Beiträge

Ein sehr informativer Beitrag.

 

Meine persönliche Meinung zur Besteuerung der Kapitalerträge, dass die Sparerfreibeträge erhöht werden sollten, damit insbesondere Kleinsparern mehr von ihren Zinsen und Dividenden bleibt.

Weinlese
Mentor ★
1.384 Beiträge

Shane 1 schrieb:

Was du wahrscheinlich meinst sind die Körperschaftssteuern der Unternehmen, welche diese entrichten. Die Körperschaftssteuer bei Unternehmen ist aber nichts nichts anderes wie die Einkommensteuer bei natürlichen Personen.


Genau das meinte ich. Bei der Einkommensteuer bezahlst du einmalig Steuern auf die erwirtschafteten/erarbeiteten Gewinne. Wenn du nun aber Geld in eine Aktie anlegst, gehört dir ja praktisch ein Teil des Unternehmens und damit der entsprechende Anteil an den Gewinnen. Auf die zahlst "du" dann (anteilig) zunächst die Körperschaftssteuer, zahlst dir den Rest als Dividende aus, musst diese dann jedoch nochmal versteuern. Dein Anteil am erwirtschafteten Gewinn ist ja nicht nur das, was hinten als Dividende rauskommt, sondern was bereits im Unternehmen als Gewinn anfällt. So verstehe ich eine Aktienbeteiligung jedenfalls.

 

Ich hab mal nachgeschaut, die Körperschaftssteuer beträgt aktuell 15%. Mit Abgeltungssteuer und Soli kämen so schon ca. 43% Steuern zusammen (mit Gewerbesteuer sogar 50%). In Einkommensteuer umgerechnet liegen wir da bereits deutlich über dem Durchschnittsgehalt. Smiley (zwinkernd)

baha
Mentor ★★★
2.680 Beiträge

inliner schrieb:

Gut gebrüllt LöweFurfur.


Glaube du meintest Fuchur 🙂

Shane 1
Mentor ★★
1.919 Beiträge

@Weinlese

Hi Weinlese, so wie du das betrachtest, hast du recht. Damit bezahle ich als Eigentümer (Aktionär) zuerst die Körperschaftssteuer und werde anschließend noch mal mit der Abgeltungssteuer belegt.

 

Die Kapitalgesellschaft, also AG oder GmbH wird zuerst originär mit 15 % Köst vom Gewinn (Soli lassen wir jetzt weg) besteuert. Beschließt sie anschließend, den restlichen Gewinn an eine andere Kapitalgesellschaft weiterzuleiten, ist dies steuerfrei.

Wird jedoch beschlossen, den restlichen Gewinn auf natürliche Personen auszuschütten unterliegt die Höhe dieser Zuwendung dann mit 60% dem persönlichen Steuersatz, wobei die bereits einbehaltene Köst. aber angerechnet wird.

 

Und jetzt wird es so kompliziert, da ich leider auch nicht weiß, wie das exakt berechnet wird, da es nun wieder etliche Ausnahmen und Sonderregelungen gibt. Selbst ein befreundeter Konzernprüfer konnte mir aus dem Stegreif keine befriedigende Auskunft erteilen. 

 

Eventuell kann hier ein Leser mit fachlicher Kompetenz dazu beitragen, deine interessante Feststellung zu erklären. Ich bin hier leider überfragt. Wäre dies zutreffend, erfolgt ja nach Auszahlung der Dividende noch der Abzug der Abgeltungssteuer und wieweit sich dieses sich dann im Steuerbescheid mit dem Sparerfreibetrag, Kirchensteuer, Soli usw. usw aufrechnet ist mir nicht nachvollziehbar.

 

Dies wird wahrscheinlich auch dem allergrößte Teil der Bevölkerung ein Geheimnis bleiben. Bin gespannt, ob hier jemand dazu Stellung nehmen kann oder wird.

Jedenfalls ein interessanter Gedankengang von dir.

Grüßle - Shane