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Denkfehler der Trader

Shane 1
Mentor ★★
1.908 Beiträge

Denkfehler der Trader

Buy and Hold ist out und nicht mehr zeitgemäß! In der heutigen Zeit der superschnellen Rechner und der sich ständig wechselnden Börsenlage ist Kostolanys Ratschlag überholt und fern jeder Realität. So jedenfalls nachzulesen in diversen Börsenmagazinen und natürlich im Internet.

 

Nachdem am Wochenanfang wieder so ein unbestelltes Börsenbriefchen im Briefkasten lag, bin ich nun ein wenig in mich gegangen um meine innere Mitte zu finden, schließlich will man sich ja nicht jedem Firlefanz verschließen.

 

Aha, eine Aktie steigt oder fällt also schneller im Kurs, wenn Hedgefonds, professionelle Anleger, Versicherungen, Fonds oder Firmenpensionskassen schnelle Rechner haben, wenn eine Aktie an einem Tag einhundert Mal gekauft und verkauft wird oder Frau Merkel vom Wirtschaftsstandort Deutschland und von Digitalisierung säuselt?  Die Werbung suggeriert uns ja auch, wer auf der Höhe der Zeit sein will, muss stets die aktuellsten Nachrichten und Kurse parat haben und fummelt natürlich den ganzen Tag auf seinem Smartphone herum.

 

Zugegeben, die Gegner von Kaufen und Liegenlassen haben auf den ersten Blick die besseren Argumente wie ich als Langfristanleger. Warum soll man mit seinen Aktien jedes Kurstal durchschreiten? Sinnvoll ist es doch, bei den ersten Anzeichen eines Abwärtstrends zu verkaufen und erst dann wieder einzusteigen, wenn sich die Aussichten bessern. Doch so einfach ist es an der Börse nicht.

 

Der größte Fehler, den man an der Börse machen kann, ist zu glauben, man ist gescheiter als die anderen und versteht den Aktienmarkt. Ich verstehe ihn jedenfalls nicht!                                                                                                                       

 

Nehmen wir als Beispiel einen Konzern, welcher seine Quartalszahlen vorgelegt hat. Der Umsatz ist um zehn Prozent gestiegen, der Gewinn um fünf Prozent. Was macht die Aktie? Richtige Antwort: keine Ahnung. Es ist einfach unmöglich, die Kursentwicklung vorherzusagen.                                                                                     Eine Steigerung des Gewinns reicht meist nur dann für einen Kursanstieg der Aktie, wenn sie auch die Erwartungen der Anleger übertrifft. Hatten die aber zuvor mit einem Gewinnanstieg um zehn Prozent gerechnet, sinkt die Aktie wahrscheinlich, weil das Unternehmen nur fünf Prozent geschafft hat.

Sie kann aber trotzdem steigen, weil die Dividendenrendite deshalb nun höher ausfällt als erwartet. Und fallen, weil die Umsatzprognose für das laufende Jahr zu niedrig ausfällt. Trotzdem jedoch steigen, wenn die erwartete Gewinnmarge höher prognostiziert wird als vermutet. Aber natürlich ungeachtet aller Daten fallen, weil der Gesamtmarkt heute einen schwachen Tag oder eine schwache Phase hat.

Am Ende des Tages aber doch steigen, weil Hr. Trumps täglichen Twitterübungen ein positives Echo finden.

 

Ihr seht, unfassbar viele Faktoren haben auf kurze Sicht Einfluss auf die Entwicklung von Unternehmen und ihrer Aktien. Wenn man versucht, schlauer zu sein als die anderen, wagt man sich auf dünnes Eis. Das heißt: Sollte es einem Anleger tatsächlich gelingen, besonders gute Kauf- und Verkaufszeitpunkte zu erwischen, muss ein anderer schlechte erwischen. Wenn wir das Spiel mitmachen wollen, geht es uns nicht mehr in erster Linie um die Beteiligung an einem Unternehmen, sondern es entwickelt sich nur ein Wettkampf unter den anderen Anlegern.

 

Und da müsst ihr beachten, dass ihr euch mit Gegnern anlegt, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als mit den besten Computern und Algorithmen die besten Kaufzeitpunkte auszuloten, Geschäftsberichte bis ins kleinste Detail auszuwerten und versuchen, an Insiderinformationen heranzukommen.

Überlegt euch gut, ob ein Kampf gegen diese Gegner wirklich eine bessere Strategie ist, als sich einfach am langfristigen Geschäftserfolg guter Konzerne zu beteiligen, dabei relativ stressfrei zu leben, oder ob ihr eure soziale Ader öffnet und den geplagten Banken mit euren Gebühren durch die schwere Zeit helfen wollt.

Grüßle - Shane

25 ANTWORTEN

swolpoll
Experte ★★★
727 Beiträge

@Shane 1: Danke, das ist schön mal sowas zu lesen und wunderbar pointiert. Ich muss mich fast täglich zusammenreißen, nicht in "hin und her" zu verfallen, das ja bekanntlich die Taschen leer macht - also zumindest meine - und die des Brokers füllt 🙂

 

Gruß, swolpoll

inliner
Legende
4.665 Beiträge

Sehr schöne Betrachtungsweise, @Shane 1, aber ich kann ganz gut damit leben, dass ich meinem Broker die Taschen fülle. 

inliner
Legende
4.665 Beiträge

Hier noch ein frisches Beispiel für Deine Thesen:

 

Schon am Mittwoch nach Börsenschluss hat der Softwareanbieter Red Hat Geschäftszahlen veröffentlicht, die nicht in allen Punkten überzeugten. Der Gewinn lag über den Erwartungen des Marktes, der Umsatz aber darunter. Die Aktie wird vorbörslich noch nicht gehandelt, verlor aber im nachbörslichen Handel am Mittwoch 4,5 Prozent.

ehemaliger Nutzer
ohne Rang
0 Beiträge

Hi @inliner

woher wissen wir was der Markt erwartet hat? Hat er das gesagt?

In der Praxis ist es doch so dass einige wenige Investmentbanken etwas erwarten. Teilweise erwarten die auch recht unterschiedliche Dinge, wie man an den Kurszielen ja immer sieht. Es fällt mir daher schwer zu glauben, dass der Markt hier überhaupt Konsens hat - geschweige denn eine bewusste Entscheidung getroffen hätte. Wobei die große Mehrheit des Marktes sicher gar keine konkrete Erwartung hatte.

 

Wenn ich einen Index-ETF bespare und dadurch Red-Hat-Anteile halte, dann bin ich zwar Nachfrager aber ich habe null konkretes Interesse an Red-Hat geäußert und ich reagiere auch nicht im Geringsten auf deren Quartalszahlen. Ob der ETF kauft oder verkauft hängt von den Fondsanteilen (Käufe/Verkäufe) und der Indexzusammensetzung (meistens Marktkapitalisierung) ab.

 

Wenn jemand mal diesen viel zitierten Markt trifft, dann kann er sich ja mal hier vorstellen. Ich unterstelle uns allen eine gewisse Verantwortungsflucht, wenn wir unser Handeln darin begründen, dass der Markt (da isser wieder) uns zu etwas zwingen würde. Egal ob Aktienverkäufe, Personalabbau, Restrukturierungen etc. Entweder glaube ich als Entscheider an meine Entscheidungen oder ich entscheide nicht.

 

Die Charttechnik folgt dieser Markt-Argumentation und schreibt dadurch aktiv die Kurse auf die Tafel von denen sie danach wieder sagt, das sie vom Markt kämen. Da gefällt mir der fundamentale Ansatz besser. Zum Finden des bestens Ein- oder Ausstiegsmomentums kann ich dann ja wieder schauen wie sich der Markt aktuell verhält. Aber die strategische Entscheidung (Investment ja/nein) sollte unbedingt fundamental erfolgen. Zumindest im Bereich Investment. Zum Zocken ist nicht wichtig ob das Unternehmen gesund ist.

haxo
Mentor ★★★
3.465 Beiträge

Schöne Zusammenfassung,ich bin auch eher der Marathonläufer als der Sprinter.

 

Was mich allerdings brennend interessiert, und vielleicht ist hier ein VWLer der mir das mit den Worten wie für einen Fünfjährigen erklären kann:

 

Wie ist die Auswirkung des Hin-und-her-Getrade auf den Aktienkurs?

 

Mein Gewinn ist dein Verlust, die ganze Börse ist ein Nullsummenspiel. Wenn nun so ein Daytrader (eine Bezeichnung, genau wie "Vermögensberater, für die man keine Ausbildung braucht, es reicht also ein abgebrochener Hauptschulabschluss, anders als bspw. die Fachverkäuferin an der Käsetheke)  für seine 80 € Gewinn ein Billy-Regal von IKEA kauft, ist das Geld weg aus dem Kreislauf.

Ich würde auch mal behaupten, dass die Mehrzahl der Kurzfristtrader Gewinne einfährt, bzw. zumindest in der Gesamtwichtung.

 

Bedeutet das abgeschöpfte Geld nun, dass der Kurs der Aktie nicht in die Höhe steigt, wie er eigentlich sollte? Bremsen uns die Daytrader aus?

 

Wäre mal interessant zu wissen.

 

🤷

 

hx.

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TeePee
Mentor ★
1.031 Beiträge

@haxo  schrieb:

 

Mein Gewinn ist dein Verlust, die ganze Börse ist ein Nullsummenspiel.


Nein, ist sie nicht. Das wäre ja auch langweilig. Ein interessanter Artikel zu dieser Thematik:

https://www.godmode-trader.de/know-how/ist-die-boerse-ein-nullsummenspiel,6202103

Salli
Experte ★
198 Beiträge
  • In der Vergangenheit (meist 90er Jahre bis Anfang des neuen Jahrtausend) habe ich hin und wieder mal eine größere Aktienposition gekauft, das waren zu 90% etablierte Qualitätsaktien und zu 10% fast absoluter Müll. Die etablierten Qualitätsaktien habe ich fast alle noch. Wenn diese allerdings zu hoch geflogen sind, wie Anfang des Jahres Lufthansa, habe ich auch gerne mal Gewinne realisiert. Unter dem Strich hat sich das Investment für mich  gerechnet.                                                                                                                         1. durch jahrelange Dividendenmitnahmen                                                                2. durch gestiegene Kurse.                                                                                           -Da ist nach so langer Zeit kein Wert mehr im Minus-
  • Den Müll aber (damals z.B. Neuer Markt und auch vermeintliche unterbewertete Aktien) habe ich irgendwann kurz vor deren Eigentod für Bruchteile des Kaufwertes verscherbelt.    Mann (traurig)                                                                                                  Eigentlich sollte ich somit aus der Vergangenheit gelernt haben, aber auch heute kann ich es einfach nicht lassen, hier und da mal gegen jegliche Vernunft den Zock zu wagen obwohl sich für mich bewiesen hat, dass Buy & Hold mit starken etablierten Aktien bzw. mit großen ETF funktioniert. Vernünftiges Buy & Hold mit Qualitätsaktien birgt weniger Risiko als kurzfristiger Aktienhandel, da die Strategie langfristig ausgelegt ist. Kurzfristige, häufige Käufe und Verkäufe sind riskanter, weil hier Kursschwankungen größer und unberechenbarer sind als bei einer Langfristanlage. Ausserdem müsste ich nicht immer den Markt beobachten. Das wäre bequemes  Investieren ohne Stress und mit weniger Zeitaufwand. Die Handelsgebühren wären geringer (kein ständiges Hin und Her, wodurch Transaktionskosten nicht in die Höhe getrieben würden)                                                                                   Aber.......  mir fehlte dann auch was!  Deshalb juckt es mich bei IPO`s, neuer Technologie, Sternelisten & Co. sowas von in den Fingern, dass ich mich nicht zurückhalten kann. Ich habe es nie nachgerechnet, aber ich glaube ich subventioniere mit meinen Qualitätsaktien oft mein "Fingerjucken".  = Quersubvention Mann (zwinkernd)              Viele Grüße   Salli   

haxo
Mentor ★★★
3.465 Beiträge

Ach komm, @TeePee, nun komm nicht mit den ollen Kamellen vom Unternehmensgewinn.

 

Ja, okay, abgesehen von der bombastischen Rendite von 2-4 % ist Börse nun mal das berühmte Nullsummenspiel.

 

Beantwortet aber nicht die Frage, ob Daytrader und Kurzfristspekulanten die Kurse abschöpfen.

 

hx

 

 

><p><em><font face= "comic sans ms,sans-serif" size= "5">Signatur</font ></em> </p>

Shane 1
Mentor ★★
1.908 Beiträge

Zuerst darf ich allen Leser mitteilen, dass ich mich sehr über die Likes hier freue, vor allem über eure eigenen Meinungen dazu.

Zu allen Äußerungen ausführlich Stellung zu nehmen, wird zu zeitaufwendig, aber einige kurze Anmerkungen möchte ich doch erwähnen.

@inliner 

Meine Motivation hier ist ein ähnlicher Vorgang;  Gen. Mills hat vorgestern seine Quartalszahlen vorgelegt und anstatt den geschätzten 4,12 Mrd. Dollar nur 4,09 Milliarden verdient und die Aktie schmiert 8 Prozent ab (zur Einfachheit habe ich gerade Zahlen im Beispiel verwendet), das sind eben die unlogischen Verhaltensweisen, welche ich nicht nachvolltziehen kann.

@nmh

lieber Börsenfreund, ich oute mich, ich habe Gen. Mills nachgekauft. Du hast uns zwar hier ausdrücklich verboten, Tiefflieger einzusammeln, aber ich sehe das als relativ risikoarme Nachkaufgelegenheit. (bitte nicht mit mir schimpfen) !!

@haxo

hatte gerade überlegt, typisch, wieder einer, welcher alles so genau wissen will (lach), da sehe ich dass @TeePee bereits einen hervorragenden Artikel eingestellt hat. Deine Frage an die Volkswirtschaftler dürfte erledigt sein. Das gibt mir genügend Zeit, mich bei den aktiven Lesern für die Antworten mit dem Daumen zu bedanken.

@ehemaliger Nutzer

hallo, da hast du wirklich eine aufwendige Meinung geschrieben, welche ich mir sicher noch einmal durchlesen werde.  

 

Jetzt erscheint schon wieder meine bessere Hälfte (Ephraim Kishon nennt dieses Wesen "beste Ehefrau von allen" und beansprucht den PC für ihre täglichen Solitärübungen. wer verheiratet ist, weiß, dass man als kluger Mann sich solchen Anforderungen nicht widersetzten sollte.

Wir haben nämlich eine klare Regelung getroffen, ich entscheide stets die wichtigen Dinge, sie die unwichtigen Dinge.

Jetzt fällt mir aber ein, in den letzten 35 Jahren hatten wir eigentlich noch nie eine wichtige Entscheidung zu fällen. Das muss ich mal in Ruhe überdenken !!!

 

Noch ganz kurz, da ja nächste Woche die Commerzbank in den M-DAX absteigt und durch die Fusionsgerüchte mit der Deutschen beide Werte heute stark zugelegt haben.... natürlich ist es für den Kursanstieg einer Aktie auch ebenfalls völlig unerheblich, ob sie absteigt, oder in den DAX aufsteigt, ob im Dow oder im S&P 500 gelistet (Ausnahme Index-Papiere), solche Zugehörigkeiten ändern überhaupt nichts an der Qualität eines Konzerns, egal, wieviel Fantasie in solche Fusionen hineininterpretiert wird!

 

Grüßle - Shane